11Os59/24x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. September 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Faulhammer LL.M. (WU) als Schriftführer in der Strafsache gegen * L* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG, § 12 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * L*, K* W* und * B* gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 2. Februar 2024, GZ 43 Hv 74/23t-211.2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten L*, W* und B* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen, im zweiten Rechtsgang ergangenen Urteil ( zum ersten: 11 Os 95/23i [ ON 195.3]) wurden
[2] * L* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG, teils auch § 12 dritter Fall StGB (I/A/[1/]) und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall und Abs 2 SMG (II/),
[3] K* W* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG, § 12 dritter Fall StGB (I/A/[2/]) und
[4] * B* des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 StGB (III/) schuldig erkannt.
[5] Danach haben
I/A/ * L* und K* W* in W*, H* und anderen nicht mehr feststellbaren Orten im Bundesgebiet von zumindest Mai 2022 bis 30. September 2022 als Mitglied einer kriminiellen Vereinigung bestehend aus ihnen, J* W*, * K*, * L* und einem unbekannten Täter alias „Montenegriner“ vorschriftswidrig in Bezug auf Suchtgift, nämlich insgesamt zumindest 10 Kilogramm Heroin enthaltend zumindest 13,25 % Diacetylmorphin, zumindest 2,5 Kilogramm Kokain enthaltend zumindest 75,14 % Cocain, 3 Kilogramm Cannabisharz enthaltend zumindest 2,45 % Delta 9 THC und 32,16 % THCA und 50 Gramm Crystal Meth enthaltend zumindest 77,24 % Metamphetamin, in einer das 25 Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge,
1/ * L* die von J* W* organisierten Suchtmittel an mehrere Abnehmer, zumindest an * I*, gewinnbringend überlassen oder zur Überlassung durch gewinnbringenden Verkauf an teilweise nicht mehr auszuforschende Abnehmer durch andere Mitglieder der kriminellen Vereinigung wie insbesondere * K* beigetragen, indem er den aus Suchtmittelverkäufen des * K* resultierenden Erlös zur Weitergabe an Suchtgiftlieferanten wiederholt an K* W* übergab, nachdem er dies J* W* schon im Vorfeld der Suchtmittelübergaben zugesichert hatte;
2/ K* W* zur Überlassung durch gewinnbringenden Verkauf an teilweise nicht mehr auszuforschende Abnehmer durch andere Mitglieder der kriminellen Vereinigung, wie insbesondere * K* beigetragen, indem sie das aus den Suchtmittelverkäufen erlöste Geld von * L* übernahm und an nicht mehr festzustellende Kontaktpersonen des J* W* für überlassenes Suchtgift übergab, nachdem sie dies J* W* schon im Vorfeld der Suchtmittelübergaben zugesichert hatte.
II/ * L* alleine in einem nicht mehr festzustellenden Zeitraum bis September 2022 in W* und an anderen Orten im Bundesgebiet vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich 300 Gramm zumindest 13,25 % Diacetylmorphin enthaltendes Heroin und Cannabiskraut besessen, wobei er die Straftat nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall SMG ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging;
III/ * B* zumindest im Zeitraum von Mai bis 30. September 2022 in W* Vermögensbestandteile an sich gebracht, wobei sie im Zeitpunkt des Erlangens wusste, dass diese aus einer kriminellen Tätigkeit eines anderen herrühren, indem sie Bargeldbeträge in nicht mehr festzustellender, im Zweifel 50.000 Euro nicht übersteigender Höhe, die ihr von K* W* übergeben worden waren, an sich nahm, die aus den zu I/ beschriebenen Handlungen des J* W*, * K* und anderer, die als Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a SMG mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, herrührten.
Rechtliche Beurteilung
[6] Dagegen richten sich die von den Angeklagten * L*, K* W* und * B* gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, welche sie auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO stützen.
[7] Bleibt vorweg festzuhalten, dass mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO nur formelle Begründungsmängel hinsichtlich entscheidender Tatsachen geltend gemacht werden können. Tatsachen sind in diesem Sinn entscheidend, wenn die Feststellung ihres Vorliegens oder Nichtvorliegens entweder die rechtliche Entscheidung über Schuld- oder Freispruch oder – im Fall gerichtlicher Strafbarkeit – darüber beeinflusst, welche strafbaren Handlungen begründet werden (RIS Justiz RS0117264).
[8] Die Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter; der Sache nach Z 5 vierter Fall) moniert, das Erstgericht habe „ohne jegliche Begründung und Beweise“ festgestellt, dass die Angeklagte B* einen nicht mehr feststellbaren, 50.000 Euro jedoch nicht übersteigenden Bargeldbetrag (darunter einmal zumindest 800 Euro) übernahm (US 12).
[9] Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (RIS Justiz RS0099413) ist die Ableitung der Feststellungen zur mehrfachen Übernahme von in der (Gesamt-)Höhe nicht mehr feststellbaren (US 25) Geldbeträgen, davon zumindest einmal 800 Euro, aus einer Zusammenschau von Chatverkehr und Sprachnachrichten (US 21 ff, ua zu einer Chatnachricht vom 10. Juni 2022) nicht zu beanstanden. Um wie viel der zu III/ erlangte Betrag jenen von 800 Euro übersteigt, ist für einen Schuldspruch nach § 165 Abs 2 StGB unerheblich. Soweit sich die Beschwerde gegen die Feststellung wendet, der zu III/ inkriminierte Gesamtbetrag habe (im Zweifel; vgl US 3) 50.000 Euro nicht überstiegen (vgl dazu die Wertgrenze in § 165 Abs 4 StGB), betrifft sie im Bereich bis zu 50.000 Euro somit fallkonkret von vornherein keine entscheidende Tatsache (RIS-Justiz RS0117499 [T5], RS0099497 [T16]).
[10] Der von den Beschwerdeführern geortete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zu den bei der Streckung von Heroin handelnden Personen (US 7 dritter Absatz) betrifft – schon mit Blick auf die zu I/A/ konstatierten (von den Beschwerdeführern im Übrigen auch nicht in Frage gestellten) Beitragshandlungen der Angeklagten L* und K* W* (nämlich die dem J* W* vorab gegebene Zusicherung der Weiterleitung von Erlösen aus dessen Suchtgiftgeschäften) und die zu I/A/ inkriminierten Mengen an Kokain, Cannabisharz und Crystal Meth (US 2, 7, 10, 26) – gleichfalls keine für den Schuldspruch zu I/A/1/, I/A/2/ oder für den zu III/ auf I/A/ Bezug nehmenden Schuldspruch oder die Subsumtion entscheidende Tatsache, sodass diese Einwände dahinstehen können.
[11] Im Übrigen ist aus dem Gesamtzusammenhang und der Zusammenschau mit dem vorangehenden und folgenden Urteilsinhalt für den Obersten Gerichtshof zweifelsfrei erkennbar, dass sich die kritisierten Urteilspassagen infolge der wörtlichen Übernahme aus dem im ersten Rechtsgang ergangenen Urteil (vgl ON 160.3 S 1, 7, 9) auf (den im ersten Rechtsgang als „Drittangeklagten“ geführten) * K* und (den im ersten Rechtsgang als „Erstangeklagten“ geführten) J* W* und nicht auf die Beschwerdeführer L* und B* (erst im zweiten Rechtsgang und im nunmehr angefochtenen Urteil in sonstigen Urteilspassagen als „Erstangeklagter“ und „Drittangeklagte“ bezeichnet) beziehen.
[12] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
[13] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.