5Ob152/24z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Mag. Painsi als Vorsitzenden sowie den Hofrat Mag. Wurzer, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und die Hofräte Dr. Steger und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. *, 2. E*, 3. K*, alle vertreten durch Mag. Patrick Maydell, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. U*, vertreten durch Mag. Erich Allinger und andere Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen Zivilteilung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Juli 2024, GZ 11 R 102/24m 20, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Streitteile wurden im Erbweg Miteigentümer einer Liegenschaft, die Erstklägerin zur Hälfte, die Zweitklägerin, der Drittkläger und die Beklagte je zu einem Sechstel. Sie schlossen am 20. Dezember 2006 einen Auseinandersetzungsvertrag, wonach die Liegenschaft zur Hälfte der Erstklägerin und je zu einem Viertel der Zweitklägerin und der Beklagten zufallen sollte. Die Parteien verpflichteten sich darin, diese Zuteilung durch eine zeitnah bei einem Notar in Österreich zu beurkundende Vereinbarung form und rechtswirksam zu vollziehen, wobei jedem Miteigentümer ein dingliches Vorkaufsrecht in Bezug auf die übrigen Miteigentumsanteile eingeräumt werden sollte. Die einvernehmliche Umsetzung dieser Vereinbarung gelang bis 14. 3. 2011 nicht, seither fanden keine weiteren außergerichtlichen Einigungsversuche statt.
[2] Das Erstgericht gab dem Begehren auf Zivilteilung der Liegenschaft statt.
[3] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[5] 1. Dass die Vorinstanzen die Klagelegitimation des Drittklägers bejahten, ist nicht korrekturbedürftig . Er ist nach wie vor grundbücherlicher Miteigentümer und als solchem steht ihm gemäß § 830 Satz 2 ABGB grundsätzlich der unbedingte schuldrechtliche (Teilungs )Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft zu (vgl RS0013249). Die bloße Veräußerung des Miteigentumsanteils würde nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nichts daran ändern, dass die Teilungsklage noch von oder gegen den aktuellen (grundbücherlichen) Miteigent ümer erhoben werden kann (vgl RS0000318 [T3]), verschafft doch die bloße Veräußerung des Miteigentumsanteils nicht etwa „außerbücherliches Eigentum“, sondern nur einen (obligatorischen) Anspruch auf Übertragung des Miteigentumsrechts. Der bücherliche Miteigentümer bleibt demgemäß auch dann aktivlegitimiert, wenn er bereits vor Prozessbeginn außerbücherlich veräußert hat (2 Ob 457/87 = RS00 13248 [T5]; vgl auch Tanczos / Eliskases in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 830 Rz 32; H. Böhm / Pletzer in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.02 § 830 Rz 46 f).
[6] 2.1. Die Beklagte stützt sich formell zwar auf das Teilungshindernis der Unzeit, begründet dies aber damit, das Vorkaufsrecht sei im Auseinandersetzungsvertrag vereinbart, aber noch nicht im Grundbuch eingetragen worden. Wäre es eingetragen, könnte sie dieses im Fall einer Versteigerung ausüben. Die Umsetzung des Auseinandersetzungsvertrags sei abzuwarten. Dabei übersieht sie, dass Unzeit nur ein objektiver, außerhalb der Beteiligten bestehender für alle in gleicher Weise wirkender Umstand sein kann, der die Teilung zwar nicht verhindert, aber zum gegebenen Zeitpunkt unzweckmäßig und für alle Teile schädigend macht (RS0013287). Die Beklagte spricht damit in der Sache das Teilungshindernis des Nachteils der Übrigen an, kraft dessen auch subjektiv zumindest einen Teil betreffende Umstände berücksichtigt werden können. Solch ein individueller Nachteil steht dem Teilungsbegehren dann entgegen, wenn eine umfassende Interessensabwägung die Position des benachteiligten Miteigentümers höher bewertet als die Position des Teilungswilligen (RS0013324). Voraussetzung ist – wie beim Teilungshindernis der Unzeit – aber, dass es sich um bloß vorübergehende Umstände handelt, die in Bälde wegfallen werden oder beseitigt werden können (RS0013287; RS0013329). Es kommt nur ein zumutbarer Aufschub der Teilung in Betracht, nicht aber ein Ausschluss oder eine Aufschiebung auf Dauer (RS0013336 [T9]). Die völlig ungewisse Aussicht des Wegfalls eines Teilungshindernisses reicht nicht (vgl RS0013287 [T6]).
[7] 2.2. Die Auffassung der Vorinstanzen, das vereinbarte Vorkaufsrecht begründe das Teilungshindernis der Unzeit nicht, weil die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts unter den Teilhabern einer Eigentumsgemeinschaft ohnedies im Zweifel nicht dahin zu verstehen sei, dass dadurch der Anspruch eines Teils auf Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen werden soll, entspricht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und ist daher nicht korrekturbedürftig (RS0015656). In Bezug auf die Argumentation zur Ausnützbarkeit im Fall der Versteigerung ist selbst nach dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls nicht mit einem baldigen Wegfall des aktuellen Zustands – dem Fehlen der erforderlichen Umsetzung des Auseinandersetzungsvertrags insbesondere durch Einverleibung eines Vorkaufsrechts – zu rechnen. Mag auch diese Vereinbarung rechtlich verbindlich sein, fehlt es bisher doch an deren Umsetzung in grundbuchsfähiger Form in Österreich, was die Beklagte damit begründete, dass sie von einem österreichischen Notar entworfene Abtretungsvereinbarungen mangels Festlegung des Vorkaufsrechts nicht unterschrieben habe. Nach der Auseinandersetzungsvereinbarung selbst sollte diese aber spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2006 umgesetzt werden, einvernehmlich gelang dies bis 14. März 2011 nicht und seither gab es keine weiteren Einigungsversuche. Dass die Beklagte rechtliche Schritte zur Umsetzung der Auseinandersetzungsvereinbarung eingeleitet hätte, behauptet sie nicht. Ihr mag daher allenfalls nach wie vor ein schuldrechtlicher Anspruch auf Abtretung von Miteigentumsanteilen und Einräumung von Vorkaufsrechten entsprechend der Auseinandersetzungsvereinbarung zukommen; um ein Teilungshindernis handelt es sich bei diesem Zustand von unabsehbar langer Dauer hingegen nicht.
[8] 2.3. Da sich diese rechtliche Beurteilung schon aus dem Einwendungsvorbringen der Beklagten ergab, bedurfte es der Aufnahme von Personalbeweisen tatsächlich nicht. Die in diesem Zusammenhang erhobene Mängelrüge (betreffend das Verfahren vor dem Berufungsgericht) ist daher nicht berechtigt, was keiner weiteren Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).
[9] 3.1. Grundsätzlich zutreffend ist, dass die Miteigentümer auf ihren Teilungsanspruch verzichten können; ob Vertragsparteien auf ein bestimmtes Recht verzichtet haben, hängt naturgemäß aber von den Umständen des Einzelfalls ab und vermag daher im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage aufzuwerfen (vgl RS0014420 [T4]). Eine auch im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zeigt die Revisionswerberin nicht auf.
[10] 3.2. Weshalb es eine grobe Fehlbeurteilung sein sollte, den Abschluss des Auseinandersetzungsvertrags für sich allein nicht als stillschweigenden Verzicht auf den Teilungsanspruch zu werten, stellt die Revisionswerberin nicht nachvollziehbar dar. Der Hinweis, die Erben hätten sich auf Miteigentumsverhältnisse geeinigt, was „selbstverständlich“ auch die Vereinbarung zur Fortsetzung dieser Eigentümergemeinschaft indiziere, ansonsten wäre dies jedenfalls anders geregelt worden, reicht dafür nicht aus. Schon das Erstgericht verwies darauf, dass zu einem Willen der Vertragsparteien, die Liegenschaft „im Familienbesitz zu halten“ und auch zu einer besonderen Nahebeziehung der Streitteile oder des Verstorbenen gerade zu dieser Liegenschaft jegliches konkretes Vorbringen der insoweit beweisbelasteten Beklagten fehlte. Dies zieht die Revision gar nicht in Zweifel.
[11] 4. Auch die übrigen behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[12] 5. Damit war die Revision zurückzuweisen, einer weiteren Begründung bedarf dies nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).