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8Ob80/24h – OGH Entscheidung

Entscheidung
Gesellschaftsrecht
26. August 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C* Z*, vertreten durch die Breiteneder Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. S* K*, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2. E* GmbH *, vertreten durch die Dorda Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 43.324,50 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. Mai 2024, GZ 13 R 251/23m 53.1, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers gegen das seine Schadenersatzklage abweisende Ersturteil nicht Folge. Zu der in der Berufung erhobenen Rechtsrüge, mit der unter anderem eine Widersprüchlichkeit der erstgerichtlichen Feststellungen zur Frage behauptet wurde, ob der Kläger keine Aktien gekauft hätte, wären die Beklagten ihren Verpflichtungen als Mitglied des Aufsichtsrats (Erstbeklagter) oder Wirtschaftsprüfer (Zweitbeklagte) der W*AG nachgekommen, vertrat es die Ansicht, dass der behauptete Widerspruch nicht vorliege und auch im Übrigen die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt sei.

[2] Der Kläger rügt in seiner außerordentlichen Revision (erstmals), dass die Vorinstanzen nicht zu seinen Gunsten einen Anscheinsbeweis hinsichtlich der Ursächlichkeit der den Beklagten vorgeworfenen Handlungen bzw Unterlassungen für seine Aktienkäufe angenommen hätten, und wiederholt seinen Standpunkt, die erstgerichtlichen Feststellungen seien in sich widersprüchlich.

Rechtliche Beurteilung

[3] Richtig ist, wie in der Revision ausgeführt, dass widersprüchliche Feststellungen, die eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ermöglichen, Feststellungsmängel sind, die grundsätzlich eine erhebliche Rechtsfrage begründen und zur Aufhebung in die erste Instanz führen müssen ( RS0042744 ). Solche liegen vor, wenn sie zueinander in einem logischen – und damit unauflösbaren (zB 8 Ob 126/14h [Pkt 1.4 und 1.5]) – Widerspruch stehen (vgl RS0043182 ).

[4] Ein solcher Widerspruch liegt hier entgegen der Ansicht in der Revision zwischen der positiven Feststellung, wonach dem Kläger die Listung der Aktien im DAX wichtig war, „weil ihm dies – bezogen auf Kontrolle der Unternehmen – sicher erschien“, und den Negativfeststellungen über den Erwerb oder Nichterwerb der Aktien der W*AG durch den Kläger auch in jenem Fall, dass er von einer Verweigerung des Testats durch die Zweitbeklagte oder von einer Strafverfolgung Kenntnis erlangt hätte, sowie auch im Übrigen nicht vor.

[5] Ob ein prima facie Beweis (Anscheinsbeweis) überhaupt zulässig ist, ob es sich also um einen Tatbestand mit typischem Geschehensablauf handelt, der eine Verschiebung von Beweisthema und Beweislast ermöglicht, ist eine Frage der Beweislast und damit eine solche der rechtlichen Beurteilung, die (grundsätzlich) im Revisionsverfahren überprüfbar is t (RS0022624). Folglich erörtert der Revisionswerber an sich zutreffend unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung Fragen der Beweislast bzw der Zulässigkeit des Anscheinsbeweises. Er übersieht aber, dass eine im Berufungsverfahren unterlassene (prozessordnungsgemäße) Rechtsrüge in der Revision nicht nachgeholt werden kann ( RS0043480 ). Das Berufungsgericht hat die Rechtsrüge als insgesamt nicht gesetzmäßig ausgeführt qualifiziert und deren Erledigung verweigert. Dieses Vorgehen zieht der Revisionswerber nicht – korrekt: als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ( RS0043231 ) – in Zweifel. Dass die Vorinstanzen die Möglichkeit eines Anscheinsbeweises nicht bedachten, kann daher vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden (vgl 1 Ob 90/16s ).

[6] Mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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