3Ob185/23m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Familienrechtssache des Minderjährigen C*, geboren *2014, wohnhaft bei der Mutter M*, vertreten durch das Land Niederösterreich * als Kinder und Jugendhilfeträger, Vater D*, vertreten durch Dr. Günter Wappel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, über die außerordentlichen Revisionsrekurse des Vaters gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht (1.) vom 24. Juni 2022, GZ 20 R 22/22t 129, und (2.) vom 25. Juli 2022, GZ 20 R 23/22i 130, mit dem der Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Mattersburg vom 25. November 2021, GZ 4 Pu 155/17s 108, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 24. Juni 2022, GZ 20 R 22/22t 129, wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
2. Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 25. Juli 2022, GZ 20 R 23/22i 130, wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Zwischen den Eltern des Minderjährigen ist ein Obsorge und Kontaktrechtsverfahren anhängig. Seit Ende Februar 2015 sind die Eltern getrennt; der Minderjährige lebt seither im Haushalt seiner Mutter.
[2] Im Unterhaltsverfahren beantragte die Mutter bereits im Jahr 2017, den vom Vater zu leistenden Unterhalt ab 1. Juni 2017 auf monatlich 524 EUR zu erhöhen (doppelter Regelbedarf).
[3] Mit Beschluss vom 25. November 2021 wies das Erstgericht den Antrag des Vaters, (a) ihn aufgrund der Betreuungsvereinbarung von weiteren Unterhaltszahlungen zu entheben, (b) die Mutter zu näher genannten Zahlungen zu verpflichten, (c) den Antrag der Mutter auf Unterhaltserhöhung als unbegründet zurückzuweisen, (d) in eventu den Unterhalt für den Minderjährigen auf monatlich 155 EUR herabzusetzen, ab bzw zurück (Punkt 1) und erhöhte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. September 2020 auf monatlich 524 EUR (Punkt 2). Das Mehrbegehren (Unterhaltserhöhung für 1. Juni 2017 bis 31. August 2020) wies es ab (ON 107).
[4] Den dagegen vom Vater erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht mit Beschluss vom 24. Juni 2022, AZ 20 R 22/22t, zurück (ON 129).
[5] Der Vater habe neuerlich an seiner bereits seit Jahren geübten Vorgangsweise der Einbringung seines Rechtsmittels am letzten Tag der Frist per Telefax festgehalten: Wieder sei der Rekurs am letzten Tag der Frist unvollständig eingebracht und erst am Folgetag und daher verspätet vollständig persönlich überreicht worden. In Anbetracht der zahlreichen gleichartig herbeigeführten Formfehler sei von einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen auszugehen und daher kein Verbesserungsversuch durchzuführen gewesen, sondern das Rechtsmittel als verspätet zurückzuweisen.
[6] Mit einem weiteren Beschluss vom 25. November 2021 bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen (ON 108).
[7] Das Rekursgericht wies den dagegen vom Vater erhobenen Rekurs mit Beschluss vom 25. Juli 2022, AZ 20 R 23/22i, zurück (ON 130).
[8] Wieder sei das Rechtsmittel per Fax um 23:52 Uhr des letzten Tages der Frist unvollständig eingebracht worden; erst einen Tag später habe der Vater das Original überreicht. Wegen der rechtsmissbräuchlichen Vorgangsweise sei das Rechtsmittel zurückzuweisen gewesen.
[9] Mit Beschluss vom 17. August 2023 hob das Erstgericht die am 13. September 2022 erteilte Rechtskraft und Vollstreckbarkeitsbestätigung für die Beschlüsse ON 128, ON 129 und ON 130 (sowie für die damit zusammenhängenden erstinstanzlichen Beschlüsse ON 107 und ON 108) gemäß § 7 Abs 3 EO auf, stellte die Rechtsmittelentscheidungen dem Vater neuerlich zu und sprach aus, dass dafür die Rechtsmittelfrist mit wirksamer Zustellung neu zu laufen beginne (ON 184).
[10] Nachträglich habe sich herausgestellt, dass die Zustellungen der genannten Beschlüsse durch Hinterlegung jeweils im August 2022 nicht rechtswirksam gewesen seien; der Vater habe sich zu dieser Zeit nicht an seiner Wohnanschrift aufgehalten.
[11] Gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 24. Juni 2022 zu AZ 20 R 22/22t (ON 129) und gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 25. Juli 2022 zu AZ 20 R 23/22i (ON 130) richtet sich jeweils ein außerordentlicher Revisionsrekurs des Vaters vom 28. September 2023 (ON 188 und ON 189) je mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen.
Zu 1.:
Rechtliche Beurteilung
[12] Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom 24. Juni 2022 zu AZ 20 R 22/22t (ON 129) zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:
[13] Der Senat hat bereits in der Entscheidung vom 20. Februar 2019 zu 3 Ob 26/19y in der den Minderjährigen betreffenden Pflegschaftssache zu den vom Vater erhobenen Rechtsmitteln ausgesprochen, dass einer Partei zwar grundsätzlich gemäß §§ 84 f ZPO die Möglichkeit einzuräumen ist, Formmängel einer Prozesshandlung innerhalb einer vom Gericht zu setzenden Frist zu beheben, dass dies aber nicht gilt, wenn die Partei ihre Eingabe im Bewusstsein ihrer Fehlerhaftigkeit eingebracht hat (vgl RS0036385 [T11]; RS0036447 [T7]). Bereits damals hat der Senat darauf hingewiesen, dass an der Kenntnis des Vaters von der Notwendigkeit der Originalunterschrift auf dem Rekurs nicht zu zweifeln und schon aus diesem Grund von der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens abzusehen gewesen sei.
[14] Die Entscheidung des Rekursgerichts, nach der auch hier wegen der neuerlichen rechtsmissbräuchlichen Vorgangsweise ein Verbesserungsverfahren nicht durchzuführen gewesen sei, ist daher nicht korrekturbedürftig.
[15] Die Ausführungen des Rechtsmittels zur Zulässigkeit von Neuerungen im Zusammenhang mit den von Amts wegen zu überprüfenden Zustellvorschriften zeigen keine erhebliche Rechtsfrage auf; inhaltlich wird ausschließlich dahin argumentiert, dass ein bloßes Formgebrechen vorgelegen und eine Verbesserung einzuräumen gewesen sei. Dies hat das Rekursgericht hier aber vertretbar verneint.
Zu 2.:
[16] Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ gegen den Beschluss vom 25. Juli 2022 zu AZ 20 R 23/22i (ON 130) ist jedenfalls unzulässig.
[17] Schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 62 Abs 2 Z 3 AußStrG ist ableitbar, dass gegen die Bestimmung der Gebühren ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist. Unter „Bestimmung der Gebühren“ fallen alle Entscheidungen, mit denen im Rahmen des Rekursverfahrens in irgendeiner Form – materiell oder formell – über Gebühren abgesprochen wird, gleichgültig, ob es sich um ihre Bemessung oder darum handelt, ob und von welcher Partei die bestimmten Gebühren zu tragen sind (vgl RS0007695; RS0044233). Der absolute Rechtsmittelausschluss erlaubt auch keine Wahrnehmung allfälliger Nichtigkeitsgründe (2 Ob 153/15m mwN).
[18] Das Rechtsmittel ist daher ohne inhaltliche Behandlung zurückzuweisen.