7Ob24/24s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei V* AG, *, Deutschland, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger, Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 9.621,10 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 23. November 2023, GZ 1 R 217/23p 26, womit das Zwischenurteil des Bezirksgerichts Murau vom 2. Oktober 2023, GZ 2 C 324/22p 22, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.127,40 EUR (darin enthalten 187,90 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Der Kläger kaufte am 9. 8. 2012 ein Fahrzeug der Marke VW mit einem Dieselmotor des Typs EA 189, in dem eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut war. Im Oktober 2016 wurde am Fahrzeug des Klägers ein Software Update durchgeführt.
[2] Der Kläger begehrt wegen der – auch nach dem Software Update – weiterhin im Fahrzeug verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung Schadenersatz nach §§ 874, 1295 Abs 2 ABGB.
[3] Das Erstgericht verwarf den von der Beklagten erhobenen Verjährungseinwand mit Zwischenurteil gemäß § 393a ZPO. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision zu, weil sich – soweit hier von Interesse – aus der Entscheidung 6 Ob 160/21d ein gegenteiliger Standpunkt ergeben könnte.
Rechtliche Beurteilung
[4] Da die Beklagte in ihrer Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
[5] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen. Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt somit weg, wenn die erhebliche Rechtsfrage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde (RS0112769 [T9, T11, T12]).
[6] 2. Zu den Fällen der vorgeblichen Schadensbehebung durch das Software-Update hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst dargelegt, dass dann, wenn der Geschädigte annehmen darf, dass der aufgetretene Schaden (durch das von der Beklagten entwickelte Software Update) behoben ist, für ihn nicht der geringste Anlass zur Verfolgung von – für ihn rein hypothetischen – weiteren Ersatzansprüchen besteht, und zwar auch nicht in Form einer Feststellungsklage. Die Sachlage ist dann nicht anders, als wenn der Betroffene von einem – an sich vorhandenen – Schaden bisher überhaupt noch nicht Kenntnis erlangt hat. Es wäre nicht sinnvoll, dem Geschädigten zur Wahrung seiner Interessen die Klagserhebung aufzuerlegen, obwohl weitere Schadensfolgen nicht vorhersehbar sind und daher die Überzeugung gerechtfertigt erscheint, dass die Geltendmachung weiterer Ansprüche nicht in Betracht komme. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Geschädigte mit gutem Grund annehmen darf, dass der aufgetretene Schaden zur Gänze behoben ist. Soweit aus dem zu 6 Ob 160/21d entschiedenen Fall von der Beklagten Gegenteiliges abgeleitet wird, wird dem nicht beigetreten (6 Ob 181/23w Rz 14 f; 7 Ob 169/23p Rz 17; 9 Ob 33/23b Rz 24 f; 10 Ob 31/23s Rz 63 f).
[7] 3. Die Revision der Beklagten ist damit nicht (mehr) zulässig.
[8] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO; der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Der Kostenvorbehalt erfasst nur die vom Prozesserfolg in der Hauptsache abhängigen Kosten und steht der Kostenentscheidung im Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Revision nicht entgegen ( RS0129365 [T3] ).