JudikaturOGH

1Ob157/23d – OGH Entscheidung

Entscheidung
Erbrecht
24. Juli 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Dr. S*, gegen die Antragsgegnerin Y*, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 22. Juni 2023, GZ 54 R 47/23t-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

2. Der Antrag, dem Revisionsrekurs „aufschiebende Wirkung“ zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der Antragsteller brachte beim Bezirksgericht Innsbruck einen Antrag nach § 81 ff EheG ein. Die im Rubrum genannten Adressen beider Parteien lagen nicht im Sprengel dieses Gerichts. Vielmehr lag die dort angegebene Adresse des Antragstellers im Sprengel des Bezirksgerichts Feldkirch und jene der Antragsgegnerin im Sprengel des Bezirksgerichts Bregenz. Konkrete Ausführungen zur örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts enthielt der Aufteilungsantrag nicht.

[2] Das Erstgericht sprach seine örtliche Unzuständigkeit aus und überwies die Rechtssache an das Bezirksgericht Bregenz. Mangels gewöhnlichen Aufenthalts einer Partei im Sprengel des angerufenen Gerichts richte sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Wohnsitz der Antragsgegnerin.

[3] Dagegen erhob der Antragsteller noch vor Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses an ihn einen Rekurs . Da die Antragsgegnerin mittlerweile in Deutschland wohne, sei die Überweisung der Rechtssache an das Bezirksgericht Bregenz zu Unrecht erfolgt. Der Überweisungsbeschluss sei daher zu beheben und auszusprechen, dass das Bezirksgericht Innsbruck für das Aufteilungsverfahren zuständig sei. Die Anreise der Antragsgegnerin zu diesem Gericht sei „einfacher zu bewerkstelligen“.

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

[5] Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte habe das Erstgericht bei seiner Zuständigkeitsprüfung von den Angaben des Antragstellers ausgehen dürfen. Demnach habe die Antragsgegnerin ihren Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichts Bregenz gehabt. Dass der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Parteien allenfalls im Sprengel des angerufenen Gerichts gelegen sei, könne dessen Zuständigkeit nicht begründen.

Rechtliche Beurteilung

[6] Dagegen erhob der Mann einen (auch als „außerordentlicher“ bezeichneten) Revisionsrekurs .

I. Zur Rechtsmittellegitimation:

[7] 1. Über das Vermögen des Antragstellers wurde mit Beschluss vom 11. 12. 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 8. 4. 2024 zu 1 Ob 157/23d wurde dem Insolvenzverwalter ua aufgetragen, bekannt zu geben, ob er in das vom Antragsteller eingeleitete Aufteilungsverfahren eintritt. Zur Begründung dieses Auftrags wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 8. 4. 2024 verwiesen.

[8] 2. Der Insolvenzverwalter erklärte, nicht in das vom Antragsteller eingeleitete Aufteilungsverfahren einzutreten.

[9] 3. Damit schied der vom Antragsteller trotz Insolvenzverfahrens wirksam geltend gemachte, nach gerichtlicher Geltendmachung aber seiner Verfügung entzogene Aufteilungsanspruch gemäß § 8 Abs 1 IO aus der Insolvenzmasse aus. Eine Genehmigung der nach Antragstellung vorgenommenen Verfahrensführung des Antragstellers (insbesondere der von ihm erhobenen Rechtsmittel) durch den Insolvenzverwalter bedarf es in diesem Fall nicht, weil durch das Ausscheiden des Aufteilungsanspruchs aus der Insolvenzmasse die (zwischenzeitig) fehlende Verfahrensführungsbefugnis des Antragstellers geheilt ist (vgl näher im Beschluss vom 8. 4. 2024 zu 1 Ob 157/23d ). Zudem wurde das Insolvenzverfahren mittlerweile rechtskräftig beendet.

[10] 4. Der vom Antragsteller erhobene Revisionsrekurs ist daher nunmehr inhaltlich zu b eurteilen.

II. Der Revisionsrekurs zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:

[11] 1. Nach dem Akteninhalt wurde der erstinstanzliche Beschluss dem Antragsteller nicht zugestellt. Eine Partei kann aber schon ab Bindung des Gerichts an seine Entscheidung ein Rechtsmittel erheben (RS0006939; RS0041679), ohne zuvor deren Zustellung beantragen zu müssen (7 Ob 147/11k). Das Rekursgericht entschied daher zu Recht meritorisch über den (nunmehr als wirksam erhoben anzusehenden) Rekurs des Antragstellers (2 Ob 144/06z; 6 Ob 119/16t).

[12] 2. Der Revisionsrekurswerber stützt sich auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil ihm die erstinstanzliche Entscheidung nicht zugestellt und vor erstinstanzlicher Beschlussfassung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 58 Abs 1 Z 1 AußStrG) kann gemäß § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG in dritter Instanz auch dann als Verfahrensmangel geltend gemacht werden, wenn dieser in zweiter Instanz verneint oder nicht geltend gemacht wurde (RS0121265). Der Anfechtungsgrund wirkt aber nicht absolut (RS0120213 [T4, T17, T22]), sondern ist nur wahrzunehmen, wenn er Einfluss auf die Richtigkeit der Entscheidung haben konnte (RS0120213 [T16, T20]). Der Rechtsmittelwerber muss darlegen, welches konkrete Vorbringen er erstattet bzw welche Beweismittel er angeboten hätte, wäre sein rechtliches Gehör gewahrt worden (RS0120213 [insb T9, T15]).

[13] 3. Soweit der Antragsteller die Verletzung des rechtlichen Gehörs aus der unterbliebenen Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses ableitet, legt er jedoch nicht dar, was er in seinem Rekurs bei (genauerer) Kenntnis von diesem (weiter) vorgebracht hätte. Damit zeigt er die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht auf (6 Ob 181/21t).

[14] 4. Der Antragsteller leitet eine Gehörverletzung auch daraus ab, dass ihm vor erstinstanzlicher Beschlussfassung keine Gelegenheit zur Stellungnahme zur (Un-)Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gegeben worden sei. In diesem Fall hätte er vorgebracht, dass sich die Antragsgegnerin im Ausland aufhalte. Das Erstgericht hätte sich dann „für zuständig angesehen“. Da aber auch ein Wohnsitz der Antragsgegnerin im Ausland gemäß § 114a JN iVm § 76 Abs 1 JN keine Zuständigkeit des zunächst angerufenen Gerichts – welche der Revisionsrekurs ausschließlich anstrebt – begründen könnte, fehlt es dem Revisionsrekurs auch insoweit an der Darlegung der rechtlichen Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels.

III. Zum Antrag auf „aufschiebende Wirkung“:

[15] Einen Antrag, dem Revisionsrekurs „aufschiebende Wirkung“ zuzuerkennen (wozu der Revisionsrekurs keine inhaltlichen Ausführungen enthält) sieht das AußStrG nicht vor. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

Rückverweise