15Os105/23i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. November 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Maringer in der Strafsache gegen S* M* wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 17. März 2023, GZ 49 Hv 10/22m 32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde S* M* gemäß § 259 Z 3 StPO von der wider sie erhobenen Anklage freigesprochen, sie habe in K*
I./ am 17. Oktober 2021 außer den Fällen des § 201 StGB P* M* durch gefährliche Drohung mit einer Brandstiftung zur Vornahme oder Duldung des Geschlechtsverkehrs, sohin zu einer geschlechtlichen Handlung, zu nötigen versucht, indem sie ihm gegenüber in englischer Sprache sinngemäß ankündigte „Wenn du mit mir nicht Sex machst, dann werde ich das Haus anzünden“, wobei sie im Anschluss daran zur Untermauerung unter dem Wohnzimmertisch Schnellanzünder und diverse brennbare Materialien positionierte;
II./ am 10. April 2022 P* M* durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Vermögen zur Aushändigung eines Geldbetrags in Höhe von 200.000 Euro, sohin zu einer Handlung zu nötigen versucht, die diesen am Vermögen schädigen sollte, wobei sie mit dem Vorsatz handelte, durch das Verhalten des Genötigten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem sie ihm gegenüber wiederholt sinngemäß ankündigte „Give me 200.000 Euros or you will lose all. House, Ferretti (gemeint: die Yacht) and Flat“ bzw „Give me 200.000 Euro or you will lose all and I will go in monkey-house. You will not only lose your house, you will lose all“ und über seinen sinngemäßen Vorhalt, „was sie mit verlieren meine“, schließlich bekräftigt „I will show you. I couldn`t say this but i will show you“.
Rechtliche Beurteilung
[2] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Berechtigung zukommt.
[3] Der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zuwider können die Aussagen der Tatrichter, wonach
die Angeklagte ihre Äußerung „I will burn the house“ nicht ernst meinte, und jene, sie habe anschließend „etwas Papier, Holzspäne und Schnellanzünder um den hölzernen Wohnzimmertisch“ drapiert, sowie, es sei „aufgrund der Heftigkeit der Diskussionen“ der Eheleute „vermehrt zu Polizeieinsätzen“ gekommen (I./; US 3);
es am Vorfallstag neuerlich zu einem sogar handgreiflichen Streit kam (US 3), und die Würdigung des Lichtbilds ON 31.3, wonach dieses ein „entspannt lächelndes“ Gesicht der Angeklagten beim Drapieren der brennbaren Materialien zeige (I./; US 6);
S* M* zu ihrem Ehemann sagte, er werde alles verlieren, und die Annahme, sie habe damit gemeint, er werde mehr verlieren (II./; US 4),
jeweils ohne Verstoß gegen Logik und Empirie nebeneinander bestehen. Die von der Beschwerdeführerin insoweit behauptete Widersprüchlichkeit des Urteils liegt daher nicht vor (RIS-Justiz RS0119089).
[4] I n unzulässiger Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung erschöpft sich der – unter dem Aspekt einer Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall; vgl aber die mittels Klammerzitat vorgenommenen Verweise sowie die korrespondierenden Annahmen auf US 3) erhobene – Einwand, das Erstgericht habe die Verfahrensergebnisse zum „psychischen Zustandsbild der Angeklagten“ bei der Frage der Ernstlichkeit der Drohung nicht berücksichtigt.
[5] Die diesbezügliche – mit Mängelrüge nicht erfolgreich bekämpfte – Negativfeststellung (US 3) steht der von der Staatsanwaltschaft zu I./ angestrebten Subsumtion nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB entgegen, womit in diesem Umfang auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) von vornherein ins Leere geht.
[6] Soweit die Beschwerdeführerin zu II./ einen Feststellungsmangel (richtig: Rechtsfehler mangels Feststellungen; vgl RIS-Justiz RS0118580 [T8]) in Bezug auf die subjektive Tatseite der Angeklagten und den Bedeutungsgehalt deren zu diesem Anklagepunkt inkriminierten Äußerungen behauptet, geht sie prozessordnungswidrig nicht vom im Urteil festgestellten Sachverhalt in seiner Gesamtheit aus (vgl US 3 und [disloziert] US 6; RIS-Justiz RS0099810).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).