14Os70/24m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Oktober 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Farkas in Gegenwart des Schriftführers Dr. Jetzinger im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * L* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Genannten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. Mai 2024, GZ 24 Hv 27/24p 69, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Graz zu.
Dem Betroffenen fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * L* jeweils eines Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, § 84 Abs 5 Z 1 StGB (I./) und der schweren Nötigung nach § 105 Abs 1, § 106 Abs 1 Z 1 StGB (II./) schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet.
[2] Danach hat er am 14. Jänner 2023 in G* * Z*
I./ auf eine Weise, mit der Lebensgefahr verbunden war, vorsätzlich am Körper verletzt und an der Gesundheit geschädigt, indem er ihr, nachdem sie einen „Versöhnungskuss“ abgelehnt hatte, einen Schlag auf den Hinterkopf versetzte, kurz von ihr abließ, sich dann auf ihren Bauch setzte und ihren Körper mit seinen Knien und seinem Körpergewicht fixierte und mit seiner linken Hand mit voller Kraft gegen ihren Kehlkopf drückte, wobei er den Druck mit seinem Körpergewicht noch zu verstärken versuchte, sodass die Genannte nach Atemluft hecheln und um ihr Leben fürchten musste, wobei die Tat Schluckbeschwerden sowie Rötungen im gesamten Hals- und Oberkörperbereich sowie über die körperliche Einwirkung hinausgehende Schmerzen zur Folge hatte;
II./ im Anschluss an die zu I./ genannte Tat und nach ihrer Ankündigung, dass sie die Kriminalpolizei verständigen werde, durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Abstandnahme von der Verständigung derselben genötigt, nämlich durch die Äußerung „Mach das und ich bringe dich um. Wenn ich schon im Häfn bin, dann lasse ich dich umbringen.“
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung (ON 68, 13) seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags (ON 68, 13) auf Beiziehung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen zur „Befundung und Begutachung“ des in ON 18.4 enthaltenen Lichtbildes des Opfers in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt. Der Antrag wurde unter Hinweis auf „die Angaben des Zeugen F*“ in der Hauptverhandlung (soweit von der Beschwerde thematisiert) zum Beweis gestellt, „dass die Würge bzw vermeintlichen Würgehandlungen eine weitaus geringere Intensität hatten, als vom Opfer Z* im Zuge der kontradiktorischen Einvernahme angegeben“ wurde.
[5] Der Zeuge * F* gab in seiner Vernehmung an, dass er am Opfer keine Verletzungen, sondern „nur später“ das Foto ON 18.4 gesehen habe, wobei das Opfer „sowieso ein bisschen eine rötere Haut“ habe und er „sagen würde“, „dass sowohl die Rötung im Gesicht als auch im Brustbereich, aber auch großteils am Hals normal“ bei diesem sei (ON 68, 6; vgl aber zu subjektiven Eindrücken von Zeugen, die kein Gegenstand des Zeugenbeweises sind, RIS Justiz RS0097545).
[6] Damit zielte der Antrag auf eine – im Hauptverfahren unzulässige – Erkundungsbeweisführung ab, war er doch lediglich auf eine Abklärung gerichtet, ob von bestimmten Beweisen eine weitere Aufklärung zu erwarten sei (RIS Justiz RS0118123).
[7] Indem die Mängelrüge (Z 5) behauptet, eine „Zusammenschau“ des Lichtbildes ON 18.4 und der Angaben des Zeugen F* sowie des Beschwerdeführers würden zum Ergebnis führen, dass die vom Opfer angegebenen Körperverletzungen zu keinem Zeitpunkt stattgefunden haben, spricht sie keinen Begründungsmangel iSd Z 5 an, sondern übt Beweiswürdigungskritik nach Art einer – im kollegial-gerichtlichen Verfahren aber nicht vorgesehenen (vgl § 283 Abs 1 StPO) – Schuldberufung.
[8] Soweit sie eine „weitere Auseinandersetzung“ des Erstgerichts mit den zuvor genannten, aus Sicht des Beschwerdeführers widersprüchlichen Beweisergebnissen und der – nicht näher konkretisierte – „Widersprüchlichkeiten“ enthaltenden Aussage des Opfers vermisst, wird eine offenbar unzureichende, also den Kriterien der Logik oder Empirie widersprechende Begründung (RIS Justiz RS0118317) nicht zur Darstellung gebracht (vgl im Übrigen zur Würdigung der genannten Beweisergebnisse US 7).
[9] Sollte die Behauptung, es sei eine „Aufklärung dieser widersprüchlichen Beweisergebnisse“ unterblieben, als Kritik am Fehlen weiterer amtswegiger Beweisaufnahmen zu verstehen sein (Z 5a), lässt die Beschwerde die Subsidiarität der Aufklärungsrüge gegenüber der Verfahrensrüge außer Acht und legt nicht dar, wodurch der Angeklagte an seinem diesbezüglichen Antragsrecht oder Fragerecht in der Hauptverhandlung gehindert gewesen wäre (RIS Justiz RS0114036, RS0115823).
[10] Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird ein aus Z 5 oder Z 5a beachtlicher Mangel nicht behauptet (RIS Justiz RS0102162, RS0098336).
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.