3Ob13/24v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Hintermeier Brandstätter Engelbrecht Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei f* GmbH, *, vertreten durch Waitz Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 180.322,11 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. November 2023, GZ 2 R 144/23w 31, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Steuerberater sind – ebenso wie Rechtsanwälte – Sachverständige im Sinn des § 1299 ABGB und unterliegen somit einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab (vgl RS0037133). Den Steuerberater treffen für seinen Mandanten Schutz-, Fürsorge- und Aufklärungspflichten. Da die Auskunfts und Fürsorgepflichten des Steuerberaters jedoch nicht überspannt werden dürfen, können von ihm nur der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die seine Fachgenossen gewöhnlich haben. Die Auskunfts und Fürsorgepflicht reicht nur soweit, als für den Steuerberater aus einem Fehlverhalten der Eintritt eines Schadens für seinen Mandanten bei gewöhnlichem Lauf der Dinge vorhersehbar ist (RS0026584 [T14]). Bei der Beurteilung besonderer Sorgfaltsmaßstäbe sind der konkrete Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalls maßgeblich, sie begründet daher regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RS0026584 [T17]).
[2] 2. Die Verneinung der Haftung der beklagten Steuerberaterin für den Schaden der Klägerin durch die Vorinstanzen ist keine aufzugreifende unrichtige Beurteilung:
[3] 2.1. Nach den Feststellungen wurde die Beklagte von der Klägerin weder bei Übernahme der Steuerberatung für die GmbH der Klägerin im Jahr 2012 noch im Zusammenhang mit der Veräußerung der Gesellschaftsanteile der Klägerin im Jahr 2020 darüber informiert, dass sie im Jahr 2000 ihr damaliges Einzelunternehmen in die neu gegründete GmbH eingebracht und dabei unbare Entnahmen von umgerechnet 1.672.000 EUR verrechnet hatte, was zu einer gestundeten Steuerschuld führte, die laut Feststellungsbescheid des Finanzamts bei einer Veräußerung der Geschäftsanteile schlagend werde.
[4] 2.2. Dass die Beklagte anlässlich der von der Klägerin beauftragten Prüfung des Abtretungsvertrags im Jahr 2020 nicht in das Firmenbuch Einsicht genommen hat, kann ihre Haftung nicht begründen. Entgegen der Behauptung der Klägerin hätte die Beklagte nämlich, worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat, bei einer Einsicht in das Firmenbuch nur den Umstand der Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH ersehen können, nicht aber auch irgendeinen konkreten Anhaltspunkt für eine möglicherweise im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Einbringung entstandene gestundete Steuerschuld, die erst bei einer Veräußerung der Geschäftsanteile relevant werden würde.
[5] 2.3. Die von der Klägerin vermisste Feststellung zur Frage, ob sich der Schadenseintritt durch ein Rechtsmittel gegen den Steuerbescheid hätte verhindern lassen, ist ohne Relevanz, weil feststeht, dass die Beklagte deshalb kein Rechtsmittel erhoben hat, weil die Klägerin nicht zum Erlag des von ihr hiefür geforderten Kostenvorschusses bereit war. Auch darauf, ob sich aus dem Steuerakt der Klägerin ein Hinweis auf die gestundete Steuerschuld ergeben hätte, kommt es nicht an, weil die Beklagte mangels jeglichen Anhaltspunkts für eine derartige Steuerschuld keine Veranlassung hatte, in den Steuerakt der Klägerin Einsicht zu nehmen.