JudikaturOGH

10ObS32/24i – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Mai 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Deimbacher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Sylvia Zechmeister (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei V*, vertreten durch Mag. Sabine Zambai, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Pensionsbonus, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 27. Februar 2024, GZ 8 Rs 82/23x 19, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin ist geschieden und bezieht seit 1. 1. 2022 eine Alterspension. Ihr Gesamteinkommen im Sinn des § 299a Abs 8 ASVG betrug im Jahr 2023 1.271,91 EUR brutto (monatlich). Die Klägerin hat zum 1. 3. 2023 464 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben. Sie hat zu diesem Zeitpunkt weitere 12 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Teilversicherung (APG) erworben, und zwar – nach dem unstrittigen Inhalt der Beilage ./6 – 2 Monate des Krankengeldbezugs und 10 Monate des Arbeitsgeldbezugs von März bis Dezember 2021. Insgesamt erwarb die Klägerin 493 Versicherungsmonate. Zwischen Dezember 1981 und Dezember 1990 erwarb die Klägerin gesamt 17 Monate an Ersatzzeiten aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld.

[2] Mit Bescheid vom 17. 3. 2023 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Klägerin vom 30. 1. 2023 auf Gewährung des „Ausgleichszulagen /Pensionsbonus“ ab.

[3] Mit ihrer gegen diesen Bescheid gerichteten Klage begehrt die Klägerin die Zuerkennung des Pensionsbonus gemäß § 299a ASVG aufgrund ihres Antrags vom 30. 1. 2023. Sie macht insbesondere geltend, dass auch die Ersatzzeiten für die Bejahung des Anspruchs zu berücksichtigen seien.

[4] Die Beklagte wandte ein, dass die Klägerin nicht zumindest 480 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit bis zum Stichtag erworben habe.

[5] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

[6] In ihrer gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts gerichteten außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[7] 1. Mit dem Bundesgesetz BGBl I 2019/84 wurde mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2020 (§ 726 Abs 1 ASVG) in § 299a ASVG ein neuer Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus für langzeitversicherte Personen eingeführt (vgl dazu 10 ObS 83/21k = DRdA 2022/16 [ Pfeil ]). Der hier unstrittig anwendbare § 299a ASVG lautet auszugsweise:

„… (3) Langzeitversicherten Personen gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus), wenn sie

1. bis zum Stichtag (§ 223 Abs 2) mindestens 480 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben haben und

2. ihr Gesamteinkommen (Abs. 8) 1.443,23 EUR [Anm.: für 2023] nicht übersteigt.

(7) Als Beitragsmonate auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach Abs 1 Z 1, Abs 3 Z1 und Abs 5 Z 1 gelten auch

1. bis zu zwölf Versicherungsmonate für Zeiten eines Präsenz oder Zivildienstes (§§ 8 Abs 1 Z 2 lit. d und e oder 227 Abs 1 Z 7 und 8 dieses Bundesgesetzes oder §§ 3 Abs 3 Z 1 und 2 oder 116 Abs 1 Z 3 GSVG oder §§ 4a Abs 1 Z 1 und 2 oder 107 Abs 1 Z 3 BSVG),

2. bis zu 60 Versicherungsmonate für Zeiten der Kindererziehung (§§ 8 Abs 1 Z 2 lit g, 227a oder 228a dieses Bundesgesetzes oder §§ 3 Abs 3 Z 4, 116a oder 116b GSVG oder §§ 4a Abs 1 Z 4, 107a oder 107b BSVG), wenn sie sich nicht mit Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit decken. …“

[8] 2.1 Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RS0042656). Das ist hier der Fall:

[9] 2.2 Beitragsmonate im Sinn des § 299a Abs 3 Z 1 ASVG sind, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, nur solche Beitragsmonate der Pflichtversicherung, die aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (vgl § 225 ASVG; § 3 Abs 1 Z 1 APG). Darunter fallen Zeiten des Bezugs einer Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung weder nach der Rechtslage vor dem 1. 1. 2005 noch nach der seither geltenden Rechtslage.

[10] 2.3 Zeiten des Bezugs einer Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung, die nach dem 31. 12. 1955 und vor dem 1. 1. 2005 liegen, sind gemäß § 227 Abs 1 Z 5 ASVG Ersatzzeiten. Die von der Klägerin zwischen Dezember 1981 und Dezember 1990 erworbenen Ersatzzeiten können schon deshalb nicht – auch nicht im Weg einer Analogie – als „Beitragsmonate“ im Sinn des § 299a Abs 3 Z 1 ASVG angesehen werden, weil der Gesetzgeber in § 299a Abs 7 ASVG bewusst die Entscheidung getroffen hat, nur bestimmte weitere Versicherungszeiten (Ersatzzeiten) den Beitragsmonaten nach § 299a Abs 3 Z 1 ASVG gleichzustellen. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof eine Verfassungswidrigkeit des § 156a Abs 7 GSVG – der Parallelbestimmung zu § 299a Abs 7 ASVG – verneint hat (G 348/2021 22), sodass auf die verfassungsrechtlichen Bedenken der Revisionswerberin im Zusammenhang mit dieser Bestimmung nicht näher eingegangen werden muss.

[11] 2.4 Zeiten des Bezugs einer Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung sind seit dem 1. 1. 2005 Zeiten der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit b ASVG. Solche Zeiten sind ebenfalls keine Zeiten einer Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit im Sinn des § 3 Abs 1 Z 1 APG, sondern „Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g, j und k ASVG, nach § 3 Abs 3 GSVG, nach § 4a BSVG und nach Art II Abschnitt 2a AlVG, für die der Bund, das Bundesministerium für Landesverteidigung, das Arbeitsmarktservice oder ein öffentlicher Fonds Beiträge zu zahlen hat“ gemäß § 3 Abs 1 Z 2 APG. Diese Zeiten der Teilversicherung sind daher ebenso wenig für den Pensionsbonus anspruchsbegründend wie die von der Klägerin früher erworbenen Ersatzzeiten infolge des Bezugs von Arbeitslosengeld, sodass die von der Klägerin erkennbar in diesem Zusammenhang behauptete Gleichheitswidrigkeit auch aus diesem Grund nicht vorliegt.

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