JudikaturOGH

3Ob38/24w – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* B*, und 2. B* B*, ebendort, beide vertreten durch Mag. Dieter Koch, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch Dr. Anton Ehm und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 25.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 11. Jänner 2024, GZ 4 R 212/23p 22, mit dem das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 14. März 2023, GZ 4 Cg 80/22d 16, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Die Kläger begehrten die Feststellung, dass die durch den Kreditvertrag begründete Schuld (bzw die aus dessen Rückabwicklung resultierende Schuld) 25.000 EUR betrage, in eventu dem tatsächlich zugezählten Euro-Betrag entspreche. Mit dem im Revisionsverfahren noch maßgebenden vierten Eventualbegehren begehrten sie, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihnen 39.640 CHF samt 4 % Zinsen seit 7. März 2008 Zug um Zug gegen Zahlung von 25.000 EUR zu zahlen.

[2] Das Erstgericht wies die Klage ab.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Bei einem auf eine Geldsumme in fremder Währung lautenden Klagebegehren sei der für die Zulässigkeit der Revision maßgebende Streitwert nach dem Devisenmittelkurs des Tages zu ermitteln, an dem die Berufungsentscheidung ergangen sei (vgl RS0042455 [T4]; 9 Ob 67/17v). Davon ausgehend übersteige das vierte Eventualbegehren jedenfalls 30.000 EUR. Eine Bewertung der Feststellungsbegehren sei daher nicht erforderlich.

[4] Gegen diese Entscheidung erhoben die Kläger „außerordentliche Revision“ an den Obersten Gerichtshof, die auf eine Stattgebung des vierten Eventualbegehrens abzielt.

[5] Das Erstgericht legte das Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

[6] Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Rechtslage.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1. Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine außerordentliche Revision nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe anführen, warum die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

[8] 2. Die Kläger erhoben mehrere den Kreditvertrag betreffende Feststellungsbegehren (als Haupt- und Eventualbegehren) und ein den Geldwechselvertrag betreffendes Zug um Zug Rückabwicklungsbegehren. Im Revisionsverfahren ist nur mehr das zuletzt erwähnte (vierte) Eventualbegehren von Bedeutung.

[9] 3. Die erhobenen Feststellungsbegehren (Haupt- und Eventualbegehren) beziehen sich auf eine ziffernmäßig bestimmte Geldforderung, weshalb eine Bewertung durch das Berufungsgericht zu unterbleiben hatte, weil der Streitwert dem dem jeweiligen Feststellungsbegehren zugrunde liegenden Geldbetrag entspricht (vgl RS0114182; 1 Ob 75/11b).

[10] Insoweit übersteigt der Wert des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstands jeweils nicht den Betrag von 30.000 EUR.

[11] 4. Da das Berufungsgericht auch das vierte Eventualbegehren abgewiesen hat, wäre es ausreichend, wenn dieses die Wertgrenze übersteigt (RS0039370; RS0042305 [T2 und T6]).

[12] Dieses Begehren ist auf die (zufolge behaupteter Gesamtnichtigkeit) bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des (zusätzlich zum Fremdwährungskredit abgeschlossenen) Geldwechselvertrags gerichtet. In einem solchen Fall hat gemäß §§ 1435 ff ABGB jeder Teil das zurückzustellen, was er aus einem solchen Vertrag zu seinem Vorteil erlangt hat. Stehen beiden Teilen Rückforderungsansprüche zu, so müssen diese nur Zug um Zug erfüllt werden (vgl RS0016321). Dabei kann der Kläger die Zug um Zug Verpflichtung auch selbst durch entsprechende Beifügung in der Klage anbieten (vgl RS0041069). Zieht er die eigene Zug um Zug Leistung von sich aus in der Klage vom geltend gemachten Zahlungsanspruch ab, so macht er mit der Klage nur die strittige Differenz zwischen den wechselseitigen Ansprüchen geltend, die sich im Anlassfall auf die beanspruchten Wechselkursverluste bezieht. In einem solchen Fall beziffert sich der in Geld bestehende Streitwert nach der strittigen Differenz.

[13] Davon ausgehend beträgt der Gegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, umgerechnet rund 17.400 EUR und übersteigt damit zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR. Es liegt somit auch hier ein Fall des § 502 Abs 3 ZPO vor.

[14] 5. Der Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und vom Berufungsgericht zu behandeln. Dementsprechend ist das Rechtsmittel dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen (§ 507b Abs 2 ZPO). Diese Vorgangsweise ist auch dann einzuhalten, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliche Revision“ bezeichnet und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist (vgl RS0109623).

[15] 6. Der Akt ist daher dem Erstgericht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung des Rechtsmittels der Kläger zurückzustellen.

Rückverweise