JudikaturOGH

2Ob68/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. September 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.-Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am * verstorbenen D*, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der Erben 1. H*, und 2. L*, beide vertreten durch Mag. Jakob Mahringer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Februar 2023, GZ 45 R 61/23p-62, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 23. November 2022, GZ 1 A 52/20f-55, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass des Revisionsrekurses der Erben wird der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs der Erben gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 23. November 2022, GZ 1 A 52/20f-55, zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 23. 11. 2022 dem geschiedenen Ehegatten der Erblasserin (Antragsteller) die Akteneinsicht in den Verlassenschaftsakt.

[2] Das Rekursgericht gab mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss dem Rekurs der (rechtskräftig eingeantworteten) Erben nicht Folge und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig. Ein Bewertungsausspruch unterblieb zunächst. In seiner Begründung hielt es in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt fest, dass dem Antragsteller am 1. 12. 2022 Akteneinsicht gewährt worden war.

[3] Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Erben mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass das Begehren auf Akteneinsicht abgewiesen werde.

[4] Über Aufforderung des erkennenden Senats ergänzte das Rekursgericht seinen Beschluss mit Beschluss vom 21. 6. 2023 durch den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige.

[5] Aus Anlass des Revisionsrekurses der Erben ist eine Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses des Rekursgerichts aufzugreifen:

Rechtliche Beurteilung

[6] Mit der nach dem erstinstanzlichen Beschluss ausgeübten Akteneinsicht hat der Antragsteller sein darin ausgesprochenes Recht konsumiert und hat – ohne neuerliche Antragstellung und Bewilligung – als Dritter kein nochmaliges Recht auf Akteneinsicht (vgl 5 Ob 53/14a = RS0037263 [T12] = RS0079198 [T8]; 2 Ob 37/19h Punkt 10).

[7] Die Beschwer der Erben durch den erstinstanzlichen Beschluss ist daher mit der Akteneinsicht durch den Antragsteller am 1. 12. 2022 weggefallen. Das Rekursgericht hätte daher den Rekurs wegen Wegfalls der Beschwer nicht meritorisch behandeln dürfen, sondern als unzulässig zurückweisen müssen (RS0041770).

[8] Entscheidet ein Gericht zweiter Instanz über einen unzulässigen Rekurs meritorisch, so ist der Mangel der funktionellen Zuständigkeit für eine solche Erledigung vom Obersten Gerichtshof aus Anlass des gegen eine unzulässige Sachentscheidung erhobenen Revisionsrekurses als Nichtigkeit, die immer eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft, wahrzunehmen. D er unzulässige Rekurs gegen den Beschluss erster Instanz ist zurückzuweisen (RS0115201 [T4], RS0042059). Dieser allgemeine Verfahrensgrundsatz gilt auch für eine vom Obersten Gerichtshof im Außerstreitverfahren zu treffende Entscheidung (1 Ob 156/06g; 5 Ob 116/08g).

Rückverweise