Der Oberste Gerichtshof hat am 12. März 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Drach als Schriftführerin in der Strafsache gegen * K* wegen des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach §§ 15, 228 Abs 1 StGB, AZ 7 U 165/21v des Bezirksgerichts Innsbruck, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 18. Februar 2022 (ON 38) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Oberstaatsanwalt Dr. Sprajc, zu Recht erkannt:
In der Strafsache AZ 7 U 165/21v des Bezirksgerichts Innsbruck verletzt das Urteil vom 18. Februar 2022 (ON 38) § 228 Abs 1 StGB.
Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:
* K* wird gemäß § 259 Z 3 StPO vom Vorwurf freigesprochen, sie habe am 20. April 2021 in I* bei der dortigen Fahrschule Kl*, indem sie sich während ihrer Führerscheinprüfung die Antworten der Prüfungsfragen unter Verwendung einer funktechnischen Einrichtung von einem Außenstehenden über Kopfhörer einsagen ließ, zu bewirken versucht, dass gutgläubig eine Tatsache, nämlich die Befähigung zum Antritt der praktischen Führerscheinprüfung (Fahrprüfung) aufgrund einer erfolgreich und regulär bestandenen theoretischen Führerscheinprüfung, in einer inländischen öffentlichen Urkunde, nämlich im Führerscheinregister, beurkundet wird, wobei sie mit dem Vorsatz handelte, dass die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis „des Rechtes, nämlich dem Nachweis der Befähigung zum Antritt zur praktischen Führerscheinprüfung (Fahrprüfung) gebraucht“ werde.
Gründe:
[1] Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 18. Februar 2022, GZ 7 U 165/21v 38, wurde * K* wegen des nun vom Freispruch umfassten Vorwurfs des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung (erg: oder Beglaubigung) nach §§ 15, 228 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt.
[2] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt der Schuldspruch das Gesetz:
[3] Eine mittelbare unrichtige (hier:) Beurkundung verantwortet, wer mit dem in § 228 Abs 1 StGB umschriebenen erweiterten Vorsatz (vgl Kienapfel/Schroll in WK² StGB § 228 Rz 30 ff) bewirkt, dass gutgläubig ein Recht, ein Rechtsverhältnis oder eine Tatsache in einer inländischen öffentlichen Urkunde unrichtig beurkundet wird.
[4] Das Führerscheinregister (§§ 16 ff FSG) dient der automationsunterstützten V erarbeitung von Daten (zum auf eine schriftliche Verkörperung von Gedankenerklärungen abstellenden Urkundenbegriff sowie zur Einordnung der elektronischen Erstellung von Gedankenerklärungen und EDV-Ausdrucken hievon siehe Jerabek/Ropper in WK² StGB § 74 Rz 46, 48 und Kienapfel/Schroll in WK² StGB § 223 Rz 19, 23 f) für Zwecke der Vollziehung des Führerscheingesetzes wie der Erteilung einer Lenkberechtigung und auch der Durchführung sonstiger Verfahren in Führerscheinangelegenheiten (vgl § 16 Abs 1 FSG).
[5] Unter anderem wird in diesem Register eingetragen, ob der Antragsteller zur theoretischen und praktischen Fahrprüfung für die betreffende Klasse angetreten ist und diese bestanden hat oder nicht (§ 16a Abs 1 Z 2 lit j FSG ) .
[6] Die „Befähigung zum Antritt zur praktischen Fahrprüfung aufgrund einer erfolgreich und regulär bestandenen theoretischen Führerscheinprüfung“ wird damit nicht bescheinigt, sondern bloß der Umstand des Antritts zur Prüfung und deren Erfolg. In der Eintragung dieser Daten (und in einem allfälligen EDV-Ausdruck derselben ) steckt allenfalls die (konkludente) Erklärung, dass die eintragende Stelle keine Wahrnehmungen zu unsaubere r Prüfungsablegung gemacht hat bzw ih r keine „Schwindeleien“ bekannt sind (vgl Schwaighofer , Schwindeleien bei Prüfungen – gerichtlich strafbar? JSt 2021, 364) .
[7] Schon aus diesem Grund hätte das konstatierte Verhalten nicht § 228 Abs 1 StGB unterstellt werden dürfen. Weil der gegenständliche Sachverhalt aber auch keiner anderen strafbaren Handlungen subsumiert werden kann (zum Ganzen instruktiv 13 Os 43/23g, 11 Os 51/23v), w ar die Feststellung dieser Gesetzesverletzung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen, das angefochtene Urteil aufzuheben und ein Freispruch zu fällen.
[8] Vom aufgehobenen Urteil rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten gleichermaßen als beseitigt (RIS Justiz RS0100444).
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