14Os68/24t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. September 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hule im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * D* in einem forensisch therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des D* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Mai 2024, GZ 81 Hv 49/24d 55.2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
* D* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * D* – soweit hier relevant – des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem ordnete das Erstgericht die Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB an.
[2] Danach hat er – soweit für das Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren von Bedeutung – in W*
I. sich am 19. Jänner 2024, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuss von Suchtmitteln in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und im Rausch eine Handlung begangen, die ihm außer diesem Zustand zu A. als Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB und zu B. als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB zugerechnet würde, indem er
A. die Polizisten * E*, * C* und * V*, sohin Beamte, mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Verlegung in eine Sicherheitszelle, dadurch zu hindern versuchte, dass er im Zuge seiner Fixierung mehrere Fußtritte und Kopfstöße in Richtung der Genannten ausführte, sich gegen die Fixierung wehrte und, nach einem Sturz zu Boden, weiterhin mehrere Fußtritte in Richtung der Beamten setzte;
B. V* während der Erfüllung seiner Pflichten am Körper dadurch verletzte, dass er ihm durch die unter I.A. geschilderte Handlung Prellungen an der rechten Schulter, am rechten Arm, an der rechten Hand und am linken Knie zufügte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen die Anordnung der Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB richtet sich die Nichtigkeitbeschwerde des D* , der keine Berechtigung zukommt.
[4] Die Sanktionsrüge (Z 11) bekämpft (ausschließlich) die vom Schöffengericht angestellte Gefährlichkeitsprognose.
[5] Allfällige Fehler der Prognoseentscheidung ressortieren im System der Nichtigkeitsgründe in den Regelungsbereich des zweiten Falls des § 281 Abs 1 Z 11 StPO. Konkret liegt Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall dann vor, wenn diese Entscheidung zumindest eine der in § 21 Abs 1 StGB genannten Erkenntnisquellen (Person und Zustand des Rechtsbrechers sowie Art der Tat) vernachlässigt oder die aus diesen Erkenntnisquellen gebildete Feststellungsgrundlage die Prognoseentscheidung als willkürlich erscheinen lässt (RIS Justiz RS0113980 [T7], RS0118581 [T13]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 715 ff).
[6] Eine Bekämpfung aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO steht in Verbindung mit dem ersten, nicht jedoch mit dem zweiten Fall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO offen (vgl erneut RIS Justiz RS0118581 [T17]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 669). Deshalb geht die aus dem Blickwinkel der Mängelrüge erhobene Kritik, die Feststellungsgrundlage der Prognoseentscheidung sei nicht „ausreichend“ begründet, schon im Ansatz fehl.
[7] Mit dem aus Z 11 zweiter Fall erhobenen Einwand, das dem Gutachten des Sachverständigen (im Übrigen nicht allein [vgl insbes ON 34.1, 32]) zugrundeliegende Prognoseverfahren mit der Kurzbezeichnung VRAG sei für die Prognose nach § 21 Abs 2 (iVm Abs 1) StGB fallbezogen un geeignet, weil es bestimmte den Zustand des D* im Urteilszeitpunkt (siehe zu dessen Berücksichtigung bei der Prognoseentscheidung US 8 und 11 f) betreffende Faktoren nicht beachte, erstattet die Beschwerde der Sache nach ein Berufungsvorbringen.
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[9] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.