3Ob212/23g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätin Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch MMag. Michael Harthaller, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch Dr. Robert Zauchinger, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen 52.796,40 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Oktober 2023, GZ 15 R 181/23g 35, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1.1. Die Vertragsauslegung ist nach ständiger Judikatur grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls (RS0044358). Dies gilt auch für die ergänzende Vertragsauslegung (RS0044358 [T41]).
[2] 1.2. Die ergänzende Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen, wonach die Rückzahlung der für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf der im Miteigentum der Parteien stehenden Liegenschaft Kredite mangels Verkaufs der Liegenschaft auch über den im Scheidungsvergleich hiefür festgesetzten Termin hinaus von beiden Parteien zu gleichen Teilen zu leisten sei, stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
[3] 1.3. Der Argumentation der Beklagten, es sei nicht einzusehen, warum sie die Hälfte der Kreditrückzahlungen übernehmen solle, ohne irgendeinen Nutzen daraus zu haben, ist zu erwidern, dass ihr Nutzen darin besteht, dass sie mittlerweile Hälfteeigentümerin einer unbelasteten Liegenschaft samt fertiggestelltem Haus ist.
[4] 2.1. Die Parteien hafteten für die von ihnen gemeinsam aufgenommenen Kredite solidarisch. Der Kläger, der die gesamte (restliche) Kreditschuld beglichen hat, hat gegenüber der Beklagten gemäß § 896 ABGB Anspruch auf Ersatz der Hälfte des von ihm geleisteten Betrags. Der Rückgriffsanspruch entsteht mit der Leistung, die über den vom Kläger im Verhältnis zur Beklagten zu tragenden Anteil hinausgeht (vgl RS0017581).
[5] 2.2. Der Regressanspruch ist ein selbständiger Anspruch (2 Ob 27/19p mwN = RS0122266 [T2]). Daraus leitet die ständige Rechtsprechung eine dreißigjährige Verjährungsfrist ab (vgl RS0017572). Eine kürzere Verjährungsfrist wird nur dann angenommen, wenn aufgrund des besonderen Verhältnisses der Mitschuldner ein Rückersatzanspruch (auch) als Schadenersatzanspruch (beispielsweise eines Auftraggebers gegen seinen Subunternehmer) zu beurteilen wäre, weil die Schädigung des Dritten gleichzeitig eine Vertragsverletzung gegenüber dem zahlenden Mitschuldner wäre (RS0017572 [T1]).
[6] 2.3. Von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung sind die Vorinstanzen nicht abgewichen, indem sie den Verjährungseinwand der Beklagten verneinten.