JudikaturOGH

2Ob153/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende und durch die Hofräte und die Hofrätin MMag. Sloboda, Dr. Thunhart, Dr. Kikinger und Mag. Waldstätten als weitere Richter in der Ablehnungssache des Antragstellers I*, vertreten durch Dr. Alexandra Eder, Rechtsanwältin in Innsbruck, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts * vom 7. Juli 2023, GZ 8 Nc 7/23h 9, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss, soweit er sich auf

1. den Richter des Oberlandesgerichts *;

2. den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts *;

3. den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts *;

4. den Richter des Oberlandesgerichts *;

5. den Präsidenten des Oberlandesgerichts *;

6. den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts * (iR) * sowie

7. den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts *;

bezieht, als ersatzlos nichtig behoben.

Im Übrigen, sohin hinsichtlich

8. der Richterin des Oberlandesgerichts *,

wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller hat die Kosten des Ablehnungsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Der Antragsteller wurde in einem Verfahren vor dem Landesgericht * mittels Versäumungsurteil zur Zahlung verpflichtet. Während die dortige Klägerin am Bezirksgericht * ein Exekutionsverfahren einleitete, erhob der Antragsteller beim Landesgericht * eine Wiederaufnahme- und Nichtigkeitsklage.

[2] Am 4. 4. 2023 richtete der Antragsteller sowohl an das Landesgericht, als auch das Oberlandesgericht * als „Antragsteller – Wiederaufnahmskläger – Verpflichteter“ einen „Antrag auf Aufhebung nichtiger Entscheidungen“ sowie einen Ablehnungsantrag betreffend sieben näher genannte, am Oberlandesgericht * tätige Richter und fünf konkrete Verfahren, an denen diese mitgewirkt hatten (ua ein Rechtsmittelverfahren zu seiner Wiederaufnahme- und Nichtigkeitsklage).

[3] Diesen Antrag brachte er einerseits direkt beim Oberlandesgericht * ein, das ihn mit Beschluss vom 11. 4. 2023 zu 8 Nc 6/23m zurückwies. Begründend wurde festgehalten, dass die pauschale und auf bloße Mutmaßungen gestützte Ablehnung nicht den von Gesetz und ständiger Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen entspreche und im Übrigen eine Befangenheit nach Rechtskraft der jeweiligen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden könne. Einer der abgelehnten Richter befinde sich zudem bereits im Ruhestand.

[4] Einem Rekurs des Antragstellers gegen diese Entscheidung wurde mit Beschluss des Senats vom 25. 7. 2023 zu 2 Ob 96/23s nicht Folge gegeben, sodass die Zurückweisung in Rechtskraft erwuchs.

[5] Andererseits brachte der Antragsteller diesen Schriftsatz auch beim Landesgericht * ein, wo er seinem Wiederaufnahme- und Nichtigkeitsverfahren bzw dem sich darauf beziehenden Rechtsmittelverfahren 1 R 139/22h des Oberlandesgerichts * zugeordnet und dort zu 8 Nc 7/23h neu erfasst wurde.

[6] Mit Beschluss vom 31. 5. 2023 (8 Nc 7/23h 4) wurde dem Antragsteller aufgetragen, seine Eingabe durch Klarstellung zu verbessern, ob er auch eine weitere, im Vorbringen, aber nicht in den Anträgen genannte Richterin des Oberlandesgerichts * ablehne, woraufhin er beides entsprechend ergänzte.

[7] Mit dem angefochtenen Beschluss vom 7. 7. 2023 zu 8 Nc 7/23h 9 wies das Oberlandesgericht * den (verbesserten) Ablehnungsantrag hinsichtlich dieser Richterin und der übrigen sieben Richter als unbegründet zurück. Ein Teil der Verfahren, ua jenes betreffend die in der Verbesserung genannte Richterin, sei bereits rechtskräftig beendet, sodass eine Ablehnung der Entscheidungsorgane gemäß ständiger Rechtsprechung keinesfalls mehr in Betracht komme. Hinsichtlich der ebenfalls abgelehnten Mitglieder des Ablehnungssenats des Oberlandesgerichts * im Zusammenhang mit dem Verfahren 8 Nc 2/23y sei weder aus dem Antrag vom 4. 4. 2023, noch aus dem (mit der Verbesserung vorgelegten) Rekurs des Antragstellers gegen den dort gefassten Beschluss ein konkreter und nicht verfristeter Befangenheitsgrund ersichtlich. Wegen der offenkundigen Unbegründetheit sei die Einholung von Stellungnahmen aller Betroffenen sowie die Einbeziehung der Prozessgegnerin nicht erforderlich.

[8] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Antragstellers wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss „aufzuheben und abzuändern“. Einerseits solle dieser, soweit er sich nicht auf die Richterin des Oberlandesgerichts * beziehe, als nichtig ersatzlos behoben werden, andererseits solle er dahin abgeändert werden, die an den fünf Verfahren beteiligten Richter (mit Ausnahme des bereits in den Ruhestand übergetretenen) sowie die Richterin des Oberlandesgerichts * für befangen zu erklären und jene Beschlüsse, an denen diese mitgewirkt hatten, als nichtig aufzuheben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag im Sinn einer Rückverweisung zur neuerlichen Entscheidung gestellt.

Rechtliche Beurteilung

[9] Der Rekurs ist berechtigt, soweit er eine Nichtigkeit hinsichtlich der im Antrag vom 4. 4. 2023 genannten sieben Richter geltend macht.

[10] Im Übrigen, sohin hinsichtlich der in der Verbesserung genannten Richterin, ist er nicht berechtigt.

[11] 1. Zutreffend weist der Rekurswerber darauf hin, dass über seinen Antrag vom 4. 4. 2023 vom Oberlandesgericht * bereits zu 8 Nc 6/23m entschieden worden war und dieser Beschluss zwischenzeitig in Rechtskraft erwuchs.

[12] Sowohl die Streitanhängigkeit als auch die Rechtskraft bewirken ein Prozesshindernis für die neuerliche Geltendmachung desselben Anspruchs (RS0039233, RS0041115, RS0041896), das in jeder Lage des Verfahrens Ob15– auch von Amts wegen – wahrgenommen werden muss und zur Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung führt (vgl RS0041942, RS0042973) .

[13] Da in concreto nicht zwei Anträge eingebracht wurden, von denen einer als unzulässig zurückzuweisen gewesen wäre , sondern ein- und derselbe Antrag bloß zwei Geschäftszahlen erhielt und (erkennbar irrtümlich) mehrfach zum Gegenstand einer meritorischen Entscheidung gemacht wurde, genügt es hier, d en späteren Beschluss in diesem Umfang ersatzlos zu beheben.

[14] Ebensowenig muss das zu 8 Nc 7/23h durchgeführte Verfahren für nichtig erklärt werden. Vielmehr ist die auftragsgemäß erstattete Verbesserung als eigenständiger Ablehnungsantrag zu werten, über den das Oberlandesgericht * – mangels Identität des Begehrens – insofern zu Recht entschied.

[15] 2. Hinsichtlich der ergänzenden Ablehnung der Richterin des Oberlandesgerichts * kommt dem Rekurs keine Berechtigung zu.

[16] Der Antragsteller stützt seinen A ntrag insoweit auf den Umstand, dass diese Richterin als Vorsitzende des Rechtsmittelsenats zu 1 R 139/22h des Oberlandesgerichts * einem Rekurs gegen die Zurückweisung seiner Wiederaufnahme- und Nichtigkeitsklage nicht Folge gab und sodann auch einen mit einem Abänderungsantrag verbundenen ordentlichen Revisionsrekurs zurückwies. Für den zweiten Beschluss hätte sie – entgegen einer anderslautenden Auskunft und zumindest „sehenden Auges“ – als Beisitzer einen Richter beigezogen, den er in einem anderen Verfahren bereits seit Jahren ablehne. Der Antragsteller ortet insofern ein „Insidersystem“ und wider besseren Wissens konstruierte, rechtswidrige Entscheidungen zu seinen Lasten.

[17] In seinem Rekurs wiederholt er im Wesentlichen diese Vorwürfe, ohne sich jedoch mit der tragenden Begründung des angefochtenen Beschlusses auseinanderzusetzen, laut der eine Ablehnung nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens nicht mehr in Betracht kommt (stRsp RS0046032; 2 Ob 96/23s, 3 Ob 62/23y). Da das einzige von ihm in Bezug auf diese Richterin ins Treffen geführte Verfahren, nämlich über seine Wiederaufnahme- und Nichtigkeitsklage, schon nach seinem eigenen Vorbringen endgültig beendet ist, erübrigt sich daher ein inhaltliches Eingehen auf seine Vorwürfe.

[18] Dementsprechend geht auch die Verfahrensrüge ins Leere, mit der der Antragsteller einen Begründungsmangel wegen (angeblich) unzureichenden Eingehens auf die von ihm behaupteten Befangenheitsgründe geltend macht.

[19] 3. Wegen der offenkundigen Unbegründetheit des verbesserten Ablehnungsantrags konnte von der Einholung einer Rekursbeantwortung abgesehen werden (RS0126587 [T6]). Dies gilt auch für den aufhebenden Teil. Das Recht auf Erstattung einer Rechtsmittelbeantwortung ist kein Selbstzweck (vgl RS0122282). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Klägerin des (rechtskräftigen) Ausgangsverfahrens durch die ersatzlose Behebung der (irrtümlichen) neuerlichen Zurückweisung ein- und desselben Antrags beschwert wäre.

4. In Ablehnungsverfahren als Zwischenstreit kommt ein Kostenersatz in Betracht (RS0126588). Hier liegt aufgrund des rechtskräftigen Abschlusses des Ausgangsverfahrens kein Zwischenstreit vor. Die Kostenentscheidung gründet sich daher auf §§ 40, 50 ZPO.

Rückverweise