12Os63/24t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Edermaier Edermayr, LL.M. (WU), in der Strafsache gegen * V* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * V* und * N* und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 11. März 2024, GZ 44 Hv 184/23w 233, sowie über die Beschwerde des Angeklagten V* gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Über die Berufungen und die Beschwerde hat das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * V* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./I./ und II./) sowie (richtig:) des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (B./1./) und der Vergehen nach § 15 StGB, § 50 Abs 1 Z 5 WaffG (B./2./) und * N* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./I./ und III./) schuldig erkannt.
[2] Danach haben in L* und an anderen Orten
A./ * V* und * N* vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25 Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen und verschafft, indem
I./ sie teils in einverständlichem Zusammenwirken zwischen Oktober 2019 (N* ab Jänner 2020) und März 2021 insgesamt ca 69,5 bis 73,5 Kilogramm Cannabiskraut (V*) und 64,8 bis 65,8 Kilogramm Cannabiskraut (N*) von einer Bezugsquelle in W* übernahmen und namentlich unbekannten Abnehmern überließen;
II./ * V* darüber hinaus in acht, im Urteil genannten Fällen den dort bezeichneten Abnehmern folgende Suchtgiftmengen, und zwar:
1./ in der Zeit von Oktober 2019 bis März 2021 23 bis 24 Kilogramm Cannabiskraut und ca 100 Gramm Kokain,
2./ zwischen Oktober 2019 und März 2021 15 Kilogramm Cannabiskraut sowie 40 Kilogramm Cannabiskraut,
3./ von Oktober 2019 bis März 2021 35,5 Kilogramm Cannabiskraut, 100 Gramm Kokain, zehn Kilogramm Cannabiskraut und 1,5 Kilogramm Cannabiskraut,
4./ in der Zeit von März 2021 bis zum 15. Mai 2023 eine unbekannte Menge Cannabiskraut,
5./ zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach März 2021 ca ein Kilogramm Cannabiskraut,
6./ von Oktober 2022 bis Dezember 2022 vier Kilogramm Cannabiskraut,
7./ zwischen Oktober 2022 und Mai 2023 ein Kilogramm Cannabiskraut,
8./ im Zeitraum April 2021 bis Mai 2022 insgesamt ca 17 bis 18 Kilogramm Cannabiskraut;
III./ * N* darüber hinaus in zwei, im Urteil genannten Fällen den dort bezeichneten Abnehmern folgende Suchtgiftmengen, und zwar:
1./ zwischen Jänner 2020 und März 2021 insgesamt ca 74,9 bis 76,9 Kilogramm Cannabiskraut sowie ca 300 Gramm Kokain und
2./ von März 2021 bis Februar 2022 rund 7,5 Kilogramm Cannabiskraut;
B./ * V*
1./ im November 2020 eine Schusswaffe der Kategorie B, nämlich eine Faustfeuerwaffe „Walther“ unbefugt besessen,
2./ im November/Dezember 2020 Schusswaffen der Kategorie B, nämlich Faustfeuerwaffen der Marke „Walther“ den im Urteil genannten Personen zu überlassen versucht, die zu deren Besitz nicht befugt waren.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen – weitgehend inhaltsgleich – auf Z 3, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten schlagen fehl.
I./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten N*:
[4] Zwar trifft es zu, dass der Ausspruch über entscheidende Tatsachen im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) die jeweiligen Reinsubstanzen der jeweils manipulierten Suchtgifte nicht enthält. Entgegen der Verfahrensrüge (Z 3) kommt diesem Umstand jedoch keine Bedeutung zu, weil in den – insoweit eine Einheit mit dem Urteilsspruch darstellenden – Entscheidungsgründen die jeweiligen Reinheitsgehalte dargestellt sind (US 7), woraus sich auch die Überschreitung des 25 Fachen der Grenzmenge (§ 28a Abs 4 Z 3 SMG) ergibt (vgl RIS Justiz RS0098734 [insb T13]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 278).
[5] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) hat das Erstgericht die subjektive Tatseite des Beschwerdeführers auf dessen Geständnis, eine Reihe von Chatnachrichten und auch aus dem äußeren Geschehen (vgl dazu RIS Justiz RS0116882) abgeleitet (US 8 f). Das ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.
[6] Weshalb es der Konstatierung der inneren Ausrichtung dieses Angeklagten am erforderlichen Sachverhaltsbezug ermangeln soll, macht die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die allein den Gebrauch von verba legalia kritisiert (vgl aber RIS Justiz RS0119090 [T3]), nicht deutlich.
II./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten V*:
[7] Im Umfang des bisher Gesagten decken sich die Rechtsmittelausführungen mit jenen des Angeklagten N*, sodass insoweit auf die Beantwortung seiner Einwände verwiesen werden kann.
[8] Die gegen den Schuldspruch B./2./ gerichtete Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) erschöpft sich in einer unbeachtlichen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffensenats. Dieser konnte den Umstand, wonach die Abnehmer nicht zum Besitz der in Rede stehenden Faustfeuerwaffen befugt waren, ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze aus dem Geständnis des Beschwerdeführers und den vorliegenden Chatnachrichten ableiten (US 9). Mit der Kritik, aus diesen Chatprotokollen sei eine solche Ableitung nicht möglich, wird – wie im Übrigen bemerkt sei – Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) nicht geltend gemacht (vgl Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.135 mwN).
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizite) Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[10] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.