JudikaturOGH

7Nc9/24v – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. April 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und den Hofrat Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Mag. Malesich als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen A* S*, geboren am * 2013, *, vertreten durch die Mutter S* S*, vertreten durch Dr. Hagen Nagler, Rechtsanwalt in Feldbach, wegen der Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach vom 26. Jänner 2024, GZ 12 Pu 107/17d 70, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung dieser Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Floridsdorf wird genehmigt.

Text

Begründung:

[1] Die Minderjährige wohnte mit ihrer Mutter im Sprengel des Bezirksgerichts Feldbach.

[2] Zuletzt nahm das Bezirksgericht Feldbach mit Beschluss vom 10. 5. 2021 die Zurückziehung des Antrags der Mutter auf Unterhaltserhöhung vom 10. 3. 2021 und jenes des Vaters auf Unterhaltsherabsetzung vom 8. 4. 2021 zur Kenntnis.

[3] Am 18. 1. 2024 stellte die Minderjährige einen Antrag auf Unterhaltserhöhung beim Bezirksgericht Floridsdorf. Gleichzeitig teilte sie mit, dass sich ihr nunmehriger gewöhnlicher Aufenthalt im Sprengel des Bezirksgerichts Floridsdorf befinde und dieses für den von ihr geltend gemachten Unterhaltsanspruch zuständig sei. Da sie sich aber weiterhin regelmäßig in Feldbach aufhalte, wo auch der mit Vollmacht ausgewiesene Rechtsvertreter seinen Kanzleisitz habe, werde im Sinn des § 111 JN beantragt, die Zuständigkeit an das Bezirksgericht Feldbach zu übertragen.

[4] Das Bezirksgericht Feldbach übertrug mit Beschluss vom 26. 1. 2024 die Zuständigkeit für die Pflegschaftssache der Minderjährigen an das Bezirksgericht Floridsdorf. Der Übertragungsbeschluss wurde den Parteien zugestellt und ist rechtskräftig.

[5] Mit Verfügung vom 5. März 2024 retournierte das Bezirksgericht Floridsdorf den Akt dem Bezirksgericht Feldbach mit dem Bemerken, dass eine Übernahme der Pflegschaftssache abgelehnt werde, weil über den Antrag vom 18. 1. 2024 hinsichtlich der Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Feldbach nicht entschieden worden sei.

[6] Das Bezirksgericht Feldbach übermittelte mit Verfügung vom 14. 3. 2024 den Akt mit dem Hinweis auf den rechtskräftigen Übertragungsbeschluss vom 26. 1. 2024, der die Entscheidung über den Antrag vom 18. 1. 2024 hinsichtlich der Übertragung der Zuständigkeit darstelle, neuerlich an das Bezirksgericht Floridsdorf.

Rechtliche Beurteilung

[7] Das Bezirksgericht Floridsdorf legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 111 JN vor.

[8] 1.1 Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Minderjährigen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird.

[9] 1.2 Ausschlaggebendes Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache für Minderjährige ist immer das Kindeswohl (RS0047074). Nach ständiger Rechtsprechung wird der pflegschaftsgerichtliche Schutz in der Regel am Besten durch das Gericht gewährleistet, in dessen Sprengel sich das Kind aufhält (RS0047300 uva).

[10] 1.3 Offene Anträge sprechen nicht grundsätzlich gegen eine Zuständigkeitsübertragung, es sei denn, dem übertragenden Gericht käme zur Entscheidung eine besondere Sachkenntnis zu (RS0047032).

[11] 2.1  Letzteres trifft im vorliegenden Fall nicht zu, weil das übertragende Gericht im Zusammenhang mit dem erst kürzlich gestellten Unterhaltserhöhungsantrag bislang keine Beweisaufnahmen durchgeführt hat.

[12] 2.2 Es hat daher bei der allgemeinen Regel zu bleiben, dass das Naheverhältnis zwischen Pflegebefohlenem und Gericht von wesentlicher Bedeutung und daher das Gericht besser geeignet ist, in dessen Sprengel die Minderjährige ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Ort des Sitzes des Rechtsvertreters ist in diesem Zusammenhang nicht von Belang.

[13] Wegen der Verlegung des ständigen Aufenthalts der Minderjährigen in den Sprengel des Bezirksgerichts Floridsdorf entspricht die Übertragung der Zuständigkeit an dieses ihrem Wohl. Der entsprechende Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach ist daher zu genehmigen.

Rückverweise