JudikaturOGH

3Ob56/24t – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*, vertreten durch Mag. Dieter Koch, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei S* AG, *, verteten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 23.755,57 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 15. Februar 2024, GZ 2 R 5/24h 37, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 27. Oktober 2023, GZ 18 Cg 46/22t 30, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger schloss im Jahr 2008 mit der Beklagten einen Vertrag über einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken im Gegenwert von 51.000 EUR mit einem Laufzeitende 31. Oktober 2028. Bei Vertragsabschluss wurde für den Kläger parallel zum Kreditkonto, das in Schweizer Franken geführt wurde, ein in Euro geführtes Verrechnungskonto eröffnet. Den Kreditbetrag erhielt der Kläger in Euro ausbezahlt. Ab dem Jahr 2012 wurden dem Kläger persönliche Beratungsgespräche angeboten und Ende Oktober 2012 wurde mit ihm die aktuelle Kurs und Zinssatzsituation besprochen. Der Empfehlung seitens der Beklagten, angesichts der Wechselkursentwicklung auf einen Euro-Kredit zu konvertieren, folgte der Kläger nicht, weil er auf eine bessere Entwicklung hoffte. Auch in den Folgejahren übermittelte die Beklagte dem Kläger Beratungsunterlagen über die aktuellen Kursentwicklungen.

[2] Der Kläger begehrte mit seiner am 4. Februar 2022 erhobenen Klage von der Beklagten (zunächst) 23.755,57 EUR sA. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 4. Juli 2023 begehrte er „in eventu“ 79.664,90 CHF samt 4 % Zinsen seit 14. Oktober 2008 Zug um Zug gegen Zahlung von 50.972,55 EUR. Die Kreditunterlagen hätten – im Einzelnen angeführte – intransparente und missbräuchliche Klauseln enthalten. Das Eventualbegehren werde auf die Nichtigkeit des Geldwechselvertrags gestützt.

[3] Die Beklagte wendete zum Eventualbegehren im Wesentlichen ein, der Kläger habe bei Durchführung des (ersten) Geldwechselvertrags den entsprechenden Gegenwert in Euro erhalten, sodass sich auch bereicherungsrechtlich keine Differenz ergebe. Dass der erworbene Währungsbetrag in der Folge an Wert verloren habe, falle in die Risikosphäre des Klägers.

[4] Das Erstgericht ließ die Klagsänderung durch das nachträgliche Eventualbegehren zu und wies das Haupt- sowie das Eventualbegehren ab.

[5] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers insgesamt nicht Folge und ließ die Revision nicht zu.

[6] Die vom Kläger dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

[7] Die Aktenvorlage ist verfrüht.

[8] 1. Hat das Berufungsgericht ausgesprochen, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig ist, so kann gemäß § 505 Abs 4 ZPO eine Revision – abgesehen von den hier nicht vorliegenden Fällen des § 502 Abs 5 ZPO – nur erhoben werden, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt (außerordentliche Revision). Übersteigt der Entscheidungsgegenstand in zweiter Instanz zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR und hat das Berufungsgericht ausgesprochen, die ordentliche Revision sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig, so kann eine Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO (nur) einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde (vgl RS0109623 [T1]). Ein solches Rechtsmittel ist gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird, es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist und der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RS0109623).

[9] 2.1 Das Hauptbegehren des Klägers überschreitet die Wertgrenze des § 502 Abs 3 ZPO nicht. Da das Berufungsgericht allerdings auch das Eventualbegehren abgewiesen hat, wäre es ausreichend, wenn dieses die Wertgrenze übersteigt (RS0039370; RS0042305 [T2, T6]).

[10] 2.2 War der Entscheidungsgegenstand – wie hier – ein Anspruch in Währung außerhalb des Euro-Raumes, so ist der Gegenwert in Euro nach dem Devisenmittelkurs des Tages der berufungsgerichtlichen Entscheidung maßgebend (vgl RS0042381; RS0042455 [T4]). Da hier der Devisenmittelkurs des Schweizer Franken im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts (15. Februar 2024) bei 1,0544 lag, ergibt sich ein Wert des Entscheidungsgegenstands des Eventualbegehrens von 80.907,67 EUR. Nach einer Reduktion um den vom Kläger selbst abgezogenen Betrag von 50.972,25 EUR liegt auch der Wert des Eventualbegehrens nicht über 30.000 EUR (vgl dazu 4 Ob 70/18z).

[11] 3. Das Erstgericht wird daher das Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109501 [T12]; RS0109623 [T5]).

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