JudikaturOGH

2Ob204/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, die Hofräte MMag. Sloboda und Dr. Kikinger sowie die Hofrätinnen Mag. Fitz und Mag. Waldstätten als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Christoph Reitmann, LL.M., Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagten Parteien 1. B*, und 2. P*, beide vertreten durch Dr. Gerhard Kochwalter, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen je beklagter Partei 55.191,76 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 8. August 2023, GZ 3 R 82/23p 41, womit infolge Berufung sämtlicher Streitteile das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 11. April 2023, GZ 29 Cg 65/21h 34, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind jeweils zur Hälfte schuldig, der klagenden Partei die mit 3.123,01 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 520,50 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Der Nachlass nach dem 2020 verstorbenen Erblasser wurde der Erstbeklagten, seiner Tochter, und dem Zweitbeklagten, einem Bekannten, als testamentarischen Erben je zur Hälfte eingeantwortet. Der Kläger ist der pflichtteilsberechtigte Sohn des Erblassers. Der Reinnachlass beträgt 441.534,13 EUR, die Pflichtteilsquote des Klägers ein Viertel.

[2] Der Kläger begehrt die Zahlung von insgesamt 110.383,53 EUR sA als Pflichtteil.

[3] Die Beklagten wenden ein, dass der Kläger den Pflichtteil deckende Zuwendungen erhalten habe.

[4] Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren (unter Abweisung eines Teils des Zinsenbegehrens im Übrigen) zur Gänze statt.

[5] Die ordentliche Revision ließ es zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die unentgeltliche Nutzung einer Wohnung vor dem Tod des Erblassers als Schenkung unter Lebenden unter die Bestimmung des § 781 ABGB falle.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die Revision der Beklagten ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts – mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig .

[7] 1. Der gerügte Mangel des Berufungsverfahrens liegt – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[8] 2. Das Berufungsgericht hat die Hinzu- und Anrechnung im Zusammenhang mit der Überlassung von Wohnraum an den Kläger (auch) mit dem Argument verwehrt, dass es sich bei der vorliegenden prekaristisch erfolgten Wohnraumüberlassung ohne vertragliche Bindung um eine anrechnungsfreie Schenkung ohne Schmälerung des Stammvermögens handle (§ 784 1. Fall ABGB; vgl 6 Ob 620/82 [unveröff]). Da die Beklagten diese selbständig tragfähige Hilfsbegründung in der Revision unbeanstandet lassen, gelingt es ihnen nicht, in diesem Kontext eine für die Entscheidung präjudizielle erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen (vgl RS0118709).

[9] 3. Soweit die Beklagten fehlende Feststellungen zum Vorliegen eines Schenkungswillens des Erblassers im Zusammenhang mit der Tragung von Betriebskosten behaupten, blenden sie die Argumentation des Berufungsgerichts aus, wonach sich aus den (dislozierten) Feststellungen des Erstgerichts das Fehlen eines Schenkungswillens bezüglich der Betriebskosten ableiten lasse. Dass diese einzelfallbezogene Auslegung der erstgerichtlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht (vgl RS0118891) unzutreffend wäre, behaupten die Beklagten nicht.

[10] 4. Im Zusammenhang mit den vom Erblasser über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg getätigten Überweisungen von insgesamt rund 3.700 EUR ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Erblasser damit eigene Verbindlichkeiten als Mitschuldner bedient habe und die Beklagten einen Verzicht des Erblassers auf seine daraus resultierenden Regressansprüche nicht behauptet hätten. Die Beklagten setzen sich mit diesen Rechtsausführungen nicht auseinander, sondern gehen ohne nähere Erklärung von der Tilgung fremder Schulden durch den Erblasser aus. Sie vermögen daher auch in diesem Punkt das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht aufzuzeigen.

[11] 5. Insgesamt war die Revision damit zurückzuweisen.

[12] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Die Bemessungsgrundlage nach TP 3C RATG beträgt (nur) 1.575,70 EUR, sodass die höher verzeichneten Kosten entsprechend zu kürzen waren.

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