5Ob123/23h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerinnen 1. B* Aktiengesellschaft *, und 2. R* GmbH Co KG *, beide vertreten durch Dr. Alexander Scheitz, wegen Einverleibung eines Bestandrechts in EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt am Wörthersee als Rekursgericht vom 4. Mai 2023, AZ 3 R 79/23m, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Erstantragstellerin ist Mieterin eines Geschäfts lokals in einem Gebäude, das auf der im Alleineigentum der Zweitantragstellerin stehenden Liegenschaft errichtet ist.
[2] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist der Antrag auf Einverleibung des Bestandrechts zugunsten der Erstantragstellerin, den die Antragstellerinnen auf eine Aufsandungserklärung (samt Lageplan) stützten.
[3] Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.
[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der dagegen von der Erstantragstellerin erhobene außerordentliche Revisionsrekurs zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[6] 1.1 Das Bestandrecht kann im Grundbuch eingetragen werden (§ 9 GBG, § 1095 ABGB). Der Eintragung des Bestandrechts kommt keine allgemein dingliche Wirkung gegenüber dritten Personen zu (RIS Justiz RS0020428). Die Wirkung der Eintragung des Bestandrechts beschränkt sich im Wesentlichen auf die in § 1120 ABGB vorgesehenen Rechtswirkungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (RS0122463 [T2]; 5 Ob 167/21a) muss dessen ungeachtet das Gesuch auf Eintragung eines Bestandvertrags gemäß § 94 Abs 1 GBG nach den Erfordernissen der §§ 26 ff GBG geprüft werden und insbesondere § 32 GBG genügen.
[7] 1.2 Nach § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Das Ansuchen kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt in formaler Beziehung unbedenklich erscheint und keine Zweifel bezüglich der materiell-rechtlichen Frage aufkommen lässt (RS0060878). Nimmt eine Nachtragsurkunde, die zwar eine nach § 31 Abs 1 GBG beglaubigte und wirksame Aufsandungserklärung enthält, ausdrücklich Bezug auf die Urkunde über das Titelgeschäft, so muss auch die Urkunde über das Titelgeschäft als Grundbuchsurkunde in einer Form vorgelegt werden, die eine Eintragung zulässt (RS0124536).
[8] 2. Der Fachsenat sprach bereits mehrfach aus (5 Ob 146/15d; 5 Ob 167/21a; vgl auch 5 Ob 212/19s), dass Voraussetzung für die Verbücherung eines Bestandrechts nicht nur die Zustimmung (also die Aufsandungserklärung) des Bestandgebers und Eigentümers ist, sondern auch, dass in der (die Eintragungsgrundlage bildenden) Vertragsurkunde die wesentlichen Vertragspunkte festgelegt sein müssen, so insbesondere die Höhe des Bestandzinses und der Bestandgegenstand. Aus dem Verbot der Einverleibung von Bestandverträgen auf unbestimmte Zeit (vgl 5 Ob 212/19s mwN) folgt, dass sich aus der Vertragsurkunde auch die vereinbarte Bestanddauer oder die entsprechenden Modifikationen des ordentlichen Kündigungsrechts ergeben müssen (5 Ob 167/21a mwN).
[9] 3.1 An diesen durch höchstgerichtliche Rechtsprechung vorgegebenen Grundsätzen hat sich das Rekursgericht orientiert. Der behauptete Widerspruch zu den Entscheidungen 6 Ob 73/19g, 9 Ob 21/20h und 4 Ob 134/18m ist nicht zu erkennen. All diese – jeweils im streitigen Verfahren ergangenen – Entscheidungen erläutern, dass ein Mietvertrag als Konsensualvertrag mit der Willenseinigung darüber zustande kommt, dass ein bestimmter (oder bestimmbarer) Mietgegenstand gegen einen bestimmten (oder bestimmbaren) Mietzins auf eine bestimmte (bestimmbare) Zeit oder mit unbestimmtem Endtermin zum Gebrauch überlassen werden soll und das Entgelt nicht ziffernmäßig festgelegt sein muss (dazu etwa RS0020342; RS0020394; RS0020697 [T1, T5]).
[10] 3.2 Die Frage, ob ein Konsensualvertrag wegen ausreichender Bestimmbarkeit der jeweiligen Leistungen zustande gekommen ist, hat aber nichts mit der Beurteilung der Voraussetzungen für eine Grundbuchseintragung aufgrund eines solchen Vertrags nach de n Vorgaben des GBG zu tun. Die von der Revisionsrekurswerberin genannten, in Streitverfahren ergangenen Entscheidungen hatten sich mit den Voraussetzungen für die Eintragung eines Bestandrechts im Grundbuch nicht zu befassen, sodass eine Abweichung von dieser Judikatur nicht vorliegt.
[11] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG).