1Ob165/23f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu AZ 17 Nc 10/20d anhängigen Verfahrenshilfesache des Antragstellers W*, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 28. April 2022, GZ 5 Nc 9/22z 2, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Das mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 22. Juni 2022, 1 Ob 110/22s, unterbrochene Verfahren wird fortgesetzt.
II. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
[1] Mit dem im September 2020 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebrachten Antrag begehrte der Antragsteller die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Amtshaftungsklage gegen den Bund. Dabei bez og er sich auf ein vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz von seinem mittlerweile verstorbenen Vater gegen eine dritte Person geführtes Verfahren wegen Löschung einer Grundbuchseintragung.
[2] Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz legte den Akt dem Oberlandesgericht Graz nach § 9 Abs 4 AHG vor.
[3] Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte d as Oberlandesgericht Graz d as Landesgericht Klagenfurt als zuständig für die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag sowie zur Verhandlung und Entscheidung des sich daran allenfalls anschließenden Amtshaftungsverfahrens. Dagegen richtet sich ein Rekurs des Antragstellers.
[4] Mit Beschluss vom 22. 6. 2022 unterbrach der Oberste Gerichtshof (iSd Ausführungen des Rekurswerbers) das Rekursverfahren im Hinblick auf ein beim Bezirksgericht Steyr anhängiges Erwachsenenschutz verfahren bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts, ob für den Antragsteller rechtskräftig ein Erwachsenen v ertreter bestellt oder eine sonstige Maßnahme getroffen wurde.
[5] In der Folge stellte das Bezirksgericht Steyr das Erwachsenenschutzverfahren nach Art 5 Abs 2 HESÜ wegen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Betroffenen nach Deutschland ein.
[6] Mit Schreiben vom 13. 9. 2023 teilte das Amtsgericht Gießen dem Obersten Gerichtshof nunmehr mit, dass eine Betreuung des Antragstellers nicht eingerichtet ist.
[7] In dem fortzusetzenden Verfahren ist daher von der Prozessfähigkeit des Antragstellers auszugehen.
Rechtliche Beurteilung
[8] Der Rekurs des Antragstellers ist zulässig, aber nicht berechtigt .
[9] 1. Bekämpft wird eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz in Delegierungsfragen, die in Wahrnehmung erstgerichtlicher Funktion erging, sodass sie ungeachtet des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 ZPO bekämpfbar ist (RS0116349). Einer Anrufung des Obersten Gerichtshofs steht auch nicht der Anfechtungsausschluss des § 517 ZPO entgegen. Anwaltspflicht besteht zufolge § 72 Abs 3 ZPO nicht (RS0111570).
[10] 2. Der Antragsteller hat in seinem Rekurs die Mitglieder des Erstgerichts, die an der Fassung des bekämpften Beschlusses beteiligt waren, als befangen abgelehnt, ohne einen konkreten – personenbezogenen – Befangenheitsgrund zur Darstellung zu bringen, der sich nicht bloß auf einen vermeintlichen (in einem anderen Gerichtsverfahren angeblich eingetretenen) Verfahrensmangel stützt (RS0046090).
[11] Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine sofortige Entscheidung über ein Rechtsmittel, wenn darin ein Ablehnungsantrag gestellt wird, dann zulässig, wenn keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen geführt werden oder die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich ist (RS0042028 [T7, T24]; RS0046015). Beide Voraussetzungen liegen hier vor, weshalb eine sofortige Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof möglich ist (vgl 2 Ob 155/18k).
[12] 3. Inhaltlich macht der Antragsteller geltend, er lehne das Landesgericht Klagenfurt ab, weil dort eine korrupte (namentlich genannte) Richterin tätig sei, die ihm einen Beschluss unterschlagen und in weiterer Folge Betrug und Täuschung betrieben habe. Er will offenbar eine Delegierung der Verfahrenshilfesache in den Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck erreichen.
[13] Mit diesen Ausführungen zeigt er aber keinen Rechtsfehler im angefochtenen Beschluss auf:
[14] § 9 Abs 4 AHG regelt einen Fall notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung (RS0050131). Die Bestimmung soll gewährleisten, dass auch nur der Anschein der Befangenheit von Richtern nicht entstehen kann, wenn der Anspruch unter anderem aus einem kollegialen Beschluss eines Gerichtshofs abgeleitet wird, der nach § 9 Abs 1 AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wäre (RS0056449).
[15] Der Rekurswerber hat in seinem Verfahrenshilfeantrag nicht zu erkennen gegeben, Amtshaftungsansprüche (auch) aus Entscheidungen des Landesgerichts Klagenfurt abzuleiten. Die behauptete Befangenheit einer dort tätigen Richterin allein schließt das Gericht nicht nach § 9 Abs 4 AHG von der Entscheidung über Amtshaftungsansprüche aus.