8Ob117/23y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat MMag. Matzka als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidentin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* R*, vertreten durch Mag. Alexandra Schwarz, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei A*, vertreten durch die Schmidtmayr Sorgo Wanke Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Feststellung, in eventu Rechtsgestaltung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. September 2023, GZ 11 R 203/23p 109, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Ist das Berufungsgericht in die Prüfung der Frage einer im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufenen Nichtigkeit eingegangen und hat sie diese verneint, ist die Wahrnehmung diese s Nichtigkeitsgrundes im Verfahren dritter Instanz nicht mehr möglich (RS0043405).
[2] Dies gilt auch für die in der Revision neuerlich ins Treffen geführte, vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeit zufolge Unterbleibens einer Unterbrechung des vorliegenden – die Wirksamkeit von Vereinsbeschlüssen betreffenden – Verfahrens nach § 6 IO ex lege wegen eines über das Vermögen des Klägers anhängigen Insolvenzverfahrens.
[3] 2. Die Beurteilung, ob ein Mitglied eines Vereinsorgans durch bestimmte Handlungen oder Unterlassungen seine gesetzlichen oder statutarischen Pflichten unter Missachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters verletzt hat, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl [zum Stiftungsvorstand] RS0112248 [T6]). Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte (RS0044088 [T8, T9]; RS0021095). Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn möglicherweise auch ein anderes Ergebnis vertretbar wäre (RS0112106 [T2]).
[4] Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Kläger seine Pflichten als Organwalter des beklagten Vereins im obigen Sinn vernachlässigt hat, indem er unter anderem als gleichzeitiger Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft des beklagten Vereins dessen Vorstand und dessen Rechnungsprüfern die Finanzberichte und Unterlagen über die negative finanzielle Gebarung der GmbH vorenthielt und zugestand, dass das Finanzergebnis der Vorjahre „geschönt“ sei , ist keineswegs unvertretbar.
[5] 3. Dass die subsidiäre Befugnis der Rechnungsprüfer nach § 21 Abs 5 VerG 2002 zur Einberufung einer Mitgliederversammlung mangels sonstiger Wirkungslosigkeit nicht von der Zustimmung anderer Vereinsorgane abhängen kann, ergibt sich schon aus dem klaren Wortlaut sowie dem Zweck der Regelung, der anders nicht erreichbar wäre. Ist eine Rechtsfrage im Gesetz so eindeutig gelöst, dass nur eine Auslegungsmöglichkeit ernstlich in Betracht zu ziehen ist und Zweifel nicht entstehen können, liegt keine revisible Rechtsfrage vor ( RS0042656 ).
[6] 4. Soweit in der Revisionsschrift von einem „Putschversuch“ innerhalb des Beklagten und einer von Rechnungsprüfern aufgebauten „Parallelorganisation“ die Rede ist, entfernt sie sich gänzlich vom maßgeblichen Sachverhalt.
[7] 5. Insgesamt zeigt die außerordentliche Revision des Klägers keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO definierten Qualität auf. Das Rechtsmittel war daher ohne weitere Begründung zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).