15Os12/24i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Novak in der Medienrechtssache des Antragstellers * N* gegen die Antragsgegnerin * E* wegen §§ 33 Abs 2, 34 Abs 3 MedienG, AZ 5 Hv 20/23t des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 21. Dezember 2023, AZ 8 Bs 158/23f, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Artner, sowie des Antragstellervertreters, Mag. Garn LL.M., zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 21. Dezember 2023, AZ 8 Bs 158/23f, verletzt § 37 Abs 1 und Abs 3 MedienG iVm § 34 Abs 3 MedienG.
Text
Gründe:
[1] In Bezug auf das von 24. Februar 2021 bis 26. Jänner 2023 auf der Facebook-Seite der Antragsgegnerin * E* abrufbare und dem Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB zu unterstellende Posting mit dem Lichtbild des Antragstellers, des uniformierten Polizeibeamten * N*, und dem Begleittext „Lasst dieses Gesicht des Polizisten um die Welt gehen. Dieser Polizist eskalierte bei der Demo in Innsbruck. Ein 82 jähriger unschuldiger Mann wurde zu Boden gerissen, verhaftet, und Stundenlang verhört. Dieser Polizist ist schuldig“ begehrte d ieser die Einziehung durch Löschung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website gemäß § 33 Abs 2 MedienG und die Urteilsveröffentlichung gemäß § 34 Abs 3 MedienG sowie die Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren gemäß § 37 Abs 1 MedienG.
[2] Das Landesgericht für Strafsachen Graz wies mit Beschluss vom 15. Mai 2023, GZ 5 Hv 20/23t-10, den Einziehungsantrag gemäß § 485 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG – unter Einstellung des Verfahrens – zurück und den Antrag auf Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß § 37 Abs 1 MedienG ab.
[3] Der dagegen eingebrachten Beschwerde (ON 11) des Antragstellers gab das Oberlandesgericht Graz als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 21. Dezember 2023, AZ 8 Bs 158/23f (ON 13), in der Weise Folge, dass es den angefochtenen Beschluss aufhob und dem Erstgericht im Umfang des Antrags gemäß § 33 Abs 2 MedienG die Fortsetzung des Verfahrens auftrug und in Ansehung des Antrags gemäß § 37 Abs 1 MedienG die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwies.
[4] Dabei stellte es – soweit hier von Bedeutung – klar, dass der Ansicht des Erstgerichts zuwider das Verstreichen eines längeren Zeitraums seit der letztmaligen Verbreitung der inkriminierten Äußerung der Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete (hier: selbständige Einziehungs-)Verfahren (gemäß § 33 Abs 2 MedienG) nicht entgegenstehe, und führte (unter Hinweis auf Heindl in Berka/Heindl/Höhne/Koukal , MedienG 4 § 37 Rz 4a [zur Rechtslage vor dem HiNBG BGBl I 2020/148]) überdies rechtlich aus, ein Vorgehen nach § 37 Abs 1 (richtig:) MedienG wäre in zeitlicher Hinsicht lediglich durch die Verjährung der Strafbarkeit des Medieninhaltsdelikts begrenzt (BS 3).
Rechtliche Beurteilung
[5] Die im genannten Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vertretene Rechtsansicht, wonach die Verjährung der Strafbarkeit des Medieninhaltsdelikts der Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über ein darauf bezogenes Verfahren gemäß § 37 Abs 1 MedienG entgegenstünde, steht – wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang:
[6] Gemäß § 37 Abs 1 MedienG hat das Gericht auf Antrag des (hier) Antragstellers in einem selbständigen Verfahren mit Beschluss die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren anzuordnen, wenn anzunehmen ist, dass der objektive Tatbestand eines Medieninhaltsdelikts hergestellt wurde. Die §§ 34 und 36 Abs 4 MedienG gelten dabei sinngemäß (§ 37 Abs 3 MedienG).
[7] § 34 Abs 3 MedienG sieht seit dem HiNBG BGBl I 2020/148 die Urteilsveröffentlichung in einem selbständigen Verfahren vor, wenn in einem Medium der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung hergestellt wurde und die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar ist, nicht beantragt oder nicht aufrechterhalten wird oder die Verurteilung aus Gründen nicht möglich ist, die eine Bestrafung ausschließen, etwa weil die Strafbarkeit der Tat verjährt ist. Damit wurde vom Gesetzgeber klargestellt, dass eine Urteilsveröffentlichung (wie auch eine Einziehung [§ 33 Abs 2 MedienG]) im selbständigen Verfahren und daher auch eine Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß § 37 Abs 1 MedienG selbst dann noch möglich ist, wenn die Strafbarkeit des Medieninhaltsdelikts nach § 32 MedienG oder allgemeinen Bestimmungen verjährt ist (EBRV 481 BlgNR 27. GP 3 und 22; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari , StGB 14 § 33 MedienG Rz 1 und § 34 MedienG Rz 5).
[8] Die im Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 21. Dezember 2023, AZ 8 Bs 158/23f (ON 13), vertretene Rechtsansicht, wonach die Verjährung der Strafbarkeit des Medieninhaltsdelikts der Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über ein darauf bezogenes Verfahren gemäß § 37 Abs 1 MedienG entgegenstünde, verletzt damit – wie im Spruch ersichtlich –das Gesetz.
[9] Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkt nicht zum Nachteil der Antragsgegnerin, weshalb ihre Feststellung nicht mit konkreter Wirkung zu verbinden war (§ 292 vorletzter Satz StPO iVm § 41 Abs 1 und Abs 6 MedienG).