3Ob171/23b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*, vertreten durch Kasseroler Partner Rechtsanwälte KG in Innsbruck, gegen die verpflichtete Partei Ing. M*, vertreten durch Dr. Hanspeter Feix, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 2.412,36 EUR sA, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 21. August 2023, GZ 8 Nc 10/23z 2, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
[1] In einem gegen ihn geführten Exekutionsverfahren lehnte der Verpflichtete aus Anlass einer Rekursentscheidung des Landesgerichts Innsbruck zwei Mitglieder des Rekurssenats wegen behaupteter Befangenheit ab. Diese Ablehnung wurde mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 9. Mai 2023 zurückgewiesen.
[2] Dem dagegen erhobenen Rekurs gab der Senat 5 des Oberlandesgerichts Innsbruck mit Beschluss vom 10. Juli 2023 nicht Folge und sprach aus, dass ein Rechtsmittel gemäß § 24 Abs 2 JN nicht zulässig sei.
[3] Der Verpflichtete lehnte daraufhin mit Schriftsatz vom 9. August 2023 ein Mitglied des Senats 5 des Oberlandesgerichts Innsbruck wegen behaupteter Befangenheit ab.
[4] Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies der Senat 8 des Oberlandesgerichts Innsbruck diese Ablehnung zurück. Nach ständiger Rechtsprechung könne nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptverfahrens eine auf Befangenheitsgründe gestützte Ablehnung nicht mehr wahrgenommen werden. Da die Entscheidung des Senats 5 des Oberlandesgerichts Innsbruck gemäß § 24 Abs 2 JN unanfechtbar sei, sei die weitere Ablehnung schon aus diesem Grund zurückzuweisen. Darüber hinaus sei die Ablehnung auch inhaltlich nicht berechtigt, weil es dem Verpflichteten nicht gelinge, Anhaltspunkte für eine Befangenheit des abgelehnten Richters darzulegen.
[5] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Verpflichteten, in dem er gleichzeitig auch zwei Mitglieder des Senats 8 des Oberlandesgerichts Innsbruck (sowie die Mitglieder des zweiten Senats des Obersten Gerichtshofs) wegen angeblicher Befangenheit und Ausgeschlossenheit ablehnt.
[6]
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt .
[7] 1. Vorweg ist festzuhalten, dass über den Rekurs trotz der neuerlichen Ablehnung bereits jetzt entschieden werden kann: Die Geltendmachung der Befangenheit ist auch noch nach der Erlassung der erstgerichtlichen Entscheidung zulässig, und zwar auch noch im Rechtsmittelschriftsatz. In einem solchen Fall ist vor Entscheidung über das Rechtsmittel grundsätzlich der ersten Instanz die Entscheidung über den Ablehnungsantrag aufzutragen, weil im Fall ihrer Stattgebung diese Instanz ihre vorangegangene Entscheidung als nichtig aufzuheben hätte (vgl RS0042028 [T9, T16, T19]). Anderes gilt jedoch, wenn die Ablehnung – wie hier – offenkundig rechtsmissbräuchlich erfolgt (vgl RS0042028 [T7, T24]), etwa im Fall einer Ablehnungskaskade (vgl 3 Ob 172/19v = RS0042028 [T27]). Dass es sich hier um eine Ablehnungskaskade handelt, führt der Ablehnungswerber in seinem Rechtsmittel selbst aus (siehe dazu auch die eine Ablehnung aus Anlass desselben Exekutionsverfahrens betreffende Entscheidung 3 Ob 62/23y). Die vom Verpflichteten nur „vorsorglich“ erklärte Ablehnung der hier gar nicht zur Entscheidung berufenen Mitglieder des zweiten Senats des Obersten Gerichtshofs ist ohnehin ohne Relevanz.
[8] 2. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Ablehnung nach Rechtskraft der Sachentscheidung ausgeschlossen (RS0046032 [T2]); jede andere Auffassung würde nämlich zu dem systemwidrigen Ergebnis führen, dass eine rechtskräftige Entscheidung im Rahmen eines nachfolgenden Ablehnungsverfahrens beseitigt werden könnte, obwohl eine derartige Durchbrechung der Rechtskraft grundsätzlich der Nichtigkeitsklage nach § 529 ZPO vorbehalten ist und selbst eine solche auf einen Ablehnungsgrund nicht gestützt werden kann (vgl RS0046032 [T3]). Die Rekursentscheidung, aus der die angebliche Befangenheit abgeleitet wird, war gemäß § 24 Abs 2 JN unanfechtbar und damit bereits mit ihrer Zustellung rechtskräftig. Das Oberlandesgericht Innsbruck hat die Ablehnung daher schon aus diesem Grund zu Recht zurückgewiesen.
[9] 3. Auch die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung muss nämlich, wenn die Ablehnungserklärung – wie hier – nicht ausreichend substanziiert ist, auch keine Äußerung des als befangen abgelehnten Richters eingeholt werden (vgl RS0045962 [T3, T12]). Daran kann auch d ie rein theoretische Möglichkeit nichts ändern, dass sich der abgelehnte Richter aus Anlass der an sich unbegründeten Ablehnung selbst für befangen erklären und der zuständige Senat dies für berechtigt erkennen könnte.
[10] 4. Der Rekurs muss daher erfolglos bleiben.
[11] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO.