JudikaturOGH

9Ob55/24i – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht, Öffentliches Recht
23. Juli 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Korn, Dr. Stiefsohn und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache der J* L*, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gerichtlichen Erwachsenenvertreterin Mag. A* S*, Rechtsanwältin, *, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 7. Dezember 2023, GZ 20 R 304/23f-260, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RS0042656).

[2] 2. Aus § 246 Abs 3 Z 2 ABGB ergibt sich zweifelsfrei, dass diese Bestimmung nur für die Übertragung einer Erwachsenenvertretung auf eine andere Person gilt. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde aber nicht über einen solchen Antrag auf Umbestellung, sondern über die Bestellung einer gerichtlichen Erwachsenenvertreterin nach §§ 271 ff ABGB für die Betroffene entschieden.

[3] 3.1. Rechtsanwälte müssen nach § 275 ABGB gerichtliche Erwachsenenvertretungen grundsätzlich übernehmen, sofern nicht ein in dieser Bestimmung genannter Ablehnungsgrund vorliegt. Dabei gilt die Möglichkeit der Ablehnung nur für jene Rechtsanwälte, die nicht aufrecht in die von den Kammern zu führenden Listen als zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeignete Rechtsanwälte eingetragen sind ( RS0123440 [T13]) .

[4] 3.2. Die in die genannte Liste eingetragene Revisionsrekurswerberin kann sich demnach nicht auf den Ablehnungsgrund nach § 275 Z 3 ABGB berufen, dass ihr die Übernahme der Erwachsenenvertretung unter Berücksichtigung ihrer persönlichen, familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht zugemutet werden kann.

[5] 3.3. Dies ergibt sich aus dem völlig eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 275 ABGB, sodass keine erhebliche Rechtsfrage zu beantworten ist (5 Ob 40/23b).

[6] 4. Beherrschender Grundsatz für die Auswahl des Erwachsenenvertreters ist das Wohl der betroffenen Person ( RS0048982 ; 2 Ob 202/21a Rz 17). Ob im Hinblick auf die von der Revisionsrekurswerberin behauptete Überlastung sowie den mittlerweile erfolgten Wohnortwechsel der Vertretenen eine neuerliche Prüfung einer Umbestellung zur Wahrung des Wohls der Vertretenen angezeigt sein könnte, wird das Erstgericht zu entscheiden haben (5 Ob 40/23b Rz 18).

[7] Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Rückverweise