JudikaturOGH

11Os81/24g – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
27. August 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jetzinger als Schriftführer in der Strafsache gegen * N* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über dessen Beschwerde gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 22. April 2024 und vom 25. Juni 2024, GZ 150 Hv 45/21g 54 und 60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde richtet, nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

[1] Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16. November 2023, GZ 150 Hv 45/21g-47, wurde * N* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Mit Eingabe vom 20. November 2023 meldete der (damalige) Verteidiger Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wegen „Schuld und“ Strafe an (ON 49).

[3] Eine Urteilsausfertigung (ON 47) und das Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 46) wurden de m Verteidiger mit Wirksamkeit vom 7. März 2024 zugestellt. Die Ausführungsfrist endete demnach mit Ablauf des 4 . April 2024.

[4] Mit am 4. April 2024 beim Landesgericht eingelangtem Schriftsatz vom 3. April 2024 (ON 53) begehrte der nunmehr bevollmächtigte Verteidiger die Berichtigung des Protokolls der Hauptverhandlung (in mehreren näher beschriebenen Punkten) und merkte an, dass „[g]emäß des gestellten Antrages, [...] gem. §§ § 270 Abs 3 letzter Satz, sowie 271 Abs. 7 letzter Satz StPO die 4 wöchige Frist zur Ausführung eines bereits angemeldeten Rechtmittels (§§ 285 und 294 StPO) durch neuerliche Zustellung des berichtigten Verhandlungsprotokolls erneut ausgelöst“ würde.

[5] Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 22. April 2024 (ON 54) vom Vorsitzenden des Schöffengerichts abgewiesen.

[6] Mit Beschluss vom 25. Juni 2024 wies der Vorsitzende des Schöffengerichts die am 7. Mai 2024 eingelangte (mit der Beschwerde gegen den Beschluss ON 54 sowie der Berufung wegen Strafe und der privatrechtlichen Ansprüche verknüpfte) Nichtigkeitsbeschwerde (ON 55) gemäß § 285a Z 2 (iVm § 285b Abs 1) StPO zurück (ON 60).

Rechtliche Beurteilung

Zur Beschwerde (ON 61) gegen die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde:

[7] Nach der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde hat der Beschwerdeführer das Recht, binnen vier Wochen (hier) nach Zustellung einer Urteilsabschrift eine Ausführung seiner Beschwerdegründe bei Gericht zu überreichen (§ 285 Abs 1 StPO).

[8] Gegenständlich begann diese Frist mit der Zustellung der Urteilsausfertigung an d en Beschwerdeführer am 7. März 2024 zu laufen und endete mit Ablauf des 4. April 2024.

[9] Weil die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde am 7. Mai 2024 demnach verspätet überreicht wurde, der Angeklagte auch bei deren Anmeldung keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet hat und auf die in der verspäteten Ausführung (sowie in der Beschwerde) geltend gemachten Gründe nicht Bedacht zu nehmen ist, erfolgte die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht (§ 285a Z 2 iVm § 285b Abs 1 StPO; RIS Justiz RS0100168).

[10] Hinzuzufügen bleibt, dass – dem (Antrags- und) Beschwerdevorbringen zuwider – ein gemäß § 271 Abs 7 (§ 270 Abs 3 zweiter Satz) StPO gestellter Antrag auf Protokollsberichtigung per se für den Rechtsmittelwerber ohne Einfluss auf den Lauf der Frist zur Ausführung eines Rechtsmittels ist. Allein wenn das Prototkoll (Urteil) tatsächlich mit Beschluss berichtigt wurde, ist eine entsprechend verbesserte Ausfertigung an die Beteiligten mit dem Hinweis zuzustellen, dass die frühere gegenstandslos ist. Ausschließlich in diesem Fall beginnt für den Rechtsmittelwerber mit dem Zeitpunkt der Zustellung der verbesserten Protokolls- oder Urteilsausfertigung die Frist zur Ausführung eines Rechtsmittels neu zu laufen, wobei die Rechtskraft des Berichtigungsbeschlusses ohne Bedeutung ist (vgl zum Ganzen Danek/Mann , WK StPO § 270 Rz 52).

[11] In diesem Umfang war der Beschwerde daher in nichtöffentlicher Sitzung nicht Folge zu geben (§ 285b Abs 4 StPO).

Zur Beschwerde gegen die Ab weisung des Antrags auf Protokoll berichtigung:

[12] Die gegen die Nichtstattgebung (vgl Danek/Mann , WK-StPO § 271 Rz 56 ) des Antrags auf Protokoll berichtigung gerichtete Beschwerde ist durch die die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bestätigende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (für diesen) gegenstandslos ( Danek/Mann , WK-StPO § 271 Rz 57 ; vgl auch RIS-Justiz RS0126057, RS0120683).

[13] Das Landesgericht für Strafsachen Graz wird dem Oberlandesgericht Graz als zur Entscheidung über die (verbleibende) Urteilsanfechtung berufenem Rechtsmittelgericht die Akten zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten und die Beschwerde vorzulegen haben (neuerlich RIS-Justiz RS0126057, RS0100545).

[14] Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil es nicht zu einem Rechtsmittelverfahren iSd § 390a Abs 1 StPO gekommen ist ( Lendl , WK-StPO § 390a Rz 11).

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