JudikaturOGH

12Os44/24y – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
27. Juni 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Edermaier Edermayr LL.M. (WU) in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 22. Jänner 2024, GZ 25 Hv 100/23m 46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Innsbruck zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (A./), des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (B./), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (C./1./) sowie des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C./2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – in I* und R*

A./ von 10. Jänner 2022 bis 8. Juli 2022, somit eine längere Zeit hindurch, gegen eine andere Person fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er * D*

1./ in zumindest 15 Angriffen im Abstand von zunächst zwei bis drei Wochen und ab Mai 2022 zwei bis dreimal wöchentlich am Körper misshandelte, vorsätzlich am Körper verletzte und zu verletzen versuchte, indem er ihr mit starker Wucht ausgeführte Ohrfeigen gegen das Gesicht und Schläge gegen den Nacken versetzte, sie am Arm riss, ihr mit der flachen Hand und mit der Faust Schläge gegen den Bauch versetzte, auf sie eintrat, als sie am Boden lag, was teilweise Tage andauernde Schmerzen, Erbrechen, Hämatome sowie in einem Fall einen „Tennisarm“ zur Folge hatte, insbesondere dadurch, dass er

a./ ihr am 10. Jänner 2022 einen derart wuchtigen Schlag gegen den Nacken versetzte, dass sie zu Boden fiel ;

b./ sie am 3. Mai 2022 am Körper erfasste und schüttelte sowie ihr im Anschluss daran Faustschläge gegen die Brust und Magengegend versetzte, wodurch sie gegen die Kochinsel und anschließend zu Boden fiel;

c./ ihr im Mai 2022 einen Tritt gegen das Gesäß versetzte, wodurch sie gegen einen Einrichtungsgegenstand fiel und sich ein Hämatom am Oberschenkel zuzog;

d./ ihr im Juli 2022 eine Kette herunterriss, wodurch sie blaue Flecken am Hals erlitt und daran anschließend gegen ihren Magen boxte und, als sie am Boden lag, auf sie eintrat, bis sie erbrechen musste;

e./ sie am 5. Juli 2022 derart fest am Arm riss, dass dadurch ein nachhaltiger, schmerzhafter Reizzustand des Ellbogens entstand;

f./ sie zu einem unbekannten Zeitpunkt am Arm erfasste und von einer Treppe hinunterzog, wodurch sie zu Boden fiel und ihr anschließend Boxhiebe und Tritte gegen die Magengegend versetzte, bis sie erbrechen musste;

2./a./ sie zu einem unbekannten Zeitpunkt mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich zum Verlassen eines Lokals zu nötigen versucht, indem er sie an den Haaren erfasste und aus dem Lokal hinaus zu zerren versuchte;

b./ am 3. Mai 2022 mit Gewalt zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Verständigung der Polizei genötigt, indem er ihr das Mobiltelefon gewaltsam aus der Hand schlug;

c./ am 8. Juli 2022 durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich zum Zusammenpacken seiner Sachen zu nötigen versucht, indem er ihr ankündigte, ansonsten samt der Tür in die Wohnung zu kommen, alles kurz und klein zu schlagen sowie ihr den Schädel einzuschlagen;

d./ sie in mehreren Angriffen gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr gegenüber wiederholt ankündigte, ihr den Schädel einzuschlagen, ihr das Leben zur Hölle und sie fertig zu machen;

B./ im Juni 2022 mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sich auf D* legte, ihre Arme festhielt und so fixierte, dass ihr eine Gegenwehr nicht mehr möglich war, ihre Beine mit seinen Knien gewaltsam auseinanderspreizte und vaginal in sie eindrang.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

[4] Mit der Aussagegenese der belastenden Angaben des Opfers zu B./ setzten sich die Tatrichter – dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider – sehr wohl auseinander (US 19). Ein Widerspruch zwischen deren Angaben wird durch den Beschwerdehinweis, wonach D* diese Tat erst im Rahmen einer neuerlichen Vernehmung schilderte, nicht aufgezeigt (RIS Justiz RS0098646).

[5] Indem die weitere Rüge (nominell Z 5a, inhaltlich Z 5 zweiter Fall und vierter Fall) zu A./ und B./ Passagen der Aussagen des Opfers und dessen Kinder zu deren Wahrnehmungen zu (einzelnen) Tätlichkeiten des Angeklagten exemplarisch herausgreift, pauschal unerörterte Widersprüche zwischen diesen Aussagen in Ansehung einzelner Übergriffe behauptet und eine Verletzung der Begründungspflicht für die Annahme der Glaubwürdigkeit des Opfers durch das Erstgericht moniert , zeigt sie neuerlich keine unvollständige oder offenbar unzureichende Begründung in Ansehung der Feststellung entscheidender Tatsachen auf (RIS Justiz RS0106268 [insb T5], RS0116737), sondern kritisiert bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.

[6] Soweit dieses Vorbringen als Tatsachenrüge (Z 5a) erstattet wird , weckt es mit dem Hinweis auf angebliche Widersprüche in den Angaben des Opfers im Vergleich zu jenen der Kinder in Ansehung der Wahrnehmbarkeit einzelner Übergriffe und der (bloß teilweisen) Anwesenheit letzterer zu Hause keine erheblichen Bedenken gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen (RIS Justiz RS0119583). Soweit die Rüge Erwägungen der Tatrichter für „nicht nachvollziehbar“ und „lebensfremd“ erachtet, übt sie neuerlich bloß unzulässige Beweiswürdigungskritik.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise