JudikaturOGH

11Os106/23g – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2023 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Maringer als Schriftführerin in der Strafsache gegen * H* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 29. März 2023, GZ 15 Hv 9/22b 115, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * H* jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I/), der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (II/) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (III/), jeweils mehrerer Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger „nach § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 3 zweiter Fall StGB“ (IV/; richtig: nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB [IV/A/] und nach § 207a Abs 3 zweiter Fall StGB [ IV/C/]), der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (V/), des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (VI/) und nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (IX/; vgl aber RIS Justiz RS0130142) sowie jeweils eines Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (VII/) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (VIII/) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Am 29. März 2023 meldete der durch einen Wahlverteidiger (ON 5; ON 114 S 1) vertretene Angeklagte unter anderem eine Nichtigkeitsbeschwerde an (ON 1 S 193 verso; ON 114 S 23 ).

[3] Das Urteil sowie das Hauptverhandlungsprotokoll wurden dem Wahlverteidiger mit Wirksamkeit (§ 89d Abs 2 GOG) vom 13. Juni 2023 zugestellt (RS bei ON 115 ).

[4] Am 23. Juni 2023 gab der Wahlverteidiger die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum Angeklagten bekannt (ON 120 ).

[5] Dem daraufhin vom Gericht bestellten Verfahrenshilfeverteidiger (ON 1 S 203, 205; ON 123, 124, 125) wurden das Urteil sowie das Hauptverhandlungsprotokoll mit einer Aktenkopie am 3. Juli 2023 zugestellt (Verfügung vom 30. Juni 2023 ON 1 S 204; ON 126 S 1 ).

[6] Am 25. Juli 2023 langte eine durch den Verfahrenshilfeverteidiger verfasste Ausführung unter anderem der Nichtigkeitsbeschwerde ein (ON 126).

[7] Nach Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde hat der Beschwerdeführer das Recht, binnen vier Wochen (hier) nach Zustellung einer Urteilsabschrift eine Ausführung seiner Beschwerdegründe beim Gericht zu überreichen (§ 285 Abs 1 StPO). Der Lauf dieser Frist wird weder durch die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum Wahlverteidiger (zu dessen Pflicht zur Vornahme fristwahrender Prozesshandlungen vgl § 63 Abs 2 zweiter Satz StPO und § 11 Abs 2 RAO, Soyer/Schumann , WK StPO § 63 Rz 36 f) noch durch die danach erfolgte Beigebung eines Amts- oder Verfahrenshilfeverteidigers beeinflusst (§ 63 Abs 2 erster Satz StPO; RIS Justiz RS0125686, RS0116182 [T8, T11, T12]; Soyer/Schumann , WK StPO § 63 Rz 8 f, 11 bis 14, 29 f; Murschetz , WK StPO § 84 Rz 4).

[8] Die durch Zustellung der Urteilsabschrift an den Wahlverteidiger am 13. Juni 2023 ausgelöste Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten endete daher mit Ablauf des 11. Juli 2023 (vgl § 84 Abs 1 StPO).

[9] Da der Angeklagte weder bei der Anmeldung noch innerhalb der vierwöchigen Ausführungsfrist Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet hat, war seine Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1, 285a Z 2 StPO). D araus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise