JudikaturOGH

12Os64/24i – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
05. September 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Wachter in der Strafsache gegen * C* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten C*, * T*, * D* und * K* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 17. April 2024, GZ 163 Hv 17/24a 33.6, sowie über die Beschwerde des C* gegen den zugleich ergangenen Beschluss gemäß § 494 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung des * D* wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Über die Berufungen im Übrigen und die Beschwerde hat das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * C*, * T*, * D* und * K* jeweils des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach haben sie gemeinsam und zumindest weiteren, nicht ausgeforschten Tätern am 13. August 2023 in W* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) * B* fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen und abzunötigen versucht, indem sie ihn mehrmals zur Herausgabe seiner Tasche samt Wertgegenständen aufforderten, andernfalls sie ihn abstechen würden, ihm zwei Mitglieder der Gruppe infolge seiner Weigerung Faustschläge ins Gesicht versetzten, D* einen Fuß packte, sodass er zu Boden stürzte und die Genannten in der Folge dem am Boden Liegenden mehrere Faust und Ellenbogenschläge sowie Fußtritte gegen den Kopf und Oberkörperbereich versetzten und dabei versuchte, ihm gewaltsam die Bauchtasche zu entreißen, wobei es zufolge Einschreitens von Passanten beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich die jeweils auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO – jene des T* auch auf Z 5a – gestützten Nichtigkeitsbeschwerden des C*, des T*, des D* und des K*. Diesen kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des C*:

[4] Indem die Mängelrüge (Z 5) unter Hinweis auf eine angeblich fehlende Erinnerung des Opfers und den Umstand, dass dieses zwei der Angeklagten auf Lichtbildern verwechselt habe (vgl US 8) widersprüchliche Angaben zu den Angreifern moniert, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise (§ 283 Abs 1 StPO) gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

[5] Soweit die Rüge ferner die Konstatierung, dass zwei Angeklagte sich ähnlich sehen würden als „undeutlich“ kritisiert, „da die tatsächlich nicht bestehende Ähnlichkeit nicht begründet“ werde, spricht sie nicht wie geboten eine entscheidende Tatsache an (RIS Justiz RS0106268, RS0117264).

[6] Das weitere Vorbringen, wonach das Erstgericht unbegründet gelassen habe, ob das Opfer einen der zwei unbekannt gebliebenen Täter mit dem Beschwerdeführer verwechselt habe, argumentiert neuerlich außerhalb des eröffneten Anfechtungsrahmens , ohne die behauptete Undeutlichkeit (RIS Justiz RS0117995) oder Widersprüchlichkeit (RIS Justiz RS0119089) in Ansehung der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des T*:

[7] Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung des Zueignungs und Bereicherungsvorsatzes (US 6) begegnet deren Ableitung aus dem objektiven Geschehen in Form der (sehr wohl konstatierten) Tatbegehung in Gemeinschaft durch sämtliche Angeklagte (US 5 f) mittels massiver Gewalt und gefährlicher Drohungen über einen längeren Zeitraum bei mehrfacher Aufforderung, Wertgegenstände herauszugeben (US 8 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (vgl RIS Justiz RS0116882, RS0098671).

[8] Mit dem Hinweis, wonach das Opfer den Beschwerdeführer nicht beschuldigt habe, gegen ihn eine andere Tathandlung gesetzt zu haben, als ihn am Boden liegend geschlagen zu haben, wogegen es andere Angeklagte der Sachwegnahme bezichtigt habe, weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen (RIS-Justiz RS0118780).

[9] Indem sie aus angeblich fehlenden Beweisergebnissen (vgl aber RIS Justiz RS0128874) anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, erschöpft sie sich in unzulässiger Beweiswürdigungskritik.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des D*:

[10] Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), wonach das Erstgericht die Feststellungen zum Tathergang – bei als Schutzbehauptung bewerteter, leugnender Verantwortung der Angeklagten – offenbar unzureichend auf die als glaubwürdig qualifizierten Angaben des Opfers, die mit jenen des Zeugen * T* übereinstimmen würden, gestützt habe, obwohl diese Angaben nicht übereinstimmen würden, weil Letzterer angegeben habe, sich nicht erinnern zu können, wer am Tatort gewesen sei, nimmt zum einen nicht wie geboten Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (zu den sehr wohl erfolgten Erwägungen des Erstgerichts zum Aussageverhalten dieses Zeugen in der Hauptverhandlung siehe US 8; RIS-Justiz RS0119370). Zum anderen kritisiert die Beschwerde mit dem Hinweis auf fehlende belastende Angaben bloß in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung, ohne eine den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechende Begründung des Erstgerichts zur Täterschaft des Beschwerdeführers aufzuzeigen (RIS Justiz RS0116732).

[11] Die Rügekritik, wonach auf der in der Hauptverhandlung abgespielten Videoaufnahme weder zu sehen noch zu hören sei , dass die Mutter des T* die Angeklagten beschimpft habe, und die Bezugnahme auf einen Versöhnungsversuch zwischen den Angeklagten und dem Opfer spr echen jeweils keinen für die Schuld oder die Subsumtionsfrage entscheidenden Aspekt an.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des K*:

[12] Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider waren die Tatrichter dem Gebot zu gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend nicht gehalten, sich mit jedem Aussagedetail der Vernehmung des Opfers in Ansehung der Identifizierung der Täter auseinanderzusetzen (RIS Justiz RS0098778 [insb T9]).

[13] Das weitere Beschwerdevorbringen, wonach das Erstgericht nicht gewürdigt habe, dass das Opfer – aus Sicht des Nichtigkeitswerbers unglaubwürdig – ausgesagt habe, diesen zufällig in den sozialen Medien gefunden zu haben, verfehlt den gesetzlichen Bezugspunkt, weil es keinen schuld oder subsumtionsrelevanten Tatumstand anspricht.

[14] Vielmehr erschöpft es sich in einem im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung.

[15] Soweit die Mängelrüge ferner auf die Angaben des Zeugen T* verweist, wonach sechs bis sieben Personen beteiligt gewesen seien, wogegen das Opfer neben den vier Angeklagten auch noch weitere vier andere erwähnt habe, und in der nicht erfolgten Würdigung dieses Umstands Unvollständigkeit sieht, verfehlt sie neuerlich die Ausrichtung am Prozessrecht, weil das Gericht unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit mit Blick auf das Gebot zu bestimmter, aber gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe nicht dazu verhalten war, sich damit auseinanderzusetzen.

[16] Der Vorwurf (Z 5 dritter Fall), dass das Erstgericht einerseits den Tathergang auf die Angaben des Opfers gestützt habe und dabei davon ausgegangen sei , dass diese mit den Angaben des T* übereinstimmen würden, den es andererseits als unglaubwürdig qualifiziert habe, übersieht, dass die Tatrichter dies bloß eingeschränkt auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung bezogen (US 8).

[17] Die weiteren Ausführungen der Mängelrüge (Z 5 zweiter und [richtig:] vierter Fall) beziehen sich auf ein (eventuelles) Versöhnungsgespräch oder einen -versuch nach der Tat und sprechen damit keine entscheidende Tatsache an.

[18] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei nichtöffentlicher Beratung ebenso sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO) wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld des D* (§ 283 Abs 1 StPO).

[19] Die Entscheidung über die Berufungen im Übrigen und die implizite Beschwerde des C* kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[20] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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