12Os71/24v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Wachter in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Geschworenengericht vom 19. April 2024, GZ 37 Hv 19/24k 89, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurde * G* mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (4./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 17. Oktober 2023 in R* * K* dadurch, dass er ihr mit einem Messer in einer zielgerichteten, schwungvollen Bewegung eine etwa neun Zentimeter lange, breit klaffende, bis in das Unterhautfettgewebe reichende und operativ zu versorgende Schnittwunde im Halsbereich zugefügt hat, zu töten versucht.
[3] Die Geschworenen bejahten die in Richtung des Verbrechens nach §§ 15, 75 StGB gestellte Hauptfrage und ließen demgemäß die auf das Vergehen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB abzielende Eventualfrage unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die dagegen aus Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
[5] Die gesetzmäßige Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) erfordert eine Substantiierung dahin, durch welche in der Hauptverhandlung vorgebrachten konkreten Tatsachen (§ 314 Abs 1 StPO) die nunmehr urgierte weitere Fragestellung indiziert gewesen sein soll (RIS Justiz RS0100860). Dabei darf der Rechtsmittelwerber den Nachweis der geltend gemachten Nichtigkeit nicht bloß auf der Grundlage einzelner, isoliert aus dem Kontext der Gesamtverantwortung und der gutachterlichen Expertise insgesamt gelöster Teile davon führen, sondern hat vielmehr die für die vermisste Fragestellung ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (RIS Justiz RS0120766 [T2]).
[6] An diesen Anfechtungsvoraussetzungen scheitert die Beschwerde. Soweit sie nämlich das Unterbleiben von Eventualfragen in Richtung der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 (Abs 1 oder 2), 84 Abs 5 Z 1 StGB moniert, zeigt sie gar keine Verfahrensergebnisse auf, die die jeweiligen Tatbestände indizieren würden.
[7] Ebenso wenig macht das Rechtsmittel klar, aus welchem Grund die Einlassung des Angeklagten, er sei bei einem Gerangel mit seinem Messer „unabsichtlich“ an den Hals des Opfers geraten (siehe ON 83 S 10), trotz der einen solchen Tathergang verneinenden Expertise des medizinischen Sachverständigen (ON 83 S 37 ff, 41) ein Indiz für die Stellung einer Eventualfrage in Richtung fahrlässiger Tatbegehung (§ 88 Abs 1 und 4 zweiter Fall StGB) darstellen sollte.
[8] Die Instruktionsrüge (Z 8) vermisst eine Belehrung der Geschworenen hinsichtlich der Tatbestände nach „§ 87 Abs. 1 bzw. § 84 Abs. 5 Z 1 StGB“, übersieht aber, dass die Rechtsbelehrung nur insoweit angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die tatsächlich an die Geschworenen gestellt wurden (RIS Justiz RS0101091; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 10.54).
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 344, 285i StPO).
[10] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.