JudikaturOGH

8ObA55/23f – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. August 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D* M*, vertreten durch Dr. Paulina Andrysik-Michalska, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei F* GmbH, *, vertreten durch Dr. Michael Böhme, Rechtsanwalt in Wien, wegen Entlassungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 2023, GZ 8 Ra 50/23s 18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Die Vorinstanzen haben die (zuletzt nur mehr) auf § 105 Abs 3 Z 1 lit i iVm § 106 Abs 2 ArbVG gestützte Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger nicht schlüssig vorgebracht habe, dass seine Entlassung wegen einer Geltendmachung von Ansprüchen im Sinn der genannten Gesetzesstelle beendet wurde.

[2] Dagegen argumentiert die außerordentliche Revision zunächst, dass die vom Arbeitgeber angegebenen und festgestellten Gründe die Entlassung des Klägers nicht gerechtfertigt hätten und sie außerdem verspätet erfolgt sei.

[3] Diese Ausführungen gehen aber hier ins Leere, weil das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung ohnehin die hypothetische Annahme einer unberechtigten Entlassung zugrundegelegt hat. Nach § 106 Abs 2 ArbVG kann die Entlassung nur dann angefochten werden, wenn der Arbeitnehmer keinen Entlassungsgrund gesetzt hat. Hätte das Berufungsgericht die Entlassung als berechtigt beurteilt, hätte sich die Prüfung des Anfechtungsgrundes nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG von vornherein erübrigt.

[4] Soweit die Revision ausführt, der Kläger habe sehr wohl Ansprüche bei einem Vorarbeiter geltend gemacht, der Polnisch spreche und deswegen der übliche Ansprechpartner für seine Landsleute gewesen sei, setzt sie sich über das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot hinweg. Der bereits in erster Instanz anwaltlich vertretene Kläger vermochte dort trotz eingehender Erörterung und Aufforderung sein Vorbringen zum Anfechtungsgrund der Geltendmachung von Ansprüchen nicht zu konkretisieren, weshalb das Erstgericht dazu keine Feststellungen treffen konnte. Dieses Versäumnis kann im Revisionsverfahren nicht mehr nachgeholt werden.

[5] Darüber hinaus wäre auch eine Feststellung, dass der Kläger sich an einen Vorarbeiter mit Ansprüchen gewandt habe, für sich allein nicht relevant, sondern es bedürfte auch der konkreten Behauptung und Bescheinigung der Weiterleitung an die Vorgesetzten und schließlich der Glaubhaftmachung einer Kausalität dieser Beschwerden für den Entlassungsausspruch. Die Vorlage einer schriftlichen Erklärung kann Prozessvorbringen nicht ersetzen.

[6] Mangels gesetzmäßiger Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision ohne weitere Begründung zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

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