9ObA40/24h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Stiefsohn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch Dr. Alexander Burkowski und Dr. Maximilian Burkowski, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Ö* GmbH, *, vertreten durch die Burgstaller Preyer Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen zuletzt 10.913 EUR brutto sA und Feststellung (3.700 EUR; Streitwert: 14.613 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. April 2024, GZ 12 Ra 8/24v 24, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die Einstufung in eine Kollektivvertragsgruppe anhand der konkreten Tätigkeit des Dienstnehmers ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und damit regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung. Eine solche läge nur dann vor, wenn eine allgemeine Auslegungsfrage hinsichtlich des Kollektivvertrags zu beantworten wäre oder dem Berufungsgericht eine auch im Einzelfall aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl RS0110650 [T2]; RS0107154 [T11]; RS0044088 ).
[2] 2. Auf das Dienstverhältnis der Klägerin zur Beklagten ist der Kollektivvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Ö* GmbH anzuwenden. Die „Anlage ./3 Berufsbilder und Stufen“ unterscheidet zwischen den Berufsbildern „Fachexperte (FE)“, dem sie auch die Stufe „FE 1“ zuordnet, und „Fachmitarbeiter/in (FMA)“, dem sie auch die Stufe „FMA 4“ zuordnet.
[3] 3. Das Berufungsgericht kam anhand einer Gesamtbetrachtung der Tätigkeit der Klägerin zum Ergebnis, dass sie richtig in die Stufe „FMA 4“ des Berufsbilds „Fachmitarbeiter/in“ eingestuft wurde und nicht – wie von ihr begehrt – in die Stufe „FE 1“ des Berufsbilds „Fachexperte“ einzustufen sei. Es argumentierte, dass die Klägerin nicht die fachliche Verantwortung für ein vorgegebenes eigenes Tätigkeitsgebiet übernehme und weder eigene Entscheidungen treffe noch eigenverantwortlich Entscheidungen vorbereite, sondern dass sie eindeutig definierte Standardaufgaben anhand konkreter Arbeitsanweisungen im klar abgegrenzten Aufgabengebiet der Wasseranalyse ausführe.
[4] 4. Die Klägerin möchte einzelne ihrer Aufgaben in der Gesamtbetrachtung stärker gewichten und betont besonders, dass sie auch naturwissenschaftliche Arbeiten verrichte. Damit zeigt sie aber keine grobe Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts im Einzelfall auf.
[5] 5. Die Klägerin bringt weiters vor, dass sich die hier voneinander abzugrenzenden Berufsbilder und Stufen des Kollektivvertrags auf Umstände bezögen, die auslegungsbedürftig seien, deren Vorliegen im Einzelfall fraglich sein könne und die noch nicht Gegenstand höchstgerichtlicher Entscheidungen gewesen seien. Sie wirft aber keine allgemeine Auslegungsfrage hinsichtlich des Kollektivvertrags auf, deren Beantwortung über den Einzelfall – ihre eigene Einstufung anhand ihrer konkreten Tätigkeit – hinaus bedeutsam wäre, insbesondere keine konkrete ungeklärte Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Abgrenzung der Stufen „FE 1“ und „FMA 4“. Dass die Beklagte nach dem Vorbringen der Klägerin eine Vielzahl weiterer Analytikerinnen und Analytiker beschäftigt, die naturwissenschaftliche Arbeiten verrichten, ändert daran nichts, weil auch diese einzelfallbezogen anhand ihrer konkreten Tätigkeit einzustufen sind.
[6] 6. Die außerordentliche Revision ist daher mangels einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.