JudikaturOGH

13Ns107/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Februar 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Flickinger in der Strafvollzugssache des * P*, AZ 21 Ns 2/23t des Landesgerichts Feldkirch, in dem zwischen diesem Gericht und dem Landesgericht für Strafsachen Wien (zum AZ 183 Ns 20/23h) geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Entscheidung über den nachträglichen Aufschub des Strafvollzugs nach § 133 StVG kommt dem Landesgericht Feldkirch als Vollzugsgericht zu.

Text

Gründe:

[1] Mit – unangefochten in Rechtskraft erwachsenem – Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 6. Juli 2023, AZ 21 Hv 48/23m, wurde der zu diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Feldkirch angehaltene (vgl ON 147 in AZ 21 Hv 48/23m des Landesgerichts Feldkirch) * P* eines Verbrechens schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt (ON 158 S 4 f in AZ 21 Hv 48/23m des Landesgerichts Feldkirch).

[2] Am 6. Juli 2023 ordnete die Vorsitzende den Strafvollzug an, worauf * P* um 14:15 Uhr in der Justizanstalt Feldkirch in Strafhaft übernommen wurde (ON 152.1 in AZ 21 Hv 48/23m des Landesgerichts Feldkirch).

[3] Seit 2. August 2023 wird die Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Wien Josefstadt (Wilhelmshöhe) vollzogen (ON 174.1 und ON 177.1 jeweils in AZ 21 Hv 48/23m des Landesgerichts Feldkirch).

[4] Mit – unangefochten in Rechtskraft erwachsenem – Beschluss vom 9. Oktober 2023 wies die Vorsitzende des Schöffengerichts den noch vor der Urteilsverkündung am 6. Juli 2023 gestellten Antrag des * P* auf Aufschub des Strafvollzugs wegen Vollzugsuntauglichkeit nach § 5 StVG (ON 2 S 19 in AZ 21 Ns 2/23t des Landesgerichts Feldkirch) ab (ON 5.2 in AZ 21 Ns 2/23t des Landesgerichts Feldkirch).

[5] Sodann veranlasste die Vorsitzende die Übermittlung des Aktes an das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht zur Entscheidung über den „Antrag des Strafgefangenen * * P* nach § 133 StVG“ (ON 1.1 in AZ 21 Ns 2/23t des Landesgerichts Feldkirch).

[6] Das Landesgericht für Strafsachen Wien verfügte am 15. November 2023 „zuständigkeitshalber“ die Rückabtretung des Aktes an das Landesgericht Feldkirch (ON 1.4 in AZ 183 Ns 20/23h des Landesgerichts für Strafsachen Wien).

[7] Dieses übermittelte den Akt am 17. November 2023 neuerlich dem Landesgericht für Strafsachen Wien mit der Begründung, dass der Antrag gemäß § 5 StVG abgewiesen worden ist, jedoch ein nachträglicher Strafaufschub wegen Vollzugsuntauglichkeit nach § 133 StVG zu prüfen sei, über den gemäß §§ 16 Abs 2 Z 9, 133 Abs 3 StVG das Landesgericht für Strafsachen Wien als örtlich zuständiges Vollzugsgericht zu entscheiden habe (ON 5.1 in AZ 21 Ns 2/23t des Landesgerichts Feldkirch).

[8] Am 20. November 2023 stellte das Landesgericht für Strafsachen Wien den Akt dem Landesgericht Feldkirch mit dem Bemerken zurück, dass eine neuerliche Rückabtretung gesetzlich nicht vorgesehen sei (ON 1.5 in AZ 21 Ns 2/23t des Landesgerichts Feldkirch).

[9] Das Landesgericht Feldkirch bezweifelte (weiterhin) seine Zuständigkeit und legte mit Verfügung vom 6. Dezember 2023 die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts vor (ON 6 in AZ 21 Ns 2/23t des Landesgerichts Feldkirch).

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

[10] Bei der Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit mehrerer in Betracht gezogener Gerichte kommt es auf den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens an (RIS Justiz RS0087500 [T2]; Drexler/Weger , StVG 5 § 16 Rz 3; Pieber in WK 2 StVG § 16 Rz 7).

[11] Nach der Aktenlage wertete das Landesgericht Feldkirch den noch vor der Verurteilung gestellten Antrag nach § 5 StVG eventualiter als Anregung eines amtswegigen Vorgehens nach § 133 StVG, womit das diesbezügliche Verfahren als im Zeitpunkt des Vollzugsbeginns eingeleitet anzusehen ist (vgl Pieber in WK 2 StVG § 133 Rz 9).

[12] Der Strafvollzug beginnt bei sich bereits in Untersuchungshaft in der für die Einleitung des Vollzugs zuständigen Justizanstalt (vgl § 9 Abs 1 zweiter Halbsatz, Abs 3 letzter Satz StVG) befindlichen Verurteilten mit deren Übernahme in Strafhaft (§ 3 Abs 4 erster Satz StVG).

[13] Aufgrund des nach der Aktenlage in der Justizanstalt Feldkirch begonnenen Strafvollzugs ist – wie auch die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – zur Entscheidung über den nachträglichen Aufschub des Strafvollzugs nach § 133 StVG das Landesgericht Feldkirch als Vollzugsgericht (§ 9 Abs 1 zweiter Satz, Abs 3 letzter Satz StVG, § 16 Abs 1 erster Satz StVG) zuständig.

Rückverweise