JudikaturOGH

11Os49/23z – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2023 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Maringer als Schriftführerin in der Strafsache gegen * H* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, § 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Jänner 2023, GZ 29 Hv 85/22h 23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * H* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, § 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er von Februar 2017 bis Dezember 2020 in K* und anderen Orten als Geschäftsführer der I* GmbH (im Folgenden: In* GmbH; vgl US 3) in 19 Fällen mit dem Vorsatz, „sich“ (US 9: „sich selbst bzw die In* GmbH“) durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche der S* GmbH unter Vorlage inhaltlich unrichtiger Kaufverträge und unter gleichzeitiger wahrheitswidriger konkludenter Behauptung, er liefere das für den Gebrauch in der pharmazeutischen Industrie zugelassene Produkt Siliciumdioxid Syloid AL-1FP, die er durch eine Umetikettierung der Lieferpaletten weiter unterstrich, während er tatsächlich das nur für die Lebensmittelindustrie zugelassene Produkt Siliciumdioxid Syloid CP533 12036 lieferte, demnach durch Täuschung über Tatsachen zur Bezahlung der (Siliciumdioxid Syloid AL 1FP) entsprechenden Kaufpreise, demnach zu Handlungen verleitet, die die S* GmbH in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag von 1.933.262,50 Euro an ihrem Vermögen schädigten, wobei er die schweren Betrügereien (US 9: mit jeweils eine m 5.000 Euro übersteigenden Schaden) in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 (lit) a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] In der Hauptverhandlung am 7. November 2022 stellte der Angeklagte den Antrag auf Vernehmung des Vertriebsleiters * W* und des Kundenbetreuers * V*, „beide p.A. G* GmbH in W*, zum Beweis dafür, dass der Einkaufspreis für die In* GmbH bei der G* GmbH sowohl für Pharma Grade als auch für Food Grade Produkte immer ident war, nämlich EUR 7, pro Kilogramm, somit der S* GmbH kein Vermögensschaden entstanden ist“ (ON 13 S 18). Diesem Be gehren wurde vom Schöffensenat noch an diesem Tag stattgegeben (ON 13 S 19) und es wurde in der Folge versucht, die genannten Personen sowie darüber hinaus eine erst später in einem Schriftsatz (ON 17) namhaft gemachte weitere Vertreterin der G* GmbH, * N*, und allgemein einen informierten Vertreter der G* GmbH zum Thema „allfällige Qualitäts- und Preisunterschiede zwischen den Produkten Syloid CP533 12036 und Syloid AL 1FP“ für eine Hauptverhandlung am 9. Jänner 2023 zu laden (ON 14 und 16; ON 17 S 2).

[5] Nachdem sich W* und N* mit Schreiben vom 4. Jänner 2023 über ihren Arbeitgeber hatten entschuldigen lassen und Letzterer überdies mitgeteilt hatte, dass für diesen Termin (noch) kein informierter Vertreter verfügbar gemacht werden könne (ON 20), wurde in der am 9. Jänner 2023 gemäß § 276a StPO neu durchgeführten (wiederholten) Hauptverhandlung (ON 22 S 1) der im Tatzeitraum bei der G* GmbH in W* als Verkaufsleiter beschäftigt gewesene (Mag.) V* als Zeuge vernommen (ON 22 S 6). Weiters wurde den Verfahrensbeteiligten nach Erörterung der Rechtsansicht des Gerichts zur Schadensberechnung (unter Hinweis auf Leukauf/Steininger/ Flora StGB 4 § 146 Rz 41) das Entschuldigungsschreiben vom 4. Jänner 2023 zur Kenntnis gebracht (ON 22 S 13).

[6] Daraufhin erklärte die Verteidigerin, dass der „Antrag auf Einvernahme eines informierten Vertreters der G* in W* zum Beweisthema wie in der Hauptverhandlung vom 7. November 2022 aufrecht“ bleibe, „außerdem zum Beweisthema 'Erklärung der verschiedenen Produktbezeichnungen'“ (ON 22 S 14). Dieses Begehren wurde vom Schöffensenat abgewiesen (ON 22 S 14).

[7] Dagegen wendet sich die Verfahrensrüge (Z 4) mit dem Vorbringen, am 7. November 2022 sei ein Antrag auf Vernehmung „eines informierten Vertreters der G* GmbH“ gestellt worden zum Beweis dafür, „dass die Herstellerin G* selbst nicht zwischen den Produkten Syloid CP533 12036 und Syloid AL 1FP unterscheidet“.

[8] Weder umfasste der Beweisantrag vom 7. November 2022 (deutlich und bestimmt) das von der Nichtigkeitsbeschwerde reklamierte Begehren noch genügte die Erklärung in der neuen Hauptverhandlung, den Antrag vom 7. November 2022 „aufrecht“ zu halten, einer unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 4 StPO beachtlichen Antragstellung. Wird eine Hauptverhandlung – wie hier am 9. Jänner 2023 – (neu durchgeführt [ON 22 S 2], also) gemäß § 276a zweiter Satz StPO wiederholt, verlieren Anträge, die in der früheren (hier: 7. November 2022 [ON 22]) gestellt wurden, ihre Gültigkeit. Als Hauptverhandlung gilt nämlich nur diejenige, die der Urteilsfällung unmittelbar vorangeht (RIS Justiz RS0099049 [T2], RS0117403; Danek/Mann , WK StPO § 276a Rz 1; Ratz , WK StPO § 281 Rz 310). Unabdingbare Voraussetzung für die Geltendmachung von Nichtigkeit aus Z 4 ist aber, dass der Antrag (gerade) in dieser Hauptverhandlung gestellt wurde (RIS Justiz RS0099250; Ratz , WK StPO § 281 Rz 302 und 309 ff). Die Erklärung, den in einer früheren Hauptverhandlung gestellten Antrag „aufrecht“ zu halten (ON 22 S 14), erfüllt diese Voraussetzung nicht (RIS Justiz RS0099049 [T12], RS0099099 [T13], RS0098869; vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 310; vgl zum Ganzen 11 Os 12/22g).

[9] Dieser Mangel einer gehörigen Antragstellung wird auch durch das dennoch gefällte Zwischenerkenntnis (ON 22 S 14) nicht saniert (RIS Justiz RS0098869 [T7], RS0099099 [T12]).

[10] Unabhängig davon hätte sich das (von der Rüge behauptete) Antragsbegehren – seinem Inhalt nach – auf keinen für die Beurteilung eines bei der S* GmbH eingetretenen Vermögensschadens erheblichen Umstand bezogen (RIS Justiz RS0118319):

[11] Denn nach dem Urteilssachverhalt war das gelieferte, für die Verwendung in der Lebensmittelindustrie zugelassene und deshalb geringeren Standards für Sicherheit, Zuverlässigkeit, Transparenz, Lagerung und Versand unterworfene sowie weniger häufigen und strengen Prüfungen unterzogene Produkt Siliciumdioxid Syloid CP533-12036 schon deshalb für die ausschließlich im Bereich der pharmazeutischen Produktion tätige S* GmbH individuell unbrauchbar , weil sich deren weltweit bei Gesundheitsbehörden eingereichte Produktbeschreibungen (Dossiers) betreffend bestimmte für die Anwendung in der Humanmedizin hergestellte Medikamente auf den für die pharmazeutische Industrie zertifizierten Wirkstoff Siliciumdioxid Syloid AL 1FP bezogen, weshalb die S* GmbH ausschließlich diesen bei der Medikamentenherstellung zu verwenden und im Zuge ihrer Bestellungen angefordert hatte (US 4 bis 8, 13 bis 17, 20). Nach Entdeckung der Falschlieferungen durfte die S* GmbH in ihrem Lager noch vorhandenes Syloid CP533 12036 nicht mehr verarbeiten. Das gelieferte Produkt war für die S* GmbH somit (wirtschaftlich betrachtet) wertlos (US 9 f, 16 f).

[12] Die Annahme eines Schadens hängt beim Betrug davon ab, ob der Getäuschte (oder ein Dritter) ein dem hingegebenen wirtschaftlichen Wert gemäßes Äquivalent erlangt. Dabei sind die Wertverhältnisse objektiv, doch unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und ist zu berücksichtigen, welcher Wert der Gegenleistung im Gesamtzusammenhang des Vermögens des Opfers unter Berücksichtigung etwaiger Verwertungsmöglichkeiten zukommt (objektiv-individueller Maßstab). Sofern die Gegenleistung unter diesen opferbezogenen Gesichtspunkten als wertlos zu qualifizieren ist, tritt der Schaden in voller Höhe der irrtumsgemäßen Leistung des Getäuschten ein (RIS Justiz RS0094263 [T16, T17, T18], RS0119371; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 146 Rz 67, 80, 82; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari StGB 14 § 146 Rz 15 f). Maßgeblicher Zeitpunkt für den Vergleich der Vermögenslage vor und nach der Verfügung im Wege einer Gesamtsaldierung ist jener der Vornahme der Verfügung, durch welche der Schaden herbeigeführt wird oder werden soll (RIS Justiz RS0094376). Ob das Opfer den Schaden erkannt hat, ist übrigens unerheblich ( Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 146 Rz 58).

[13] Hiervon ausgehend ist für die Frage des Eintritts eines (objektiv-individuellen) Vermögensschadens bei der Pharmaproduzentin S* GmbH irrelevant, welchen Preis ihre Lieferantin In* GmbH bei der Herstellerin G* GmbH für die unterschiedlichen Produkte zu bezahlen hatte, welche faktischen Qualitäts- und Preisunterschiede zwischen den beiden Produkten bestanden und inwiefern die G* GmbH als Herstellerin zwischen den Produkten unterschied. Abgesehen davon wurde vom Erstgericht bereits auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen davon ausgegangen, dass der (für die In* GmbH agierende) Angeklagte die für den Pharma- und Lebensmittelbereich unterschiedlich spezifizierten Produkte (Pharma Grade oder Food Grade Qualität) jeweils um 7 Euro pro Kilogramm ab Werk bezogen hatte (US 11 f).

[14] Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) kritisiert eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellung, wonach der Angeklagte veranlasst hatte, dass die Paletten mit den Lieferungen von Syloid CP533 12036 außen auf der Schrumpffolie mit Etiketten mit der Aufschrift Syloid AL 1FP versehen wurden (US 7 f). Im Hinblick auf die Urteilsaussagen zur vertraglichen Zusage, Bestätigung und Verrechnung von Lieferungen des ausdrücklich bestellten Produkts Syloid AL-1FP und die schon darin gelegenen Täuschungshandlungen (US 6 f, 13, 17 ff) betrifft der relevierte Umstand jedoch erkennbar keine notwendige Bedingung für die Feststellung von entscheidenden Tatsachen, sodass der Einwand auf sich beruhen kann (RIS Justiz RS0116737).

[15] Der weiteren Beschwerdekritik (Z 5 vierter Fall) zuwider ist die Ableitung der Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz (US 9) aus dem objektiven Geschehensablauf (schriftliche Bestätigung, dass die ausdrücklich geforderte Pharmaqualität geliefert werde; ausdrückliche Vereinbarung der Lieferung von Syloid AL 1FP; Vorgabe einer neuen Kundennummer im März 2017 unter Verschweigung des Umstands, dass in Zukunft ein anderes Produkt mit einer anderen Produktbezeichnung geliefert werde; ab April 2017 Vereinbarung und Bestätigung der Bestellung von [weiterhin] Syloid AL 1FP gegenüber der S* GmbH, obwohl ab diesem Zeitpunkt beim Hersteller tatsächlich Syloid CP533 12036 bezogen und dieses in der Folge vereinbarungswidrig an die S* GmbH geliefert wurde) und dem erkennbaren Bestreben nach dem Erhalt einer ansonsten versiegenden Einnahmequelle (US 20 iVm US 6 f, 12 f und 17 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

[16] Aus welchem Grund der Umstand, dass die Herstellerfirma G* GmbH die Produkte Syloid AL 1FP und Syloid CP533 12036 auf Etiketten (Beilage I zum Protokoll über die Hauptverhandlung am 7. November 2022 und ON 7 S 21 jeweils iVm ON 22 S 15) als „Lebensmittelzusatzsstoff“ und „pharmazeutischer Hilfsstoff“ bezeichnete, der Feststellung in erörterungsbedürftiger Weise entgegenstehen sollte (Z 5 zweiter Fall), wonach (nur) Syloid AL 1FP für die Verwendung im pharmazeutischen Bereich zugelassen (zertifiziert) sei, Syloid CP533 12036 hingegen nur für die Verwendung in der Lebensmittelindustrie (US 4 ff, 14), macht die Beschwerde nicht klar. Die erkennbar auch darauf bezogene Verantwortung des Angeklagten (ON 13 S 4 f, 8 iVm ON 22 S 15), wonach beide Produkte dieselben Inhaltsstoffe aufweisen und sowohl im Lebensmittel- als auch im Pharmabereich eingesetzt werden können , wurde jedenfalls – im von § 270 Abs 2 Z 5 StPO gebotenen Umfang –  gewürdigt (US 11 ff, 20).

[17] Entscheidend ist fallkonkret im Übrigen vielmehr, dass die S* GmbH aufgrund ihrer bei den Gesundheitsbehörden eingereichten Produktbeschreibungen (Medikamentendossiers) ausschließlich den von ihr ausdrücklich bestellten, für die pharmazeutische Produktion zugelassenen Wirkstoff mit der Bezeichnung Syloid AL 1FP gebrauchen konnte (US 5 f, 7 f).

[18] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) reklamiert das Fehlen von Feststellungen zur Kausalität der Täuschungshandlungen des Angeklagten für die Verfügungen (Kaufpreiszahlungen) der S* GmbH, vernachlässigt jedoch die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS Justiz RS0099810), wonach der Angeklagte (mit entsprechendem Vorsatz) vereinbarungswidrig und im Wissen um die Bedeutung des in ihren Medikamentendossiers angeführten pharmazeutischen Wirkstoffs Syloid AL 1FP für die S* GmbH ein von dieser nicht bestelltes und für deren Verantwortliche nicht akzeptables Produkt lieferte, welches Letztere in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten (hinreichend deutlich erkennbar [vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 19]: ausschließlich täuschungsbedingt) bezahlten (US 5 f, 7 ff, 13, 16 f, 20).

[19] Weiters vermisst die Rechtsrüge Feststellungen dazu, ob ein tatsächlicher Qualitätsunterschied zwischen dem gelieferten Produkt Syloid CP533 12036 und dem bestellten Produkt Syloid AL 1FP bestand, lässt dabei aber die Konstatierungen außer Acht, wonach die ausschließlich im pharmazeutischen Bereich tätige S* GmbH (ausschließlich) das vertraglich vereinbarte und für den pharmazeutischen Bereich zugelassene (zertifizierte) Produkt Syloid AL 1FP für ihre Medikamentenproduktion gebrauchen konnte, welches in den bei Gesundheitsbehörden eingereichten Dossiers (Produktbeschreibungen) angeführt war. Inwiefern es auf Basis der damit einhergehenden individuellen Unbrauchbarkeit des gelieferten Produkts Syloid CP533 12036 für die Bestellerin (US 5 f, 14 ff, 17) auf die faktische Qualität des gelieferten Produkts ankommen sollte, erklärt die Beschwerde nicht (vgl aber RIS Justiz RS0094263 [T4, T7, T16, T17, T18], RS0094479 [T2], RS0082813, RS0119371).

[20] Schließlich lässt der Beschwerdeführer offen, weshalb für (vollendeten) Betrug ein dauernder Schaden erforderlich sein sollte (RIS Justiz RS0094383), also von der Beschwerde ins Treffen geführte, erst nach der Lieferung und Bezahlung des nicht bestellten Produkts eingetretene Entwicklungen wie der in Unkenntnis der Falschlieferungen bis zu deren Entdeckung erfolgte (gutgläubige) Verkauf von mit Syloid CP533 12036 produzierten Medikamenten oder der nach Aufdeckung der Falschlieferungen erfolgte Verkauf von solchen zu diesem Zeitpunkt bereits produzierten Medikamenten, der von den zuständigen Behörden bloß unter dem Aspekt der Gewährleistung von Versorgungssicherheit erlaubt wurde (US 9 f, 16 f), von Bedeutung für die Ermittlung des Vermögensschadens sein sollten (vgl Kirchbacher / Sadoghi in WK² § 146 Rz 57 bis 60; zur Berücksichtigung bloß unmittelbarer Schadenskompensation siehe auch Kirchbacher / Sadoghi in WK² § 146 Rz 78; RIS Justiz RS0094376).

[21] Die von der Beschwerde vermissten Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten, welcher auch die Unbrauchbarkeit des Produkts Syloid CP533 12036 für die S* GmbH umfasste (vgl dazu RIS Justiz RS0094479 [T2, T3]), finden sich auf US 8 f, 13, 20.

[22] Soweit die Rechtsrüge darüber hinaus eine Auseinandersetzung mit „den Erwartungen des Täters in Bezug auf den künftigen Geschäftsgang und die daraus resultierenden Möglichkeiten einer Erfüllung seiner Verbindlichkeiten sowie mit den Gründen für die spätere tatsächliche Entwicklung“ einfordert, wendet sie sich bloß nach Art einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter zum Schädigungsvorsatz und verfehlt damit den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS Justiz RS0099810).

[23] Unter dem Aspekt von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall; RIS Justiz RS0098646) betrachtet lässt die Beschwerde zudem nicht erkennen, welche in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweisergebnisse fallkonkret übergangen worden sein sollen. Abgesehen davon macht sie auch nicht klar, weshalb die angeführten Umstände im Fall einer vertragswidrigen Lieferung für die Frage eines Schädigungsvorsatzes beim Lieferanten von Bedeutung sein sollten.

[24] Die gegen die Qualifikation nach § 147 Abs 3 StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) bestreitet den Eintritt eines 300.000 Euro übersteigenden Vermögenss chadens, indem sie sich isoliert bloß auf jenen Betrag (264.000 Euro) bezieht, der dem Wert des nach Entdeckung der Falschlieferungen seitens der S* GmbH unverarbeitet gebliebenen Teils des von der In* GmbH an die S* GmbH gelieferten Produkts Syloid CP533 12036 entspricht (US 9 f). Damit orientiert sie sich jedoch prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit des Urteilssachverhalts (vgl aber erneut RIS Justiz RS0099810), wonach die S* GmbH im Tatzeitraum (im Glauben, dass das von ihr bestellte und ausschließlich benötigte Produkt Syloid AL 1FP geliefert wurde) insgesamt 1.933.262,50 Euro bezahlte (US 7 f). Weshalb nachträgliche, zudem nicht einmal auf Initiativen des Angeklagten (vgl § 167 StGB) zurückzuführende Entwicklungen (gutgläubiger bzw von den Behörden aus Versorgungsraison genehmigter Verkauf von mit Syloid CP533 12036 bereits produzierten Medikamenten) eine Reduktion des bei der S* GmbH eingetretenen Vermögensschadens bewirken sollten, lässt die Beschwerde auch in diesem Kontext offen (vgl aber Kirchbacher / Sadoghi in WK² § 146 Rz 57 ff, 66 f, 74, 78, 80, 82).

[25] Ebenso wenig legt sie dar, weshalb die Feststellung, wonach es dem Angeklagten bei der Tatbegehung darauf ankam, die S* GmbH in einem Ausmaß von 1.933.262,50 Euro am Vermögen zu schädigen (US 8 f), in subjektiver Hinsicht nicht für die Subsumtion nach § 147 Abs 3 StGB ausreichen sollte (§ 5 Abs 2 StGB; Fabrizy/Michel Kwapinski/Oshidari StGB 14 § 5 Rz 4; Leukauf/Steininger/ Stricker StGB 4 § 5 Rz 6).

[26] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[27] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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