5Ob210/23b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin C*, vertreten durch Häupl Rechtsanwälte GmbH in Nussdorf, wegen Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung ob der Liegenschaft EZ * KG *, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 27. September 2023, AZ 21 R 236/23i, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 20. Juli 2023, TZ 5055/2023, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft, die sie mit Kaufvertrag vom 19. Juli 2022 an zwei Käufer veräußerte. Vertragserrichterin war die nun als Vertreterin der Antragstellerin einschreitende Rechtsanwalts GmbH. Im Kaufvertrag heißt es unter Punkt 9. „Treuhänder Rangordnungserklärung“ wie folgt:
„9.1. Die verkaufende Partei erteilt hiermit ihre ausdrückliche Zustimmung, dass ob der Liegenschaft [...] die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung mit Rechtswirksamkeit auf die Dauer eines Jahres zu Gunsten der Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH, [...] als Treuhänder angemerkt wird.
9.2. [...]
9.3. Die verkaufende Partei verpflichtet sich rechtzeitig vor Ablauf der Rangordnung neuerlich eine Treuhänder Rangordnungserklärung beglaubigt zu unterfertigen.“
[2] Unter Punkt 11. „Vollmacht“ heißt es:
„11.1. Die Vertragsteile bevollmächtigen mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrags die Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH [...]
11.2. Mit Unterfertigung dieses Vertrags wird die bestellte Vertragserrichterin von den Vertragsteilen bevollmächtigt, beauftragt und ermächtigt, alles zur Verbücherung dieses Kaufvertrags Erforderliche vorzukehren, alle nötigen behördlichen Genehmigungen einzuholen, die Vertragsteile in allen behördlichen Verfahren zu vertreten, notwendige Abänderungen, Nachträge und Ergänzungen dieses Rechtsgeschäftes vorzunehmen und beglaubigt ausdrücklich im Sinne und in Form einer Selbstkontraktion im Namen aller Vertragsteile zu unterfertigen, zweckdienliche Erklärungen aller Art, auch Erklärungen nach den grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen und sonstiger verwaltungsrechtlicher Bestimmungen sowie Aufsandungserklärungen im Sinne der Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes 1955 abzugeben, Grundbuchsgesuche aller Art einzubringen und zu unterfertigen, auch wenn diese nicht zum Vorteil einer der Vertragsteile gereichen, insbesondere auch Grundbuchsgesuche auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung.
[...]“
[3] Zu TZ 5525/2022 ist die Rangordnung für die Veräußerung bis 22. Juli 2023 für die Treuhänderin ob der Liegenschaft der Antragstellerin angemerkt.
[4] Am 10. Juli 2023 beantragte die Antragstellerin unter Vorlage einer Rangordnungserklärung vom 21. Juni 2023 neuerlich die Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung zugunsten der Häupl Rechtsanwälte GmbH als Treuhänderin. Diese Rangordnungserklärung hat Dr. Heinz Häupl als deren Geschäftsführer im Vollmachtsnamen der Vertragsparteien gemäß Punkt 11. des Kaufvertrags beglaubigt unterfertigt.
[5] Das Erstgericht wies den Antrag unter Hinweis auf die Entscheidung 5 Ob 95/22i ab.
[6] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Dem Argument, die Antragstellerin habe eine „neue“ Rangordnungserklärung vorgelegt, hielt es entgegen, die in Punkt 11.2. des Vertrags enthaltene Bevollmächtigung und Beauftragung der Vertragserrichterin, alles zur Verbücherung des Vertrags erforderliche vorzukehren, stehe in einem Spannungsfeld zur Verpflichtung des Punkts 9.3. des Vertrags, wonach sich die Verkäuferin zur rechtzeitigen beglaubigten Unterfertigung einer neuerlichen Treuhänder Rangordnungserklärung verpflichtet habe. Die vorgelegte Urkunde sei in materiell rechtlicher Hinsicht daher nicht frei von Zweifel. Bei strenger Betrachtung der Vertragsbestimmungen könne zwar von einer Zustimmung der Verkäuferin zur Einbringung des Gesuchs auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung durch die Treuhänderin ausgegangen werden, nicht jedoch zur beglaubigten Unterfertigung einer Treuhänder Rangordnungserklärung an sich. Dies entspreche auch der vom Obersten Gerichtshof zu 5 Ob 95/22i vertretenen Auffassung, der Liegenschaftseigentümer könne die Entscheidung für eine grundbücherliche Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung nur für einen begrenzten Zeitraum wirksam treffen.
[7] Den Revisionsrekurs ließ es zu, weil die vertragliche Gestaltung hier anders als zu 5 Ob 95/22i sei. Ob eine solche Vertragsgestaltung Grundlage für eine neuerliche Rangordnungsanmerkung sein könne, sei für Treuhänder bei der Abwicklung von Liegenschaftsverkäufen von erheblicher Bedeutung.
[8] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, in dem sie die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Bewilligung ihres Anmerkungsantrags anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
[9] Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig, er kann keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[10] 1. Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf die Änderung (unter anderem) nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Das Grundbuchsgesuch kann daher nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt nicht nur in formeller Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch in materiell rechtlicher Hinsicht frei von Zweifeln ist (RIS Justiz RS0060878). Dem Grundbuchsgericht ist verwehrt, eine undeutliche und zu begründeten Zweifeln Anlass gebende Urkunde auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunde erweckte, nicht restlos beseitigte Zweifel haben vielmehr zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (RS0060573). Ob die dem Grundbuchsgesuch angeschlossenen Urkunden im Sinn des § 94 Abs 1 Z 3 GBG zu Zweifeln Anlass geben, ist eine Frage des Einzelfalls, die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufwerfen könnte, wenn dem Rekursgericht eine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0060573 [T18]; RS0060878 [T55]). Dies ist hier nicht der Fall. Auf die vom Rekursgericht als erheblich genannte Rechtsfrage kommt es für die rechtliche Beurteilung nicht an.
[11] 2. § 53 Abs 1 GBG berechtigt den Eigentümer, die bücherliche Anmerkung für eine beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung zu verlangen, um die bücherliche Rangordnung vom Zeitpunkt dieses Ansuchens für die infolge dieser Veräußerung oder Verpfändung einzutragenden Rechte zu begründen. Für die Bewilligung der Anmerkung der Rangordnung sind entweder (§ 53 Abs 3 GBG) die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschrift des Gesuchs des Eigentümers erforderlich oder aber (§ 53 Abs 4 GBG) die Vorlage einer besonderen Urkunde, in der der Eigentümer sein Einverständnis zur Anmerkung der beabsichtigten Veräußerung erklärt und seine Unterschrift gerichtlich oder notariell beglaubigt ist. Diesfalls bedarf das Gesuch selbst keiner beglaubigten Unterschrift.
[12] 3. In der Entscheidung 5 Ob 95/22i hatte der Fachsenat einen Antrag auf Eintragung einer Anmerkung der Rangordnung für eine beabsichtigte Veräußerung zu beurteilen, bei dem die im Sinn des § 53 Abs 4 GBG beigelegte Rangordnungserklärung auszugsweise wie folgt lautete:
„Ich (...) erteile hiermit meine ausdrückliche und unwiderrufliche Einwilligung und Ermächtigung, an den Treuhänder (...) im Eigentumsblatt der mir zur Gänze grundbücherlich zugeschriebenen Liegenschaft (...) die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und in der Folge jährlich vor Ablauf der jeweiligen Rangordnungsanmerkung eine neue Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung des oben genannten Vertragsgegenstandes jeweils zu Handen des Treuhänders (...) zu beantragen.“
[13] Dies hielt der erkennende Senat für unzulässig. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 53 Abs 4 GBG bedarf es für eine weitere neuerliche Rangordnungsanmerkung auf derselben Einlage einer eigenen neuen Rangordnungserklärung. Diese Regelung dient dem Schutz des Eigentümers vor wiederholter Verwendung der von ihm abgegebenen Rangordnungserklärung. Die Bewilligung eines Gesuchs auf Eintragung einer Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung auf der Grundlage einer bereits einmal für eine solche Anmerkung verwendeten Rangordnungserklärung kommt nicht in Betracht. Auf den in § 53 Abs 4 GBG vorgesehenen Schutz kann der Liegenschaftseigentümer nicht wirksam verzichten. Daran ist festzuhalten, der Sachverhalt hier ist aber – worauf das Rekursgericht zutreffend hinwies – etwas anders gelagert.
[14] 4. Die Antragstellerin legte nämlich – im Gegensatz zu dem zu 5 Ob 95/22i beurteilten Fall – eine „neue“ Rangordnungserklärung vor Ablauf der Jahresfrist der ursprünglichen Anmerkung vor. Unterfertigt wurde diese Rangordnungserklärung allerdings nicht von der Liegenschaftseigentümerin selbst, sondern von der Treuhänderin in deren Vollmachtsnamen unter Hinweis auf Punkt 11. des Kaufvertrags. Ob die der Vertragserrichterin in Punkt 11.2. erteilte Vollmacht sich aber tatsächlich auch auf die Unterfertigung einer Rangordnungserklärung im Sinn des § 53 Abs 4 GBG beziehen sollte, ist nach der im Einzelfall nicht korrekturbedürftigen Auffassung des Rekursgerichts nicht klar. Zwar ist die Vollmacht in Punkt 11.2. umfangreich ausgestaltet, sie nennt im Zusammenhang mit der Anmerkung der Rangordnung aber nur das Grundbuchsgesuch auf eine solche Anmerkung, nicht die Rangordnungserklärung selbst. Da sich in Punkt 9.3. die verkaufende Partei ausdrücklich verpflichtete, rechtzeitig vor Ablauf der Rangordnung neuerlich eine Treuhänder Rangordnungserklärung beglaubigt zu unterfertigen, kann dieser Umstand mit dem Rekursgericht durchaus so interpretiert werden, dass gerade die Abgabe einer (neuerlichen) Treuhänder Rangordnungserklärung nicht von der Vollmacht in Punkt 11.2. erfasst sein sollte. Ein solches Ergebnis wäre mit den Grundsätzen der Entscheidung 5 Ob 95/22i betreffend den Schutz des Liegenschaftseigentümers gut vereinbar und würde auf die vom Rekursgericht erwähnte höchstgerichtliche Judikatur (RS0019684; RS0059793) zur Zulässigkeit von In Sich Geschäften Bedacht nehmen. Jedenfalls ist die Bedeutung der Vertragsbestimmung betreffend Vollmacht an die Vertragserrichterin (auch) zur Abgabe einer Treuhänder Rangordnungserklärung aber auslegungsbedürftig und in materiell rechtlicher Hinsicht nicht frei von Zweifel. Bereits aus diesem Grund haben die Vorinstanzen das Grundbuchsgesuch zutreffend abgewiesen.
[15] 5. Die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe kann unterbleiben, weil die Wiederholung des Grundbuchsgesuchs aufgrund der vorgelegten Rangordnungserklärung nicht in Betracht kommt (RS0060544). Auf die vom Rekursgericht aufgeworfene Frage, ob ein Treuhänder aufgrund einer zweifelsfrei erteilten Vollmacht zur Abgabe einer Treuhänder Rangordnungserklärung eine neuerliche Anmerkung der Rangordnung beantragen könnte, kommt es für die rechtliche Beurteilung nicht an.
[16] 6. Damit war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).