JudikaturOGH

12Os74/23h – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
23. November 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. November 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Besic in der Strafsache gegen * M* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. April 2023, GZ 127 Hv 16/21k 386, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen – auch einen rechtskräftigen Freispruch des Angeklagten enthaltenden – Urteil wurde * M* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (A.) und des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (B.) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit hier relevant – in W*

A. mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Get äuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, im Urteil genannte Personen durch Täuschung über Tatsachen vereinzelt unter Verwendung ge- oder verfälschter Urkunden zu Handlungen, die diese am Vermögen schädigten oder schädigen sollten, wobei er die schweren Betrugshandlungen (§ 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 2 StGB) gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) beging und einen insgesamt 300.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte,

I. verleitet, und zwar

2. von Juni 2019 bis 12. Februar 2020 in einer Vielzahl von Angriffen Dipl. Ing. * A* durch die wahrheitswidrige Vorgabe, er könne eine „behördliche Bewilligung der Verdopplung der für die Bebauung der im Urteil bezeichneten Liegenschaft geltenden maximalen Bruttogeschossfläche von 31.000m²“ erwirken und diese werde vom Magistrat der Stadt W* befürwortet, wobei er zur Täuschung verfälschte Urkunden, nämlich zwei von ihm verfälschte Schreiben des Magistrats der Stadt W* vom 5. Juli 2019 benützte, zur Leistung von Akontozahlungen in einer Gesamthöhe von 622.720 Euro auf eine als „besonderes Projektentgelt“ bezeichnete Prämie von 7 Mio Euro für den Fall der Erteilung der genannten Bewilligung (US 8 und 25).

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 sowie 9 lit a und b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider verletzte die Abweisung des Antrags auf Vernehmung des „Dipl. Ing. S*“ als Zeugen zum Beweis dafür, dass (offenkundig gemeint) die inkriminierten Zahlungen des A* das Entgelt für den Verkauf der Option des Angeklagten auf Erwerb der in Rede stehenden Liegenschaft darstellten (ON 385 S 20), keine Verteidigungsrechte (ON 385 S 20 f). Denn der Antrag legte nicht schlüssig dar, weshalb die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erbringen werde, war Dipl. Ing. S* – den Angaben des Angeklagten zufolge – doch „technischer Berater und Kalkulant für Bebauungsberechnungen“ (ON 385 S 19), sodass Anhaltspunkte für eine Involvierung des Genannten in die Gespräche des Angeklagten mit A* über die inkriminierten Zahlungen nicht offensichtlich waren (siehe aber § 55 Abs 1 letzter Satz StPO; vgl RIS Justiz RS0118123, RS0118444 [insb T1 und T17], RS0099453).

[5] Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS Justiz RS0099618).

[6] Dass das vereinbarte „besondere Projektentgelt“ eine Prämie für den Fall bestimmter behördlicher Änderungen der Bebaubarkeit der Liegenschaft darstellte und die inkriminierten Zahlungen des A* Akonten auf diese Prämie waren, hat das Erstgericht – der Undeutlichkeit reklamierenden Mängelrüge (Z 5 erster Fall) zuwider – unzweifelhaft festgestellt (US 8 ff, 12 und 25).

[7] Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), der Angeklagte habe lediglich den für den Verkauf der Option vereinbarten Preis gefordert und die Zahlungen des A* stellten Kaufpreiszahlungen dar, nimmt nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe, wonach der Angeklagte unter wahrheitswidriger Vorgabe fortbestehender Möglichkeit zur behördlichen Änderung der Bebaubarkeit der Liegenschaft Akontozahlungen auf die als „besonderes Projektentgelt“ bezeichnete Prämie für diesen Fall gefordert und A* sie daraufhin tatsächlich geleistet hat (US 8 ff, 12 und 25; vgl aber RIS Justiz RS0099810), wobei letzteres allein für die Abgrenzung von Versuch und Vollendung von Bedeutung ist (vgl RIS Justiz RS0122137).

[8] Welcher Rechtsfehler mangels Feststellungen dem Erstgericht unterlaufen sei, legt die Rüge (nominell Z 9 lit b) mit dem Hinweis auf die von A* getätigten Akontozahlungen über den Tatzeitraum hinaus trotz Kenntnis der wahren Sachlage (US 12, 23 f und 30) nicht nachvollziehbar dar (vgl aber RIS Justiz RS0099620). Soweit sie aus diesem Nachtatverhalten eigene Schlussfolgerungen zieht, bekämpft sie bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung hinsichtlich der Feststellungen zu den Täuschungshandlungen des Angeklagten und zu den deshalb von A* getätigten Teilvorauszahlungen der Prämie (US 8 ff, 12 und 25) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise