JudikaturOGH

1Ob190/23g – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilprozessrecht
20. Dezember 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. R*, vertreten durch Dr. Herbert Tanzler und Dr. Ralph Mayer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 7.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 1. August 2023, GZ 14 R 100/23p-17, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 23. April 2023, GZ 67 Cg 28/22p-11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 626,60 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger begehrte im Anlassverfahren von einer OG und deren beiden persönlich haftenden Gesellschaftern in erster Linie die Zahlung von 15.000 EUR sA, weil dieser Betrag vom Bankkonto seiner verstorbenen Rechtsvorgängerin unter dem Titel „Privateinlage“ ins Vermögen der OG transferiert worden sei. Die Rückzahlung der Privateinlage werde ihm zu Unrecht verweigert. Die Klageforderung werde auf den Titel des durch die „Privateinlage“ begründeten Vertragsverhältnisses und alle sonst denkbaren Rechtsgründe gestützt.

[2] Das Erstgericht im Anlassverfahren stellte unter anderem fest, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers der OG bereits zwei Mal private Darlehen gewährt hatte, die „im Todesfall des Darlehensgebers nicht rückzahlbar“ waren. In weiterer Folge habe sie der OG erneut finanzielle Hilfe angeboten, was einer der beiden Gesellschafter angenommen habe. Daraufhin habe der von der Rechtsvorgängerin des Klägers insbesondere auch zur Vornahme von Bankgeschäften bevollmächtigte Gesellschafter im Jänner 2020 mit ihrer Zustimmung und ihrer Kontokarte, die sie ihm zuvor dafür übergeben hatte, letztlich insgesamt 15.000 EUR von ihrem Girokonto auf das Konto der OG überwiesen. Auch bezüglich dieses Betrags habe die mittlerweile Verstorbene gesagt, dass die OG und die Gesellschafter das Geld im Falle ihres Todes nicht zurückzuzahlen brauchten. In rechtlicher Hinsicht kam das Erstgericht zu dem Schluss, dass eine stille Gesellschaft zwischen der OG und der Rechtsvorgängerin des Klägers nie begründet worden sei und der Geldtransfer mit ihrem Wissen und Willen stattgefunden habe, um das Unternehmen der Gesellschafter finanziell zu unterstützten, und wies das Klagebegehren daher ab.

[3] Die zweite Instanz im Anlassverfahren gab der Berufung des Klägers nicht Folge und wies seinen Antrag auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision zurück. Bei Erledigung der Berufung nahm es an, dass der Kläger die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt habe.

[4] Der Kläger begehrte von der Beklagten aus dem Titel der Amtshaftung eine „Teilschadensforderung“ von 7.000 EUR sA. Der Gesamtschaden in Höhe von 40.755,28 EUR setze sich aus dem Kapital, dem Kostenersatz an die Prozessgegner und den eigenen Prozesskosten im Anlassverfahren zusammen. Soweit im Revisionsverfahren von Interesse brachte der Kläger vor, das Berufungsgericht im Anlassverfahren habe unvertretbar die sachliche Behandlung der Rechtsrüge mit dem formellen Argument verweigert, der Anfechtungsgrund sei nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die richtige rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts hätte zu dem eindeutigen Ergebnis geführt, dass das Zahlungsbegehren im Anlassverfahren berechtigt gewesen wäre. Eine von den dort beklagten Parteien zu beweisende Vereinbarung zwischen seiner Rechtsvorgängerin und der OG über einen Schulderlass auf den Todesfall könne schon deshalb nicht zustande gekommen sein, weil es an übereinstimmenden Willenserklärungen in Form von Anbot und Annahme gefehlt habe. Die einzige strittige Rechtsfrage im Anlassverfahren sei gewesen, ob abgesehen vom Darlehensvertrag auch noch ein rechtswirksamer Vertrag zwischen seiner Rechtsvorgängerin und der OG über einen Schulderlass auf den Todesfall geschlossen worden sei. Ein solcher Vertrag habe aber nicht vorgelegen; er wäre auch mangels Einhaltung der Formvorschriften rechtsunwirksam gewesen.

[5] Die Beklagte bestritt.

[6] Das Erstgericht wies die Amtshaftungsklage ab, weil auch bei (ausführlicherer) Behandlung der Rechtsrüge durch die zweite Instanz im Anlassverfahren kein Zuspruch erfolgt wäre.

[7] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision nachträglich zu, weil zumindest nicht auszuschließen sei, dass ihm bei der Beurteilung, ob die Rechtsrüge in der Berufung des Anlassverfahrens vertretbar behandelt worden sei, eine unvertretbare rechtliche Fehlbeurteilung unterlaufen sei.

Rechtliche Beurteilung

[8] Die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig .

[9] 1. Die Ausführungen des Klägers gehen davon aus, dass seinem Klagebegehren im Anlassverfahren stattzugeben gewesen wäre, wenn das dortige Berufungsgericht seine Rechtsrüge behandelt hätte. Diese Ansicht kann nicht geteilt werden:

[10] 1.1. Derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, hat auch die rechtsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (RS0037797 [T8, T16]). Stützt der Kläger das Klagebegehren auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, so entbindet ihn eine solche Leerformel nicht von der Verpflichtung, die rechtserzeugenden Tatsachen vorzubringen (RS0037591).

[11] Der Kläger hat im Anlassverfahren seinen Rückforderungsanspruch ausdrücklich auf eine „Privateinlage“ gestützt, die die OG nicht behalten dürfe. Weiters hat er geltend gemacht, die OG habe sich unrechtmäßig bereichert, weil der Geldtransfer nicht mit Wissen und Willen seiner Rechtsvorgängerin erfolgt wäre.

[12] 1.2. Dass schon die erste Instanz im Anlassverfahren aufgrund der dort getroffenen Feststellungen zu Recht einen auf dieses Vorbringen gestützten Rückzahlungsanspruch verneint hat, bezweifelt der Kläger nicht. Er ist offenbar der Meinung, dass seinem Klagebegehren aufgrund eines Darlehensvertrags zwischen seiner Rechtsvorgängerin und der OG stattzugeben gewesen wäre. Auf einen aus einem Darlehensvertrag resultierenden Rückforderungsanspruch hat er sein Klagebegehren im Anlassverfahren allerdings nicht gestützt. Seine Behauptung, er hätte das Anlassverfahren bei inhaltlicher Erledigung der Rechtsrüge durch die zweite Instanz gewinnen müssen, ist schon aus diesem Grund nicht nachvollziehbar.

[13] 1.3. Im Übrigen muss eine Partei, die ihre Forderung auf ein Darlehen stützt, das für die Annahme eines Darlehensvertrags wesentliche Versprechen der Rückzahlung beweisen. Misslingt der Nachweis dieser den Anspruch begründenden rechtserzeugenden Tatsache, ist das Klagebegehren abzuweisen (RS0019325 [T8]).

[14] Eine solche Rückzahlungsverpflichtung hat der Kläger im Anlassverfahren weder behauptet noch bewiesen, zumal festgestellt wurde, dass seine Rechtsvorgängerin gesagt habe, die OG und die Gesellschafter müssten das Geld im Falle ihres Todes nicht zurückzahlen. Seine Prämisse, die dort beklagten Parteien wären für das Fehlen einer Rückzahlungsverpflichtung beweispflichtig gewesen, trifft daher nicht zu. Bei dieser Sach- und Rechtslage war sein Klagebegehren im Anlassverfahren abzuweisen, ohne dass es auf seine Einwände ankam, ein Schulderlass auf den Todesfall erfordere die Einhaltung von Formvorschriften oder ein entsprechendes Anbot seiner Rechtsvorgängerin sei von der OG nicht angenommen worden. Daran hätte auch eine inhaltliche Erledigung der Rechtsrüge nichts geändert.

[15] 2. Davon ausgehend gelingt es dem Kläger nicht, mit seinen Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Ob das Berufungsgericht vertretbar angenommen hat, dass die Rechtsansicht der zweiten Instanz im Anlassverfahren, die Rechtsrüge des Klägers entferne sich von den Feststellungen, vertretbar sei, kann aus diesem Grund dahin gestellt bleiben.

[16] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0112296).

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