15Os86/24x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hule im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * H* in einem forensisch therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 7. Mai 2024, GZ 22 Hv 27/23w 55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die strafrechtliche Unterbringung des * H* in einem forensisch therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
[2] Danach hat er am 7. September 2023 in L* unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, deretwegen er im Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) war (US 3), nämlich einer paranoiden Schizophrenie, * S* mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, indem er sie an den Oberarmen packte, um die eigene Körperlängsachse drehte, ihr auf die rechte Brust griff und sie in Richtung eines Gebüsches zerrte, bis es S* gelang, sich durch heftige Gegenwehr zu befreien.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Die (insoweit in einem ausgeführte; vgl aber RIS Justiz RS0115902) Rüge behauptet, die Feststellungen zur Handlung, die Ziel der Nötigung war, seien undeutlich (Z 5 erster Fall) und ließen die Subsumtion als „geschlechtliche Handlung“ im Sinn des § 202 Abs 1 StGB nicht zu (Z 9 lit a).
[5] Aus den Entscheidungsgründen einschließlich des der Verdeutlichung dienenden Referats entscheidender Tatsachen ist jedoch für jeden Urteilsadressaten unzweifelhaft erkennbar (vgl RIS Justiz RS0089983 [T2, T3], RS0117995 [T1]), dass die Tatrichter als Nötigungsziel die gewaltsame Fortsetzung des (anfänglich noch nicht zielgerichteten) Betastens der – zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörenden ( Philipp in WK² StGB § 202 Rz 10) – Brust des weiblichen Opfers feststellten (US 1, 4, 7 und 9).
[6] Indem die Beschwerde diese Feststellungsbasis nicht in ihrer Gesamtheit berücksichtigt, bringt sie auch keinen Rechtsfehler mangels Feststellungen prozessförmig zur Darstellung (vgl RIS Justiz RS0099775, RS0117247 [T5]).
[7] Überdies reklamiert der Beschwerdeführer eine fehlende oder offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Z 5 vierter Fall).
[8] Entgegen seiner Argumentation widerspricht aber deren Ableitung aus dem konkreten objektiven Tatgeschehen – nach den Feststellungen griff der Betroffene dem sich „mit aller Kraft“ wehrenden Opfer auf die rechte Brust und versuchte, dieses gewaltsam in Richtung eines Gebüsches zu zerren (US 4) – weder Gesetzen der Logik noch grundlegenden Erfahrungssätzen, ist also unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (vgl RIS Justiz RS0099413, RS0116882). Mit seinem weiteren Vorbringen zur Bewertung des Geschehens, seines Zustands und zu seinen Schlussfolgerungen kritisiert der Nichtigkeitswerber die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Schuldberufung.
[9] Mit dem Hinweis auf einzelne Aussagepassagen zur Einschätzung des Opfers (vgl aber RIS Justiz RS0097540 [T17]), ob der Griff des Beschwerdeführers an dessen Brust gezielt war oder „im Eifer des Gefechts“ passierte, und dazu, dass dieses nicht sagen konnte, „was der Betroffene wirklich wollte“, weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken (zum Maßstab vgl RIS Justiz RS0119583) gegen die Feststellungen zum Nötigungsziel.
[10] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet nicht aus dem Gesetz ab (vgl jedoch RIS Justiz RS0116565), warum „jedweder Versuch“ eines Mannes mit der Größe und dem Gewicht des Betroffenen, seinem Krankheitsbild und unter Alkoholeinfluss „grundsätzlich – mangels widerstreitender Beweisergebnisse – als objektiv untauglicher Versuch zu beurteilen“ sein sollte. Die dazu ins Treffen geführte (Tatsachen-)Behauptung, „der Rechtsmittelwerber hätte die ihm angelastete Sexualstraftat niemals vollenden können“, verlässt den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes (vgl RIS Justiz RS0099810 [insb T15, T25]).
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).