JudikaturOGH

2Ds4/24x – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte hat am 26. August 2024 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer und Mag. Wurzer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in Gegenwart des Schriftführers Faulhammer LL.M. (WU) im Disziplinarverfahren gegen den Richter des Bezirksgerichts in Ruhe * über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 28. November 2023, GZ 113 Ds 1/22p 26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

[1] * wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte vom 27. Juni 2023, GZ 113 Ds 1/22p 19, nach §§ 101 Abs 1, 104 Abs 1 lit b RStDG rechtskräftig zu einer Geldstrafe in der Höhe von eineinhalb (Brutto )Monatsbezügen verurteilt.

[2] Nachträglich stellte er den Antrag an das Disziplinargericht, die verhängte Geldstrafe auf das Eineinhalbfache seines Ruhebezugs (Bruttopension) statt des Eineinhalbfachen seines Aktivbezugs herabzusetzen, weil er wenige Tage nach dem Disziplinarurteil den Ruhestand angetreten habe und die Zahlung der Geldstrafe die Unterhaltsansprüche seiner Tochter und seiner Ex Frau gefährde.

[3] Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Disziplinargericht den Antrag des Disziplinarverurteilten auf nachträgliche Strafmilderung ab, weil eine solche Maßnahme im RStDG nicht vorgesehen sei.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen erhobene Beschwerde des Disziplinarverurteilten ist – entgegen der Stellungnahme des Generalprokurators – zulässig . Sie ist im Ergebnis allerdings nicht berechtigt .

[5] 1. Es trifft zu, dass ein Antrag auf Verhängung einer milderen Disziplinarstrafe im RStDG nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Der Disziplinarverurteilte verweist aber zu Recht darauf, dass eine analoge Anwendung des § 31a StGB in Betracht kommt.

[6] 2. Der Oberste Gerichtshof hat schon mehrfach ausgesprochen, dass die Vorschriften über die Strafbemessung des RStDG lückenhaft sind, und deshalb § 93 BDG für analog anwendbar erklärt (RS0061854). Nach dessen Abs 1 sind „die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe … dem Sinne nach zu berücksichtigen“. Damit sind nicht ausschließlich die §§ 32 bis 35 StGB gemeint, schon weil § 31a Abs 1 StGB (inhaltlich) genau auf die in den folgenden Bestimmungen genannten „Umstände“ abstellt. Nach § 93 Abs 1 letzter Halbsatz BDG ist überdies „auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen“. Auf deren nachträgliche Änderung nimmt wiederum § 31a Abs 2 StGB (für die Neubemessung der Höhe der Tagessätze) Bezug. So gesehen stellt auch § 31a StGB eine Vorschrift über die Strafbemessung im (weiteren) Sinne des § 93 Abs 1 BDG dar, die bloß einen anderen (nämlich aus Sicht des Urteils nachträglichen) zeitlichen Bezugspunkt hat als §§ 32 ff StGB.

[7] Über die analoge Anwendung des § 93 Abs 1 BDG findet daher auch die Bestimmung des § 31a StGB Eingang in das Disziplinarverfahren des RStDG, sodass auch kein Wertungswiderspruch zum Disziplinarrecht der Rechtsanwälte entsteht (vgl RS0130299).

[8] Die verfahrensrechtliche Behandlung von – nach dem Gesagten auch im Disziplinarverfahren nach dem RStDG zulässigen – Anträgen auf nachträgliche Strafmilderung ergibt sich aus einer sinngemäßen Anwendung des § 410 StPO. Über diesbezügliche Anträge ist daher vom Erstgericht mittels Beschluss zu entscheiden. Daraus ergibt sich, dass das dagegen offen stehende Rechtsmittel die – in nichtöffentlicher Sitzung zu behandelnde – Beschwerde ist. Eine Berufung ist im Disziplinarverfahren nach dem RStDG nur gegen Erkenntnisse vorgesehen; in allen anderen Fällen steht lediglich die Beschwerde offen. Die in analoger Anwendung des § 31a StGB im Disziplinarverfahren gefällten Entscheidungen sind auch in verfahrensrechtlicher Sicht den im Gesetz ausdrücklich geregelten Fällen gleichzuhalten. Die Rechtsmittelbeschränkung des § 164 Abs 1 RStDG steht daher – der Rechtsansicht der Generalprokuratur zuwider – der meritorischen Behandlung des Rechtsmittels nicht entgegen.

[9] 4. Inhaltlich ist für den Beschwerdeführer allerdings nichts zu gewinnen:

[10] Das Disziplinargericht hat bei der Strafzumessung die „unmittelbar anstehende Pensionierung des Disziplinarbeschuldigten“ bereits berücksichtigt. Da die vom Beschwerdeführer nunmehr geltend gemachten Umstände dem Gericht beim Sanktionsausspruch bekannt waren, scheidet eine nachträgliche Strafmilderung (analog) § 31a StGB aus ( Ratz in Höpfel/Ratz , WK 2 StGB § 31a Rz 4).

[11] 5. Der Beschwerde des Disziplinarverurteilten ist daher keine Folge zu geben.

Rückverweise