JudikaturOGH

12Os34/24b – OGH Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
05. September 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Wachter in der Strafsache gegen * N* wegen Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 202 Abs 1, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 18. Jänner 2024, GZ 34 Hv 84/23k 25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * N* der Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 202 Abs 1, 15 StGB (A./) und „der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach §§ 212 Abs 1 Z 2 und Abs 3, 15 StGB“ (richtig der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach §§ 212 Abs 1 Z 2, 15 StGB [B./I./] und der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach §§ 212 Abs 1 Z 2, Abs 3, 15 StGB [B./II./]; zum kumulativen Mischdelikt vgl Kienapfel/Höpfel/Kert AT 16 Rz 9.42 f) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in S* und an anderen Orten

A./ von Anfang September 2019 bis Juni 2022 * S* in mehreren Angriffen mit Gewalt zur Duldung geschlechtlicher Handlungen, nämlich dem Berühren und Streicheln ihrer Vagina genötigt und zu nötigen versucht, indem er mit seiner Hand trotz Gegenwehr durch Wegdrücken seiner Hand in ihre Hose zu ihrer Vagina fuhr, diese im äußeren Bereich berührte und streichelte und dies versuchte, wobei es ihr teilweise gelang, seine Hand wegzustoßen;

B./ mit der bzw die am * 2005 geborenen Tochter seiner Lebensgefährtin, * S*, somit einer minderjährigen Person, die seiner Erziehung und Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung

I./ gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen und vorzunehmen versucht, indem er

1./ zu nicht näher bekannten Zeitpunkten zwischen Anfang September 2019 und Juni 2022 durch die zu A./ geschilderten Tathandlungen sowie darüber hinausgehend in zahlreichen Angriffen im Zuge von Autofahrten mit seiner Hand in ihre Hose zu ihrer Vagina fuhr und diese im äußeren Bereich berührte und streichelte, wobei es ihr teilweise gelang, seine Hand wegzustoßen;

2./ am 22. Oktober 2022 mit seiner Hand unter ihr T-Shirt fuhr, ihren Bauch berührte und zu ihren Brüsten gelangen wollte, wobei sie ihn wegstieß;

II./ im Zeitraum 2020 bis Juni 2022 durch intensive Berührungen einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt, indem er ihr in mehreren Angriffen auf das Gesäß griff.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

[4] Die Mängelrüge (nominell Z 5 dritter Fall) spricht mit ihrer Behauptung, es gehe aus dem Urteil nicht klar hervor, ob es dem Angeklagten nun gelungen sei, die Vagina des Opfers zu berühren oder nicht, im Ergebnis die Frage des Tatversuchs oder der Tatvollendung an. Diese Differenzierung spielt aber für die Lösung der Schuldfrage keine Rolle ( Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.114 mwN).

[5] Bleibt lediglich der Vollständigkeit halber an zumerken , dass den Schuldsprüchen nur pauschal individualisierte gleichartige (teils versuchte, teils vollendete) Taten zugrundeliegen, die zulässig zu einer gleichartigen Verbrechensmenge zusammengefasst wurden (vgl RIS Justiz RS0119552; siehe auch Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.205).

[6] Soweit auch die Tatsachenrüge (Z 5a) auf Verfahrensergebnisse zum Tatversuch hinweist, genügt der Verweis auf die obenstehenden Ausführungen zu r Mängelrüge.

[7] Mit Zweifeln an der dem Opfer attestierten Glaubwürdigkeit werden keine erheblichen Bedenken gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen geltend gemacht. Vielmehr erschöpft sich die Beschwerde in einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unbeachtlichen Schuldberufung.

[8] Gleiches gilt für die Behauptung einer „unvollständigen Ausschöpfung“ der „zeugenschaftlichen Einvernahme“ der * S* und die daran geknüpfte (pauschale) Kritik, das Erstgericht hätte die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung verletzt (zur Subsidiarität der Z 5a gegenüber der Z 4 vgl im Übrigen RIS Justiz RS0115823).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise