JudikaturOGH

12Os74/24k – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
05. September 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Wachter in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung sowie im Verfahren zur straf rechtlichen Unterbringung des Genannten in einem forensisch therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des B* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. Mai 2024, GZ 56 Hv 36/23g 176.2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

* B* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit Urteil vom 23. Mai 2023 (ON 122.2) wurde * B* im ersten Rechtsgang der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (1.A.) und der Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (1.B. und 2.) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem ordnete das Erstgericht wegen der zu 1.A. angeführten Tat die Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB an.

[2] Nach Aufhebung des Schuldspruchs zu 2. und demgemäß des Strafausspruchs sowie der Anordnung der strafrechtlichen Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB durch den Obersten Gerichtshof (12 Os 80/23s) zog die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift zu 2. des Schuldspruchs zurück (US 3 f; ON 1.104).

[3] Mit dem nunmehr im dritten Rechtsgang (vgl zum zweiten Rechtsgang 12 Os 8/24d) ergangenen Urteil wurde * B* neuerlich zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt und zugleich seine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des B*, der keine Berechtigung zukommt.

[5] Die Sanktionsrüge („Z 11 iVm Z 5“) bekämpft (ausschließlich) die vom Schöffengericht angestellte Gefährlichkeitsprognose.

[6] Allfällige Fehler der Prognoseentscheidung ressortieren im System der Nichtigkeitsgründe in den Regelungsbereich des zweiten Falls des § 281 Abs 1 Z 11 StPO. Konkret liegt Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall dann vor, wenn diese Entscheidung zumindest eine der in § 21 Abs 1 StGB genannten Erkenntnisquellen (Person und Zustand des Rechtsbrechers sowie Art der Tat) vernachlässigt oder die aus diesen Erkenntnisquellen gebildete Feststellungsgrundlage die Prognoseentscheidung als willkürlich erscheinen lässt (RIS Justiz RS0113980, RS0118581; Ratz , WK StPO § 281 Rz 715 ff).

[7] Eine Bekämpfung aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO steht in Verbindung mit dem ersten, nicht jedoch mit dem zweiten Fall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO offen (vgl erneut RIS Justiz RS0118581; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 669).

[8] Die aus dem Blickwinkel der Mängelrüge erhobene Kritik, für die Feststellung der Prognosetaten (US 6: „qualifizierte Todesdrohungen und [absichtliche] schwere Körperverletzungsdelikte“) nenne das angefochtene Urteil „keine adäquate Begründung“, geht somit schon im Ansatz fehl. Sie bildet – der Sache nach – ein Berufungsvorbringen.

[9] Gleiches gilt für den aus Z 11 zweiter Fall erhobenen Einwand, das Schöffengericht sei auf den Zustand des B* nicht „adäquat“ eingegangen (zur Auseinandersetzung damit siehe insbes US 7 f) und es sei entgegen den anderslautenden (der Beschwerde zuwider nicht bloß auf die Wiedergabe der verba legalia beschränkten ) Urteilskonstatierungen ein die Gefährlichkeit beseitigender Behandlungserfolg eingetreten (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 723).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise