3Ob99/24s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U* Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Gernot Murko und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, und deren Nebenintervenientin K* GmbH, *, vertreten durch Ehrlich Rogner Schlögl Rechtsanwalts Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei D* GmbH, *, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in Innsbruck, und deren Nebenintervenientin B* GmbH, *, vertreten durch Dr. Martin Wuelz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 482.863,11 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht (und den Rekurs gegen den darin enthaltenen Aufhebungsbeschluss) vom 3. April 2024, GZ 4 R 29/24g 94, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 30. November 2023, GZ 40 Cg 104/20k 74, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt sowie teilweise aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss wird als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen.
II. Die außerordentliche Revision gegen das Teilurteil wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Zu I.:
[1] Gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ist nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO der Rekurs nur zulässig, soweit das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen und wenn es dabei ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.
[2] Ein solcher Ausspruch des Berufungsgerichts ist hier unterblieben, weshalb das ausdrücklich erhobene und insofern richtig als Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss aufzufassende Rechtsmittel der Klägerin jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen ist.
Zu II.:
1. Zur Pönale für Verzögerungen mit den Stahlbauarbeiten der Klägerin:
[3] 1.1 Der Beurteilung, ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (vgl RS0042776; RS0042936; RS0044358; RS0112106). Diese Frage ist daher nur dann im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblich, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936; RS0042776; RS0042871). Darin, dass eine andere Auslegung vertretbar wäre, liegt hingegen keine im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung (RS0042776 [T2]; RS0112196 [T2 und T4]; RS0044298 [T39]).
[4] 1.2 Die Position 01 00 15 35 A im Angebot der Klägerin vom 2. 4. 2019 betrifft die Rahmentermine aus dem Leistungsverzeichnis der Beklagten. Demgegenüber betrifft die Position 01 00 15 35 C „weitere Zwischen- und Endtermine“, die von der örtlichen Bauaufsicht durch die Terminrechnung (Terminplanung) ermittelt und aktualisiert sowie vom Auftragnehmer (Klägerin) verbindlich übernommen werden. Die Bezugnahme auf Terminänderungen (unter Beibehaltung der vereinbarten/verbindlich festgelegten Ausführungszeiträume) bedeutete, dass die Terminplanung nach den Gegebenheiten bei der Durchführung des Bauvorhabens von der örtlichen Bauaufsicht adaptiert werden kann. Nach dem Schlusssatz zur Position 01 00 15 35 C erfolgen solche Adaptierungen durch Terminvereinbarungen, zu denen beispielsweise die Festlegungen in den Baubesprechungsprotokollen oder in den an den Auftragnehmer übergebenen Terminlisten gehören.
[5] Die Anordnung, dass diese Fristen, auch wenn sie durch Aktualisierung geändert werden, als pönalisierte Vertragstermine gelten, bezieht sich somit auf die in der in Rede stehenden Vertragsbestimmung geregelte Terminplanung der örtlichen Bauaufsicht. Dementsprechend ist das vom Berufungsgericht erzielte Auslegungsergebnis, dass nach Position 01 00 15 35 C weitere von der Nebenintervenientin vorgegebene und von der Klägerin verbindlich übernommene Termine als pönalisiert gelten, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Verkennung der Auslegungsgrundsätze.
2. Zum Feuerverzinken:
[6] 2.1 Bei dem im Angebot der Klägerin vom 2. 4. 2019 ausgewiesenen Netto Einheitspreis für das Feuerverzinken beim Werk Nord von 40,00 EUR/kg (statt 0,40 EUR/kg) handelt es sich nach den bindenden Feststellungen des Erstgerichts um einen Tippfehler der Klägerin. Wenn das Berufungsgericht daraus ableitet, dass beide Parteien ihrer Willenseinigung den im Angebot der Klägerin vom 15. 3. 2019 enthaltenen Einheitspreis zugrunde gelegt haben, ist die Schlussfolgerung, dass in Wahrheit ein darauf gerichteter übereinstimmender Parteiwille und damit ein entsprechender Konsens vorgelegen sei, nicht korrekturbedürftig. Die dazu von der Klägerin monierten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor.
[7] 2.2 Im Übrigen hat sich die Beklagte auch auf einen beachtlichen Erklärungsirrtum berufen, der nur unwesentlich ist und daher zur Vertragsanpassung berechtigt.
3. Ergebnis:
[8] Hinsichtlich des Teilurteils gelingt es der Klägerin mit ihren Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.