15Ns73/23p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in der Strafsache gegen * G* und andere Angeklagte wegen Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung in dem zu AZ 18 U 95/23b des Bezirksgerichts Linz zwischen diesem und dem Bezirksgericht Fünfhaus geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Bezirksgericht Fünfhaus zuständig.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
[1] Mit am 2. Juni 2022 beim Bezirksgericht Fünfhaus eingebrachtem Strafantrag legte die Staatsanwaltschaft Wien (dem Erwachsenen) * G* ein als Vergehen des Raufhandels nach § 91 Abs 2a StGB qualifiziertes Verhalten zur Last (ON 3 in AZ 13 U 127/22d des Bezirksgerichts Fünfhaus).
[2] Das genannte Bezirksgericht stellte mit Beschluss vom 2. Jänner 2023, GZ 13 U 127/22d 14, das Verfahren gemäß § 203 Abs 1 StPO iVm § 199 StPO für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig ein.
[3] Dieses vorläufig eingestellte Verfahren wurde vom Bezirksgericht gemäß § 205 Abs 2 Z 3 StPO mit Beschluss vom 5. Juni 2023 nachträglich fortgesetzt (GZ 13 U 127/22d 16).
[4] Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Linz gegen G* und andere Angeklagte am 11. Mai 2023 beim Bezirksgericht Linz einen Strafantrag wegen jeweils als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB qualifizierten Verhaltens eingebracht.
[5] Am 7. Juli 2023 verfügte das Bezirksgericht Fünfhaus die Übermittlung der Akten AZ 13 U 127/22d an das Bezirksgericht Linz „zu Einbeziehung in das dg Verfahren 18 U 95/23b gemäß § 37 StPO, da bei Anklageerhebung gegen eine Person wegen mehrerer Straftaten das Hauptverfahren gemeinsam zu führen ist“ (ON 1 S 4 in den Akten des Bezirksgerichts Fünfhaus).
[6] Nunmehr legte das Bezirksgericht Linz beide Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt (§ 38 StPO) vor.
[7] Nach der – auch im Verfahren vor dem Bezirksgericht geltenden ( Oshidari , WK StPO § 37 Rz 7/1) – Bestimmung des § 37 Abs 3 StPO sind, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten oder an derselben strafbaren Handlung beteiligte Personen (§ 12 StGB) anhängig ist, die Verfahren zu verbinden. Die Zuständigkeit des Zusammenhangs wird von § 37 Abs 2 letzter Satz StPO so lange ausgeschlossen, als der Zustand der vorläufigen (diversionellen) Verfahrenseinstellung fortdauert. Sobald diese Sperrwirkung wegfällt, also die vorläufige Verfahrensbeendigung mittels Fortsetzungsbeschlusses aufgehoben wurde, bestehen keine Hindernisse mehr für eine gemeinsame Verfahrensführung (RIS Justiz RS0130629).
[8] Vorliegend erwuchs der Fortsetzungsbeschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus, GZ 13 U 127/22d 16, mit Ablauf des 28. Juni 2023 in Rechtskraft (vgl § 209 Abs 3 StPO). Gemäß § 37 Abs 3 zweiter Halbsatz StPO ist somit das Bezirksgericht Fünfhaus zur gemeinsamen Verfahrensführung zuständig, weil bei diesem die Anklage zuerst rechtswirksam geworden ist (vgl 12 Os 163/15k).