JudikaturOGH

14Os30/24d – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Mai 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Mai 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Bayer in der Strafsache gegen * A* wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 31. Jänner 2024, GZ 613 Hv 7/23p 157.2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * A* des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 7. Mai 2023 in W* B* vorsätzlich getötet, indem er diesem mit einer Faustfeuerwaffe in die Brust schoss und dieser durch Verbluten verstarb.

[2] Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB bejaht, und die in Richtung des Vergehens der grob fahrlässigen Tötung nach § 81 Abs 1 StGB gestellte Eventualfrage unbeantwortet gelassen .

Rechtliche Beurteilung

[3] Die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel .

[4] Die Fragenrüge (Z 6) kritisiert das Unterbleiben der Stellung einer Zusatzfrage nach dem Strafausschließungsgrund der Notwehr (§ 3 Abs 1 StGB). Sie verweist dabei auf Aussagen des Angeklagten einerseits in der Hauptverhandlung, wonach er die Waffe genommen habe, als sie das Opfer abgelegt habe, und sich ein Schuss gelöst habe, als er kurz abgelenkt gewesen sei (ON 147, 19), und andererseits im Ermittlungsverfahren, wonach die Waffe „losgegangen“ sei, als er sie ergriffen habe, und er (nach einer anderen Aussagepassage) nicht habe schießen wollen, sondern der Schuss losgegangen sei, als „E*“ ihn angesprungen sei (ON 18.21, 8). Darüber hinaus bringt die Rüge vor, dass die Zeugin * J* den „Vorgang mit der Waffe“ nicht gesehen, jedoch angegeben habe, dass der Schuss sehr leise gewesen sei (ON 157.1, 41). Der Zeuge * T* wiederum habe einen lauten Knall gehört und von einem Kampf zweier Personen berichtet, der zwei oder drei Minuten gedauert habe, wobei eine Person danach am Boden gelegen und die andere weggelaufen sei (ON 147, 39).

[5] Sie vernachlässigt zunächst, dass die für die vermisste Fragestellung ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse (hier: die Verantwortung des Angeklagten) in ihrem inneren Sinnzusammenhang in den Blick zu nehmen sind (RIS Justiz RS0120766 [insb T6]). Nach Maßgabe dieser Prämisse darf die weitere Aussage des Angeklagten nicht außer Acht gelassen werden, wonach er mit der Waffe in der Hand das Opfer im Zuge einer „Rangelei“ „geschubst“ und dieses ihn (erst) attackiert habe, nachdem sich der Schuss bereits gelöst hatte (ON 147, 20).

[6] Davon abgesehen zeigt sie keine Verfahrensergebnisse auf, die das Vorliegen einer Notwehrsituation zum Tatzeitpunkt, nämlich das Bestehen eines gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriffs auf ein notwehrfähiges Rechtsgut des Angeklagten, – und damit die begehrte Zusatzfragestellung – nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung ernsthaft indizieren würden (RIS Justiz RS0100860 [T1], RS0132634).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1, § 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO).

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