JudikaturOGH

14Os42/24v – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
19. Juni 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juni 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Loibl LL.M., BSc, in der Strafsache gegen * S* und eine Angeklagte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten S* sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. März 2024, GZ 35 Hv 14/23t 81.1, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

Dem Angeklagten S* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde mit dem angefochtenen Urteil * S* im zweiten Rechtsgang (zum ersten vgl 14 Os 101/23v) des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (I./A./), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (I./B./1./) sowie des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster und vierter Fall StGB (I./B./2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 26. Jänner 2020 in W* G* Sz*

I./A./ eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem er mit den Händen und einem Schleifmesser oder Schleifstein auf ihn einschlug sowie auf ihn eintrat und auf ihn stieg, wobei er Schuhe trug, wodurch dieser mehrere an sich schwere Verletzungen und zwar unter anderem einen Bruch des linken Jochbeins, einen Bruch des Dornfortsatzes des siebten Halswirbels und des vierten Brustwirbels, Serienrippenbrüche rechts in den seitlichen Abschnitten, links in den seitlichen Abschnitten und in den Rückenabschnitten, einen Bruch des Brustbeins, Rissquetschwunden im Bereich der Nase, des Kopfes, eines Augenlides und der Augenumrandung, Prellungen der Hüfte, des Brustkorbs, des Beckens und der Lendenregion, eine offene Wunde im Bereich des Ellenbogens und kleine Hautabschürfungen am Rücken, an der Stirn und an den Knien erlitt, wobei die Tat eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit des Genannten zur Folge hatte;

I./B./ mit Gewalt, nämlich jeweils durch Teile der zu I./A./ genannten Tathandlungen,

1./ zu nötigen versucht, Katzenkot zu essen, indem er ihn im Zuge der Tat zu I./A./ dazu aufforderte;

2./ zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, wobei G* Sz* durch die Tat in besonderer Weise erniedrigt wurde, weil ihm der Angeklagte im Zuge der Tat zu I./A./ einen Bambusstock in dessen Anus einführte, und dies eine an sich schwere Körperverletzung zur Folge hatte, nämlich eine Perforation des Mastdarms mit Schleimhautverletzung an einer Hämorrhoide, die wiederum zu einer Bauchfellentzündung samt beginnendem Nieren und Leberversagen sowie einer Verschiebung der Elektrolyte des Opfers führte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) behauptet, das Urteil enthalte in Betreff der Feststellungen zur objektiven Tatseite lediglich eine Scheinbegründung und basiere auf einer rein willkürlichen Annahme des Erstgerichts. Denn dieses habe die Feststellungen zum Tathergang (unter anderem) auf die Angaben des Zeugen G* Sz* indessen kontradiktorischer Vernehmung gestützt (US 9 f), obwohl der Genannte in seinen Vernehmungen am 27. Jänner und am 13. Februar 2020 dazu „diametral im Widerspruch“ stehende Aussagen getätigt habe , diese würden „sich immer verändern, sobald jemand mit ihm spricht“.

[5] Damit nimmt die Beschwerde nicht an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen Maß (vgl aber RIS Justiz RS0119370), hat doch das Erstgericht sich ausführlich damit auseinandergesetzt, warum und in welchem Ausmaß es die Angaben des Zeugen G* Sz* für glaubwürdig erachte (US 9 ff). Offenbar unzureichend ist eine Begründung aber nur, wenn sie den Kriterien der Logik oder Empirie widerspricht (RIS Justiz RS0118317), während im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) gezogene Wahrscheinlichkeitsschlüsse – sofern sie (wie hier) logisch und damit vertretbar sind – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen sind (RIS Justiz RS0098471 [T4], RS0098362).

[6] Durch Hinweise auf Passagen der Aussage der Zeugin * G*, wonach G* Sz* ihr gegenüber auch M* Sz* der Taten bezichtigt und weiters behauptet habe, Angst vor * W* zu haben und von dieser geschlagen und misshandelt worden zu sein, während der Angeklagte in den Angaben der Zeugin G* gar nicht vorkomme, weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS Justiz RS0118780, RS0099674).

[7] Gleiches gilt für den Verweis einerseits auf (zudem eigenständig interpretierte) Angaben des Zeugen M* Sz*, wonach er öfter (unter anderem) Blutergüsse an G* Sz* wahrgenommen, einmal gesehen habe, wie W* mit einem Baseballschläger auf G* Sz* eingeschlagen habe und aufgrund der Erzählungen des Letzteren „schätze“, dass W* die Tat zu I./B./2./ begangen habe, und andererseits auf dessen Vermutung, wer für ihn „Hauptangeklagte“ sei.

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise