JudikaturOGH

11Os108/23a – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
14. November 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. November 2023 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gindl als Schriftführerin in der Strafsache gegen * P* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 5. Juni 2023, GZ 38 Hv 36/23s 32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil, dessen Ausfertigung auch einen Beschluss gemäß § 50 Abs 1 StGB enthält (vgl aber RIS-Justiz RS0126528), wurde * P* – soweit hier von Belang – des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, wovon zwei Jahre unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden (§ 43a Abs 4 iVm § 43 Abs 1 StGB).

[2] Danach hat er am 16. oder am 23. September 2022 in A* * F* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie zunächst an den Handgelenken packte, sie auf sein Bett warf und sich auf sie legte, sodass sie nicht mehr aufstehen konnte, sodann ihre Beine spreizte, sie an den Handgelenken festhielt und entgegen ihrem ausdrücklichen Willen den vaginalen Beischlaf an ihr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dag egen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

[4] Der – die Gewährung bedingter Nachsicht hinsichtlich eines Teils der Strafe kritisierenden – Sanktionsrüge (nominell Z 11 zweiter Fall) ist vorweg zu erwidern, dass sich der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO nur auf die Strafzumessung im engeren Sinn (§§ 30 bis 41 StGB) bezieht. Hat das Erstgericht hingegen bei der Strafzumessung im weiteren Sinn (§§ 43 bis 56 StGB) Erwägungen angestellt, die mit dem Gesetz schlechthin unvereinbar (vgl dazu RIS-Justiz RS0099985 [T1, T4, T5]) sind, so ermöglicht § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO deren Aufgreifen ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 678 mwN; Fabrizy/Kirchbacher , StPO 14 § 281 Rz 106, 112). Bezugspunkt ist dabei nicht die Unvertretbarkeit der Unrechtsfolge; vielmehr kommt es darauf an, dass die zur Begründung herangezogenen Kriterien den Strafbemessungsvorschriften unvertretbar widersprechen (vgl RIS-Justiz RS0099892, RS0100024; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 676 f).

[5] Indem die Rüge vom Erstgericht (ebenso; vgl US 11 f) ins Kalkül gezogene Umstände – nämlich das Vorliegen zweier einschlägiger Vorstrafen des Angeklagten – in Bezug auf die gemäß § 43a Abs 4 StGB anzustellende Prognose bloß anders bewertet und davon ausgehend die Prognose des Erstgerichts als denkunmöglich und rechtsfehlerhaft bezeichnet, zeigt sie – auch der Sache nach – gerade keine bereits dem Grunde nach mit dem Gesetz unvereinbaren Erwägungen auf. Vielmehr wird mit den Einwänden gegen die erstgerichtliche Annahme, schon durch den bloß teilweisen sofortigen Vollzug der verhängten Strafe werde der Spezialprävention genüge getan, nur ein Berufungsvorbringen erstattet (RIS-Justiz RS0099865 , RS0091489 ; vgl auch Ratz , WK-StPO § 281 Rz 728).

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 290 Abs 1 letzter Satz StPO; Ratz , WK StPO § 281 Rz 679 und § 290 Rz 28 f ) der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO).

Rückverweise