JudikaturOGH

11Os102/23v – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2023 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Maringer als Schriftführerin in der Strafsache gegen * A* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 13. Juni 2023, GZ 23 Hv 35/23d 15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* eines Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A) sowie jeweils eines Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (B) und der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1a StGB (C) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er Ende Oktober 2022 in L*,

indem er seine * 2008 geborene Tochter * W* mit einer Hand an der rechten Brust oberhalb ihres Nachthemds berührte und seine Hand für mehrere Sekunden dort bewegte,

(A) außer dem Fall des § 206 StGB an einer unmündigen und

(B) mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen

Person eine geschlechtliche Handlung vorgenommen sowie zu einem späteren Zeitpunkt

(C) eine Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt, indem er das Gesäß der Genannten oberhalb ihres Nachthemds streichelte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der in der Hauptverhandlung gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Aussagepsychologie zum Beweis dafür, „dass es aus aussagepsychologischer Sicht nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Schilderungen des möglichen Opfers auch getroffen wurden ohne eine tatsächlich erlebte Tatsachengrundlage“ (ON 14 S 7), verfiel – der Rüge zuwider – zu Recht der Ablehnung (ON 14 S 9).

[5] Dies schon deshalb, weil das Beweisthema („aus aussagepsychologischer Sicht nicht ausgeschlossen [...]“) den Tatrichtern – wie aus deren Plausibilitätserwägungen in Bezug auf die den Beschwerdeführer im Sinn des Schuldspruchs belastenden Angaben der Zeugin * W* (US 4 f) erhellt – ohnehin als erwiesen galt (§ 55 Abs 2 Z 3 StPO).

[6] Außerdem legte der Antrag nicht dar, weshalb anzunehmen sei, dass sich die Genannte zu einer entsprechenden Begutachtung bereitfinden würde (RIS-Justiz RS0118956 [insbesondere T3]).

[7] Davon abgesehen unterliegt die im Antrag angesprochene Überzeugungskraft von Personalbeweisen, also die Glaubhaftigkeit der Angaben von Zeugen und Angeklagten, der Beurteilung durch das Gericht (§ 258 Abs 2 StPO). Die Hilfestellung eines Sachverständigen ist dabei nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0120634 und RS0097733) nur ausnahmsweise geboten.

[8] Ein solcher Ausnahmefall (dazu eingehend mwN Fabrizy/Kirchbacher , StPO 14 § 126 Rz 5) wurde mit dem undifferenzierten Hinweis (ON 14 S 7) auf eine „psychiatrische Vordiagnose“, die zurückliegend zu einem stationären Krankenhausaufenthalt der * W* geführt hatte (gemeint wegen Suizidgedanken und Depressionen infolge „Mobbings“ in der Schule – ON 2.7 S 4, ON 9 S 3), im Antrag nicht dargetan. Ebenso wenig genügt dazu der Hinweis (ON 14 S 7) auf divergierende Angaben verschiedener Zeuginnen zur Frage, ob * W* „diese Aussage“ gegenüber ihrer Mutter oder gegenüber einer Freundin ihrer Mutter und ihrer Großmutter „getätigt“ habe.

[9] Die Begründung des abweislichen Zwischenerkenntnisses steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (RIS Justiz RS0121628). Den Antrag ergänzendes Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS-Justiz RS0099618).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[11] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise