3Ob11/24z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W* W*, vertreten durch die Muhri Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten in Graz, gegen die verpflichtete Partei K* W*, vertreten durch Weinrauch Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 5.990 EUR sA, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 19. Oktober 2023, GZ 13 R 57/23i 15, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Güssing vom 7. Februar 2023, GZ 4 E 3031/22s 7, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
[1] Mit Beschluss vom 27. 12. 2022 bewilligte das Erstgericht der Betreibenden gegen den Verpflichteten im vereinfachten Bewilligungsverfahren aufgrund eines vollstreckbaren prätorischen Vergleichs zur Hereinbringung des rückständigen Unterhaltes in Höhe von 2.750 EUR (Jänner bis Juli 2022 jeweils 200 EUR pro Monat und August bis Dezember 2022 jeweils 270 EUR pro Monat) sowie des laufenden Unterhalts in Höhe von 270 EUR sA ab 1. 1. 2023 die Forderungsexekution nach § 294a EO.
[2] Der Vergleich enthält in Pkt 2. folgende Regelung zur Umstandsklausel:
„ Dieser Unterhaltsanspruch unterliegt der Umstandsklausel nur insoweit, dass sich der Beklagte verpflichtet, ungeachtet der Sach- und Rechtslage sowie ungeachtet geänderter Verhältnisse zumindest einen monatlichen starren Unterhalt in Höhe von 50 EUR zu bezahlen, sodass niemals ein geringerer Betrag als 50 EUR pro Monat von ihm zu leisten ist.“
[3] Gegen die Bewilligung der Gehaltsexekution erhob der Verpflichtete (unter anderen) Einspruch. Als Einspruchsgrund wurde geltend gemacht, dass der Exekutionstitel mit den im Exekutionsantrag enthaltenen Angaben nicht übereinstimme, weil dem Titel zu entnehmen sei, dass der Unterhaltsanspruch der (angeführten) eingeschränkten Umstandsklausel unterliege.
[4] Das Erstgericht gab dem Einspruch statt, stellte die Exekution gemäß § 54e Abs 1 Z 2 EO ein und hob alle schon vollzogenen Exekutionsakte auf. Die Betreibende habe die im Exekutionstitel vorhandene Nebenbestimmung, wonach der Unterhaltsanspruch der Betreibenden der eingeschränkten Umstandsklausel unterliege, nicht in ihrem Vorbringen im Exekutionsantrag angeführt, sodass sich der Exekutionsantrag nicht mit dem Inhalt des Exekutionstitels decke.
[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betreibenden Folge und änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass der Einspruch des Verpflichteten gegen die Exekutionsbewilligung abgewiesen wurde; die weiteren Aussprüche im angefochtenen Beschluss (insbesondere Einstellung der Exekution) wurden ersatzlos aufgehoben. Nach der Rechtsprechung sei das Exekutionsverfahren gemäß § 54e Abs 1 Z 2 EO unter anderem dann einzustellen, wenn die geschuldete Leistung nach dem Exekutionstitel von einer Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung abhänge und im Exekutionsantrag darauf nicht hingewiesen worden sei, weil es sich dabei um einen Umstand handle, der den betriebenen Anspruch im Sinn des § 7 Abs 1 EO umschreibe und auf den daher gemäß § 54b Abs 2 Z 1 EO im Exekutionsantrag hätte hingewiesen werden müssen. Dies gelte sinngemäß auch für sonstige Nebenbestimmungen, die im Exekutionstitel der geschuldeten Leistung beigesetzt seien, wie etwa Wertsicherungsklauseln (§ 8 Abs 2 EO). Bei der hier zu behandelnden Umstandsklausel handle es sich aber um keine derartige Nebenbestimmung, weil diese Klausel kein Umstand sei, der den betriebenen Anspruch im Sinn des § 7 Abs 1 EO umschreibe, zumal die tatsächlich in Exekution gezogenen Beträge durch den Exekutionstitel gedeckt seien und Unterhaltsregelungen stets der Umstandsklausel unterliegen würden. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob eine Umstandsklausel bzw ein Ausschluss derselben im Exekutionsantrag angeführt werden müsse, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
[6] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Verpflichteten, der auf eine Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzielt.
[7] Mit ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Betreibende, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
[8] Der ordentliche Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
[9] 1. Der Entscheidung des Erstgerichts (Einstellung der Exekution) liegt der Einspruch des Verpflichteten (§ 54c EO) gegen die Exekutionsbewilligung im vereinfachten Bewilligungsverfahren zugrunde. Die Vorinstanzen haben das Vorbringen des Verpflichteten zum Einspruchsgrund zutreffend dahin ausgelegt, dass sich der Verpflichtete damit auf den Umstand berufe, dass der Titel eine Einschränkung der – jeder Unterhaltsverpflichtung immanenten – Umstandsklausel im Sinn eines in jedem Fall geschuldeten monatlichen Mindestunterhalts enthalte.
[10] Im vorliegenden Verfahren ist nur dieser Einspruchsgrund zu prüfen.
[11] 2.1 Mit einem Einspruch nach § 54c EO kann (nur) geltend gemacht werden, dass ein die bewilligte Exekution deckender Exekutionstitel samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit fehlt, oder dass der Exekutionstitel nicht mit den im Exekutionsantrag enthaltenen Angaben darüber übereinstimmt (3 Ob 202/22k).
[12] Liegen die Voraussetzung für ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren nach § 54b Abs 1 EO vor, so muss der Exekutionsantrag zufolge § 54b Abs 2 Z 1 EO neben dem von § 54 Abs 1 EO geforderten Inhalt auch die Angaben des § 7 Abs 1 EO enthalten, also jene Angaben, die der Exekutionstitel zur Bezeichnung der Person des Berechtigten und des Verpflichteten sowie zur (bestimmten) Umschreibung der geschuldeten Leistung aufweist. Dazu zählt auch eine im Exekutionstitel allenfalls enthaltene Nebenbestimmung zur geschuldeten Leistung, wie eine Bedingung oder Befristung (§ 7 Abs 2 EO), eine mit dem Leistungsanspruch verbundene Verpflichtung zu einer Zug um Zug erbringenden Gegenleistung (§ 8 Abs 1 EO), eine Wertsicherungsklausel (§ 8 Abs 2 EO) oder ein Wahlrecht (§ 12 EO; 3 Ob 176/14z; vgl auch 3 Ob 265/03x). Eine solche Nebenbestimmung betrifft somit ein Mehr (zB Aufwertung), ein Weniger (zB Abwertung oder Einschränkung) oder eine Konkretisierung (zB Auswahl) der titelmäßig geschuldeten Leistung.
[13] Während § 54 Abs 1 Z 2 EO vom Betreibenden im Exekutionsantrag nur die bestimmte Angabe des betriebenen Anspruchs verlangt, ist nach § 54b Abs 2 Z 1 EO – erkennbar als Ersatz für den nicht vorzulegenden Titel – somit dessen wesentlicher Inhalt im Sinn des § 7 Abs 1 EO anzugeben (3 Ob 58/08p). Zweck dieser geforderten Angaben zum Exekutionstitel im Exekutionsantrag ist es vor allem, dem Gericht die Prüfung des Exekutionsantrags anhand des behaupteten Inhalts des Exekutionstitels zu ermöglichen (3 Ob 176/14z).
[14] 2.2 Weicht der betriebene Geldanspruch von dem im Exekutionstitel geschuldeten Betrag ab, so genügt es im vereinfachten Bewilligungsverfahren demnach im Allgemeinen nicht, Exekution zur Hereinbringung eines geringeren Betrags als den im Exekutionstitel genannten zu beantragen, vielmehr muss die Berechnung des konkret betriebenen Anspruchs nachvollziehbar dargelegt werden (vgl 3 Ob 58/08p; 3 Ob 176/14z). Dementsprechend muss aufgrund der Angaben im Antrag für das Gericht und den Verpflichteten ohne Zweifel nachprüfbar sein, wie die betriebene Forderung im Verhältnis zum Titel steht und wie sie sich errechnet. Wird vom Betreibenden aber etwa eindeutig kein Wertsicherungsbetrag gefordert, so muss im Exekutionsantrag auch eine im Titel vorgesehene Wertsicherungsklausel nicht angegeben werden, weil eine Negativbehauptung dahin, dass kein über den titelmäßig geschuldeten Betrag hinausgehender Betrag betrieben wird, weder von § 54 EO noch von § 54b Abs 2 EO gefordert wird (3 Ob 176/14z).
[15] 3.1 Für den Anlassfall folgt daraus, dass eine die titelmäßige Leistung auf- oder abwertende Klausel im Exekutionsantrag (nur) dann anzugeben ist, wenn sie sich konkret auf den betriebenen Betrag auswirkt.
[16] Hier hat die betreibende Partei im Exekutionsantrag den betriebenen rückständigen Unterhalt nach den jeweiligen monatlichen Unterhaltsbeträgen (je 200 EUR für Jänner bis Juli 2022 und je 270 EUR für August bis Dezember 2022) aufgeschlüsselt und den betriebenen laufenden Unterhalt mit monatlich 270 EUR ab Jänner 2023 angegeben. Die betriebenen monatlichen Beträge liegen jeweils über dem in der „Umstandsklausel“ des zugrunde liegenden Exekutionstitels festgelegten monatlichen Mindestunterhalt. Die als Einspruchsgrund geltend gemachte Einschränkung der Umstandsklausel wirkt sich auf die konkret betriebenen Ansprüche daher nicht aus, weshalb ihr zur Berechnung der Ansprüche auch keine Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund musste diese „Klausel“ im Exekutionsantrag nicht angeführt werden.
[17] Auf andere Einspruchsgründe hat sich der Verpflichtete nicht gestützt.
[18] 3.2 Die Entscheidung des Rekursgerichts entspricht den dargelegten Rechtsgrundsätzen und ist daher nicht zu beanstanden. Dem Revisionsrekurs des Verpflichteten war daher nicht Folge zu geben.
[19] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO. Das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen ist – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – nach wie vor einseitig. Eine dennoch erstattete Revisionsrekursbeantwortung ist zwar mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen, sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw -verteidigung und ist daher nicht zu honorieren (RS0118686 [T11, T12]).