JudikaturOGH

9ObA58/24f – OGH Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
19. September 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer, den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Ingomar Stupar (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F*, vertreten durch Ganzert Partner Rechtsanwälte OG in Wels, gegen die beklagte Partei Land Oberösterreich, Landhausplatz 1, 4021 Linz, vertreten durch Jaeger Partner Rechtsanwälte OG in Linz, wegen 2.000 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2024, GZ 11 Ra 17/24k 16, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Arbeits und Sozialgericht vom 25. Jänner 2024, GZ 16 Cga 65/23v 12, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 502,70 EUR (darin 83,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger ist seit 15. 12. 1995 beim beklagten Land als Lehrpfleger in der Gesundheits- und Krankenpflegeschule * beschäftigt. Nach dem Genehmigungsbescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung aus dem Jahr 1970 war die allgemeine Krankenpflegeschule dem (damaligen) Allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus * angeschlossen. Die Schule ist nunmehr dem * (in der Folge: Krankenanstalt) angegliedert. Rechtsträger der Gesundheits- und Krankenpflegeschule und der Krankenanstalt ist die O* GmbH, die auch die Dienstgeberfunktion des Klägers wahrnimmt.

[2] Der Kläger verfügt über ein Diplom für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege. Seine Lehrtätigkeit verrichtet er überwiegend in der Gesundheits- und Krankenpflegeschule. Nur der praktische Unterricht (10 bis 15 % des Gesamtunterrichts) erfolgt am Bett des Patienten in der Krankenanstalt.

[3] Die Beklagte verweigert dem Kläger die Auszahlung des Zweckzuschusses nach § 70 Abs 4 Oö. Gehaltsgesetz 2001 iVm dem Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz (EEZG).

[4] Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung dieses Zuschusses in Höhe von 2.000 EUR brutto für das Jahr 2022. Als Angehöriger des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege nach dem GuKG sei er anspruchsberechtigt. Die Gesundheits- und Krankenpflegeschule sei Teil der Krankenanstalt. Die Nichtauszahlung des Pflegebonus sei zudem gleichheitswidrig, weil anderen Personen in der selben Situation wie er in anderen Bundesländern der Pflegebonus ausbezahlt worden sei.

[5] Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei nicht anspruchsberechtigt, weil er nicht als Pflege- und Betreuungsperson in einer Krankenanstalt, sondern als Lehrender in einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule tätig sei.

[6] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Kläger sei als Lehrpfleger Angehöriger des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, der zur Ausübung von Lehraufgaben berechtigt sei. Die Gesundheits- und Krankenpflegeschule sei zwar keine Krankenanstalt im Sinne des § 2 KAKuG, aber dennoch sei der Kläger „bei“ (hier: „neben“ im Sinne der örtlichen Gegebenheiten) einer Krankenanstalt im Sinne des § 3 Abs 2 EEZG unselbständig tätig. Die Gesundheits- und Krankenpflegeschule sei zudem auch Teil der Krankenanstalt, weil sie nach dem Genehmigungsbescheid dieser angeschlossen sei.

[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Der Kläger gehöre zwar der in § 3 Abs 1 Z 1 EEZG genannten Berufsgruppe des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege gemäß dem GuKG an, er sei aber nicht als Pflege- und Betreuungsperson, sondern als Lehrpfleger tätig. Mit dem Zweckzuschuss habe der Bundes- und ihm folgend der oö Landesgesetzgeber das Ziel verfolgt, eine bessere, einheitliche Bezahlung des Personals im Pflege- und Betreuungsbereich bundesweit sicherzustellen. Der Kläger sei zudem als Lehrpfleger im ganz überwiegenden Ausmaß nicht in der Krankenanstalt, sondern an der gemäß § 95 GuKG daran angeschlossenen Gesundheits- und Krankenpflegeschule *, und damit nicht in einer in § 3 Abs 2 EEZG angeführten Einrichtung tätig. Die behauptete Gleichheitswidrigkeit liege schon deshalb nicht vor, weil hier ein zweckgebundener Zuschuss im Sinne der §§ 12 f Finanz-Verfassungsgesetz 1948 zu beurteilen sei, der bundesgesetzlich festzusetzen sei. Wenn sich einzelne Bundesländer nicht an diese bundesgesetzlichen Vorgaben hielten, dann sei das ein Umsetzungsproblem, das dem – gesetzeskonform handelnden – beklagten Land nicht zum Nachteil gereichen könne.

[8] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil der Oberste Gerichtshof zum Zweckzuschuss nach dem EEZG noch nicht Stellung genommen habe.

[9] In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsstattgabe; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[10] Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revision ist nicht zulässig, weil das Gesetz eine klare, eindeutige Regelung trifft (vgl RS0042656).

[12] 1. Im Zuge der Pflegereform 2022 sollten in einem ersten Schritt als Akutmaßnahme die Einkommen für die unselbständig Beschäftigten in der Pflege erhöht werden (vgl Rudda , Pflegereform 2022, ÖZPR 2022/44, 76 [77]). Die Grundlage dafür wurde mit dem Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz – EEZG (BGBl I 104/2022) geschaffen, mit dem der Bund den Ländern zur Erhöhung des Entgelts von Pflege- und Betreuungspersonal nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz – GuKG Zweckzuschüsse in unterschiedlicher Höhe für die Jahre 2022 und 2023 zur Verfügung stellte (§§ 1, 2 EEZG). Nach den Materialien (2656/A XXVII. GP, 3) sollte den Ländern damit die Möglichkeit geboten werden, eine bessere Bezahlung zu gewährleisten, um mehr Menschen für Pflegeberufe zu gewinnen. Die demografische Entwicklung zeige ein Ansteigen der älteren Bevölkerung, mit der erhöhte Pflege- und Betreuungsbedarfe und damit vermehrt Bedarfe an formellen Pflegeleistungen einhergehen.

[13] § 3 EEZG regelt die Mittelverwendung und Widmung der Zweckzuschüsse und lautete in der hier anzuwendenden Stammfassung (vgl § 9 Abs 2 EEZG) auszugsweise:

„(1) Die Zweckzuschüsse gemäß § 2 sind für Entgelterhöhungen zu verwenden, die dem Pflege- und Betreuungspersonal der folgenden Berufsgruppen gebühren:

1. Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege gemäß GuKG,

2. Angehörige der Pflegefachassistenz gemäß GuKG,

3. Angehörige der Pflegeassistenz gemäß GuKG,

4. Angehörige der Sozialbetreuungsberufe nach der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG.

(2) Das Pflege- und Betreuungspersonal gemäß Abs. 1 muss

1. bei Krankenanstalten gemäß § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten, BGBl. Nr. 1/1957,

2. bei teilstationären und stationären Einrichtungen der Langzeitpflege nach landesgesetzlichen Regelungen,

3. bei mobilen Betreuungs- und Pflegediensten nach landesgesetzlichen Regelungen,

4. bei mobilen, teilstationären und stationären Einrichtungen der Behindertenarbeit nach landesgesetzlichen Regelungen, oder

5. in Kureinrichtungen nach landesgesetzlichen Regelungen

beschäftigt sein.

(3) ...“

[14] 2. Die bundesgesetzliche Verpflichtung des § 2 Abs 4 EEZG, entsprechende entgeltrechtliche Vorschriften vorzulegen, die die Dienstgeber zur Zahlung der vereinbarten Entgelterhöhung verpflichten, die jedem Dienstnehmer gemäß § 3 Abs 1 EEZG gebührt, hat der oö Landesgesetzgeber mit Anfügung des Abs 4 in § 70 Oö. Gehaltsgesetz 2001, mit LGBl 113/2022 umgesetzt (vgl auch 355 der Beilagen zum Oö. Landtag 29. GP, 5). Letztlich wurde in Oberösterreich für jeden im EEZG vorgesehenen (vollzeitbeschäftigten) Bediensteten des Pflege- und Betreuungspersonals im Gesundheits- und Sozialbereich für das Jahr 2022 eine Entgelterhöhung von (unstrittig) 2.000 EUR brutto als einmalige Zahlung vorgesehen.

[15] 3. Besonders im Hinblick darauf, dass das EEZG das Ziel verfolgte, durch eine bessere Entlohnung mehr Menschen für Pflegeberufe zu gewinnen, teilt der Senat die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass der Kläger als Angehöriger des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege gemäß GuKG zwar der in § 3 Abs 1 Z 1 EEZG aufgelisteten Berufsgruppe zugehörig ist, aber in seiner konkret ausgeübten Tätigkeit als Lehrpfleger nicht unter den Begriff „Pflege- und Betreuungspersonal“ im Sinne des § 3 Abs 1 und 2 EEZG subsumiert werden kann. Als Lehrpfleger leistet der Kläger keine Pflege und Betreuung an einer – in einer in § 3 Abs 2 EEZG aufgezählten Einrichtung aufhältigen – pflegebedürftigen Person, auch wenn er zu einem geringen Teil seiner Tätigkeit den praktischen Unterricht am Bett des Patienten in einer Krankenanstalt erteilt.

[16] 4. Gegenteilige Argumente werden auch in der Revision nicht vorgetragen. Insbesondere greift die Revision die tragende Begründung des Berufungsgerichts, der Kläger gehöre nicht dem „Pflege- und Betreuungspersonal“ im Sinne des § 3 Abs 1 und 2 EEZG an, nicht an (vgl RS0043603 [T16]). Alleine die Zugehörigkeit zu der in § 3 Abs 1 Z 1 EEZG genannten Berufsgruppe macht den Kläger noch nicht zur anspruchsberechtigten Person auf den dem Pflege- und Betreuungspersonal gewidmeten Zweckzuschuss. Die weitere Frage, ob der Kläger „bei“ einer in § 3 Abs 2 EEZG aufgezählten Einrichtung beschäftigt ist, bedarf daher keiner näheren Erörterung.

[17] 5. Zutreffend hat das Berufungsgericht die vom Kläger behaupte Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes verneint. Anspruchsgrundlage des vom Kläger begehrten Zweckzuschusses ist das Oö. Gehaltsgesetz 2001. Dass andere Lehrpfleger, die diesem Landesgesetz unterfallen, den Zweckzuschuss für das Jahr 2022 bekommen hätten, behauptet der Kläger nicht. Mit Lehrpflegern, die anderen Landesgesetzen unterliegen, kann sich der Kläger nicht vergleichen.

[18] Da die Revision des Klägers damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufweist, ist sie zurückzuweisen.

[19] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen (RS0035979 [T16]).

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